Politik

Nach Verurteilung: Top-Manager Thomas Middelhoff in Untersuchungshaft

Lesezeit: 2 min
14.11.2014 12:16
Der frühere Bertelsmann- und Karstadt Chef Thomas Middelhoff ist am Freitag nach einer überraschend harten Verurteilung noch im Gerichtssaal verhaftet worden. Das Gericht folgte fast komplett der Forderung der Staatsanwaltschaft und verurteilte Middelhoff zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Das Essener Landgericht spricht den früheren Top-Manager der Untreue und der Steuerhinterziehung schuldig. Es verhängt eine Freiheitsstrafe von drei Jahren. Middelhoffs Verteidiger können noch Revision beim Bundesgerichtshof einlegen.

Nach der überraschenden Verurteilung zu drei Jahren Haft durch das Essener Landgericht ist der frühere Top-Manager am Freitag noch im Gerichtssaal verhaftet worden. Das Gericht hatte den früheren Chef des inzwischen pleitegegangenen Karstadt-Mutterkonzerns Arcandor nach sechsmonatiger Verhandlung der Untreue in 27 Fällen und der Steuerhinterziehung in drei Fällen schuldig gesprochen.

Den von Middelhoff verursachten Schaden bezifferte das Gericht auf gut 500 000 Euro. Würde das Urteil rechtskräftig, müsste der 61-Jährige ins Gefängnis. Doch können Middelhoffs Verteidiger gegen die Entscheidung noch Revision beim Bundesgerichtshof einlegen.

Mit der Urteilsverkündung erließ das Landgericht hat einen Haftbefehl gegen Middelhoff. Das Gericht sehe derzeit Fluchtgefahr bei dem 61-Jährigen, sagte der Vorsitzende Richter Jörg Schmitt. Ausschlaggebend dafür seien die Höhe der verhängten Freiheitstrafe, der Wohnsitz im Ausland und die unklare berufliche Situation des Managers.

Der Haftbefehl gegen den ehemaligen Arcandor-Chef Thomas Middelhoff ist am Freitag nicht ausgesetzt worden. Middelhoff werde aus dem Landgericht Essen in eine Justizvollzugsanstalt gebracht, sagte ein Gerichtssprecher am Freitag in Essen nach einem Haftprüfungstermin. In der kommenden Woche stehe aber ein neuer Prüfungstermin an, ob der Haftbefehl gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt werden könnte. Die könnte durch Hinterlegung einer Kaution, der Abgabe des Reisepasses oder regelmäßiger Meldung bei der Polizei geschehen.

Mit dem überraschend harten Urteil blieb das Gericht nur leicht unter der Forderung der Staatsanwaltschaft. Sie hatte für den Manager eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten gefordert. Middelhoffs Verteidiger hatten dagegen einen Freispruch verlangt. Noch in seinem Schlusswort hatte der Manager alle Vorwürfe zurückgewiesen und beteuert: «Ich kann mir kein Fehlverhalten vorwerfen.»

Der Vorsitzende Richter sagte in der Urteilsbegründung, die sechsmonatige Verhandlung habe die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft zu großen Teilen bestätigt. Nach Auffassung des Gerichts stellte der Manager in 26 Fällen ganz oder überwiegend privat veranlasste Flüge mit Charterjets und Hubschraubern zu Unrecht dem Arcandor-Konzern in Rechnung. Auch eine Festschrift für den Middelhoff-Mentor Mark Wössner sei fälschlich vom Unternehmen bezahlt worden.

Der Richter räumte ein, ohne die Arcandor-Insolvenz hätte es das Verfahren wohl nicht gegeben. Denn letztlich sei erst durch «Erbsenzählerei des Insolvenzverwalters» der Prozess ins Rollen gekommen. Doch gehe es nicht um die Insolvenz, sondern um den Umgang Middelhoffs etwa mit den Reisekosten-Regelungen des Unternehmens.

Gleichzeitig kritisierte Schmitt, der Angeklagte sei an entscheidenden Stellen im Verfahren nicht ehrlich gewesen. Zum Teil habe er dem Gericht «abenteuerliche Erklärungen» gegeben.

Middelhoff selbst hatte die Vorwürfe im Prozess immer wieder vehement zurückgewiesen. In seinem Schlusswort betonte er, er sei zum einstigen Karstadt-Mutterkonzern gekommen, «um das Unternehmen zu retten, um Arbeitsplätze zu retten». Das insgesamt fünfjährige Verfahren sei für ihn ein Alptraum. «Ich fühle mich in meiner Würde und Ehre verletzt.»


Mehr zum Thema:  

 

DWN
Politik
Politik SPD-Kanzlerkandidat steht fest: Pistorius zieht zurück und ebnet Weg für Scholz
21.11.2024

Nach intensiven Diskussionen innerhalb der SPD hat Verteidigungsminister Boris Pistorius Olaf Scholz den Weg für die erneute...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Prognose: Kryptowährung mit Rekordhoch kurz vor 100.000 Dollar - wie geht's weiter?
21.11.2024

Neues Bitcoin-Rekordhoch am Mittwoch - und am Donnerstag hat die wichtigste Kryptowährung direkt nachgelegt. Seit dem Sieg von Donald...

DWN
Panorama
Panorama Merkel-Buch „Freiheit“: Wie die Ex-Kanzlerin ihre politischen Memoiren schönschreibt
21.11.2024

Biden geht, Trump kommt! Wer auf Scholz folgt, ist zwar noch unklar. Dafür steht das Polit-Comeback des Jahres auf der Tagesordnung: Ab...

DWN
Politik
Politik Solidaritätszuschlag: Kippt das Bundesverfassungsgericht die „Reichensteuer“? Unternehmen könnten Milliarden sparen!
21.11.2024

Den umstrittenen Solidaritätszuschlag müssen seit 2021 immer noch Besserverdiener und Unternehmen zahlen. Ob das verfassungswidrig ist,...

DWN
Finanzen
Finanzen Bundesbank: Konjunkturflaute, Handelskonflikte, leere Büroimmobilien - Banken stehen vor akuten Herausforderungen
21.11.2024

Eigentlich stehen Deutschlands Finanzinstitute in Summe noch ganz gut da – so das Fazit der Bundesbank. Doch der Blick nach vorn ist...

DWN
Finanzen
Finanzen Von Dividenden leben? So erzielen Sie ein passives Einkommen an der Börse
21.11.2024

Dividenden-ETFs schütten jedes Jahr drei bis vier Prozent der angelegten Summe aus. Wäre das auch was für Ihre Anlagestrategie?...

DWN
Politik
Politik Weltstrafgericht erlässt auch Haftbefehle gegen Netanjahu und Galant - wegen Kriegsverbrechen im Gaza-Streifen
21.11.2024

Der Internationale Strafgerichtshof hat Haftbefehle gegen Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, den früheren...

DWN
Politik
Politik US-Staatsapparat: Tech-Milliardär Elon Musk setzt auf Technologie statt Personal - Unterstützung bekommt er von Trump
21.11.2024

Elon Musk soll dem künftigen US-Präsidenten Trump dabei helfen, Behördenausgaben zu kürzen und Bürokratie abzubauen. Er gibt einen...