Politik

Altkanzler Schmidt attackiert Karlsruhe, Merkel und die Bundesbank

Lesezeit: 1 min
22.09.2012 19:03
Deutschland müsse weitere Opfer für die politische Union in Europa bringen. Altkanzler Helmut Schmidt kritisierte bei einer Preisverleihung all jene heftig, die Zweifel an der konkreten Entwicklung in Europa haben.
Altkanzler Schmidt attackiert Karlsruhe, Merkel und die Bundesbank

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Mit einer bemerkenswerten Botschaft zu Europa hat Altbundeskanzler Helmut Schmidt am Samstag den Preis des Westfälischen Friedens entgegengenommen. Die Wirtschaftliche Gesellschaft für Westfalen und Lippe (WWL), die alle zwei Jahre den mit 100.000 Euro höchstdotierten deutschen Friedenspreis vergibt, ehrte Schmidt als "einen der bedeutendsten Wegbereiter des friedlich geeinten Europa". Mit dem Jugendpreis wurde die Organisation "Children for a better World e.V." ausgezeichnet, die weltweit Kinderhilfsprojekte fördert. Tausende Münsteraner jubelten Schmidt zu, der sich nach der Preisverleihung auf dem Balkon vor dem Rathaus zeigte. "Denkt daran, wir Deutschen müssen noch große Opfer für Europa bringen", mahnte Schmidt die Bürger.

"Das Projekt Europa darf nicht an uns Deutschen scheitern", sagte Schmidt in seiner Dankesrede. Er forderte ein "stärkeres uneigennütziges Engagement" für die EU, wie die Wissenschaftliche Gesellschaft mitteilte. Schmidt attackierte in harten Worten die demokratischen und verfassungsgemäßen Organe Deutschlands: Bundesregierung, Bundesverfassungsgericht und Bundesbank dürften sich "nicht als Zentrum Europas gerieren". Deutschland müsse "unbedingten Willen zur Zusammenarbeit zeigen", betonte Schmidt. Es gelte, die privaten Finanzzentren zu bändigen, fortgesetzte Solidarität zu zeigen und endlich als Europa weltweit mit einer Stimme aufzutreten. "Eine einzelne Regierung kann in dieser Welt nichts mehr bewirken, auch die deutsche Regierung nicht", sagte Schmidt. "Natürlich wird das viel Geld kosten, aber wir waren auch seit 1952 der Hauptgewinner der europäischen Integration."

Schmidts Aussagen sind deswegen bemerkenswert, weil keine der von ihm attackierten Institutionen bisher den Eindruck erweckte hatte, sich als Zentrum Europas zu gerieren. Die Bundesregierung versucht leidlich, die Interessen der Deutschen zu wahren; das Bundesverfassungsgericht hatte den ESM geprüft und ihn mit Einschränkungen durchgewunken; die Bundesbank versucht in Person von Jens Weidmann, auf die drohende Inflationsgefahr hinzuweisen (mehr zu Weidmanns grundsätzlicher Position - hier). Erstaunlich sind die Aussagen Schmidts auch deshalb, weil der Altkanzler nicht darauf einging, dass es nicht nur die "privaten Finanzzentren" sind, die Europa in eine prekäre Lage gebracht haben, sondern die hemmungslose Schuldenmacherei der Regierungen.


Mehr zum Thema:  
Europa >

DWN
Finanzen
Finanzen Boom-Segment aktive ETFs: BlackRock startet fünf neue Fonds
07.09.2024

Blackrocks ETF-Tochter iShares erweitert ihr Angebot in Europa um fünf neue aktive ETFs. Ziel der Fonds ist es, Anlegern kostengünstige...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Flexible Arbeitszeiten: Sind Vollzeitjobs ein Auslaufmodell?
07.09.2024

Eine repräsentative Befragung der Bertelsmann Stiftung zeigt, dass nur noch eine Minderheit eine Stelle mit festen Arbeitszeiten...

DWN
Finanzen
Finanzen Derivate Erklärung: So funktionieren Zertifikate, CFDs und Optionsscheine
07.09.2024

Derivate wie Futures, Optionen, Zertifikate, Optionsscheine, Swaps und CFDs sind heftig umstritten. Einige sehen darin notwendige...

DWN
Technologie
Technologie Wasserstoffprojekt in Namibia könnte KZ-Gedenkstätte gefährden
07.09.2024

Deutschland unterstützt ein Großprojekt zur Herstellung von grünem Wasserstoff in Lüderitz. An diesem Ort befand sich einst das erste...

DWN
Immobilien
Immobilien Tag des offenen Denkmals: 7 ungewöhnliche Monumente in Deutschland
07.09.2024

Ob Schloss Neuschwanstein oder Siegessäule: Viele Denkmäler in Deutschland sind international bekannt. Hier werfen wir einen Blick auf...

DWN
Technologie
Technologie Stromerzeugung aus Windkraft: Die Dynamik nimmt ab
07.09.2024

Im vergangenen Jahr war Windkraft erstmals die Hauptquelle der hiesigen Stromerzeugung, weit vor Kohle. Doch in diesem Jahr ist eine...

DWN
Politik
Politik Trump-Erfolg im Schweigegeld-Prozess: Urteil erst nach US-Wahl
07.09.2024

Im New Yorker Prozess wegen Schweigegeldzahlungen von Ex-Präsident Donald Trump wird das Strafmaß erst nach der Präsidentschaftswahl...

DWN
Panorama
Panorama Studie: Ungesunde Ernährung bereits bei Kleinkindern weit verbreitet
07.09.2024

Laut einer aktuellen Studie ernähren sich bereits Kleinkinder zu süß und ungesund. Wie das Max Rubner-Institut (MRI) in Karlsruhe, ein...