Wer wie viel im Monat spart, hängt nicht vom verfügbaren Einkommen oder dem Bildungsniveau ab. Vielmehr beeinflusst das soziale Milieu unser Sparverhalten. Das ergab eine Studie der von Union Investment beauftragten Untersuchung „Sparverhalten der deutschen Haushalte – eine neue Sicht“.
„Wir zeigen, dass die Wertvorstellungen und das Lebensbild der Menschen, also das soziale Milieu, in dem sie leben, einen ganz erheblichen Einfluss auf ihr Sparverhalten haben“, so Studienleiter Bert Rürup.
Ausgangspunkt der Studie war die Frage, warum sich das Geldvermögen der Deutschen im Vergleich zu dem anderer großer Volkswirtschaften wie den USA und Frankreich nur unterdurchschnittlich entwickelt. Und das, obwohl Einkommen und Sparquote im internationalen Vergleich hoch sind.
Die Verunsicherung ist besonders im Mittelstand hoch:
„Die Alterung und Schrumpfung der Bevölkerung sowie die anhaltende Niedrigzinspolitik der EZB schüren drei Sorgen: zum Ersten, dass es sich nicht gelohnt habe und sich nicht mehr lohne, zu sparen, zum Zweiten, dass man den in der Erwerbsphase gewohnten Lebensstandard im Alter nicht halten können werde und zum Dritten, dass es die nachwachsende Generation schlechter haben werde als die der derzeit Berufstätigen. Von einem „Schrumpfen der Mitte“ ist die Rede und Abstiegsängste greifen um sich“, heißt es in der Studie.
Für die Studie wurden erstmals die verschiedenen Milieus der deutschen Mittelschicht analysiert, die maßgeblich die gesamtwirtschaftliche Vermögensbildung der Deutschen prägen.
Die Studie kommt zu dem Schluss, dass das klassische Sparbuch ausgedient hat: „Wir müssen uns von der Vorstellung des typischen Sparers und seines tradierten Sparverhaltens lösen“, so Rürup. Im Niedrigzinsumfeld sparen viele Anleger auf Sicht. Langfristige Ziele geraten dabei in den Hintergrund. „Die Studie zeigt, dass die Menschen unverändert Wünsche haben, die sie sich nur erfüllen können, wenn sie dafür sparen“,
Die Studie konzentriert sich auf die Analyse der Mittelschicht. Zu ihr zählen alle privaten Haushalte in Deutschland mit einem verfügbaren Nettoeinkommen zwischen 70 und 150 Prozent des mittleren Einkommens. Das sind rund 60 Prozent aller Haushalte. Die ausgewählten fünf Milieus bilden die Mittelschicht am besten ab.
Traditionelle: Die Haushalte des traditionellen und gleichzeitig ältesten Milieus sind wirtschaftlich recht gut versorgt. Erreichtes soll bewahrt werden. Sie bevorzugen häufiger als der Durchschnitt der Gesamtbevölkerung sichere und liquide Geldanlagen wie Sparbücher, -konten und -briefe sowie festverzinsliche Wertpapiere.
Bürgerliche: Die bürgerliche Mitte kennzeichnet ein sehr stetiges und regelmäßiges Sparverhalten. Fast alle Sparformen sind verbreitet. Es werden überdurchschnittlich viele Kapitallebensversicherungen fällig und Bausparverträge frei. Damit stellt sich das Problem der Wiederanlage – bevorzugt in sichere Anlagen.
Sozialökologische: Ähnliches gilt für die Haushalte des sozialökologischen Milieus, das durch besonders viele Akademiker und Beamte geprägt ist. Hier ist breit vorgesorgt und der Immobilienbesitz überdurchschnittlich hoch. Auffällig ist der relativ hohe Anteil an Fondsbesitz.
Adaptiv-pragmatische: Die Haushalte des adaptiv-pragmatischen Milieus und der Hedonisten sind die jungen Milieus der Mittelschicht. Die Adaptiv-pragmatischen wollen ihre Kapitalanlagen optimiert wissen. Flexibilität ist Trumpf. Sie sind offen für Beratung und streben den Besitz von Immobilien an, die sie als Altersvorsorge sehen. Hinzu kommt ein überdurchschnittliches Interesse an Investmentfonds.
Hedonisten: Für die mehr spaßorientierten Hedonisten steht Wohlstandssicherung noch nicht im Fokus; Bildungssparen schon eher. Das Anlageverhalten ist wenig zielorientiert. Sie haben eine risikofreudigere Anlageneigung und interessieren sich für Börsendaten. Gemeinsam mit den Adaptiv-pragmatischen sind sie die potenziellen Aktiensparer von morgen.
„Die Studie zeigt, dass in vielen Haushalten Anspruch und Wirklichkeit bei der Vermögensbildung auseinanderklaffen“, erläutert Rürup. „So interessieren sich gerade jüngere Haushalte stärker für Wertpapiere wie Aktien als die konservativen, in einem traditionellen Milieu verhafteten Haushalte. Aber trotzdem investieren die Jüngeren nicht mehr.“
Für klassische Sparformen wird es daher immer schwerer, die veränderten Erwartungen zu erfüllen.