Finanzen

Athen bezahlt keine Rechnungen mehr: 6,3 Milliarden Euro Schulden bei Firmen

Der griechische Staat weigert sich, seine Schulden bei der Privatwirtschaft und Privatpersonen zu begleichen. Nun werden die Unternehmen auf die nächste Troika-Tranche vertröstet. Viele laufen Gefahr, davor in die Pleite zu schlittern.
19.04.2012 12:04
Lesezeit: 1 min

Aktuell:

Frankreich droht nächstes Downgrade

IWF fürchtet Staatspleiten, fordert Eurobonds

Es war eine Auflage der Troika und ein Versprechen an die Privatwirtschaft und die Privatleute, dass der Staat mit der ersten Tranche des zweiten Rettungspakets seine Schulden begleicht. Doch der Anleihentausch in Verbindung mit dem Schuldenschnitt hat alle guten Absichten verschwinden lassen. Nichts wurde zur Rückzahlung der staatlichen Schulden genutzt. Nun wurde die Rückzahlung auf die die nächste Tranche gegen Ende des Sommers vorschoben. Statt dessen haben sich die Parteien Extrazahlungen zur Finanzierung des Wahlkampfs genehmigt (mehr hier).

Die Schulden des griechischen Staates gegenüber der Privatwirtschaft und Privatleuten beliefen sich im Februar 2012 auf 6,3 Milliarden Euro. Im Januar waren es noch 5,93 Milliarden Euro. Schuldner sind beispielsweise Krankenhäuser, Ministerien, öffentliche Träger, lokale Regierungen aber auch Sozialversicherungsträger. Sowohl ausländische Unternehmen als auch griechische Unternehmen und Privatleute müssen also weiterhin auf ihr Geld warten. Dies verschlimmert die Situation der griechischen Wirtschaft, die bereits von den Sparmaßnahmen getroffen ist, dramatisch.

Allein Herstellerfirmen aus dem In- und Ausland warten auf 1,5 Milliarden Euro vom Fiskus und Exportunternehmen haben noch immer keine Mehrwertsteuer-Erstattung für das vergangene Jahr erhalten – auch hier beläuft sich dies auf rund 1,5 Milliarden Euro. Ähnliches spielt sich im Bereich der Konstruktionsfirmen ab, wo diese nicht getilgten Schulden wie in anderen Branchen immer häufiger zu Insolvenzen und Stilllegungen von wichtigen Infrastrukturprojekten führen. Jeder vierte Arbeiter im griechischen Produktionsbereich ist arbeitslos – zwischen 2008 und 2010 verloren rund 80.000 Beschäftigte ihre Anstellung. Banken und Pharmaunternehmen sind ebenfalls betroffen.

Gerade die Verbindlichkeiten, die sich aus der Rückerstattung der Mehrwertsteuer ergeben haben, werden schnellstmöglich zurückgezahlt, versprach das Finanzministerium kürzlich. Bei Beträgen von bis zu 30.000 Euro sollen sie ohne Überprüfung von statten gehen, bei Rückzahlungen zwischen 30.000 und 100.000 Euro soll es Stichproben geben. Liegen die zu erstattenden Beträge sogar über 100.000 Euro müsse eine ausführliche Überprüfung unternommen werden. Doch an eine wirklich zügige Abwicklung dieses Sachverhalts glaubt die Privatwirtschaft nicht mehr.

Gleichzeitig will der griechische Staat jedoch bei der Steuerzahlung der Unternehmen und Bürger in Griechenland härter durchgreifen. In den letzten Monaten ging der griechische Staat intensiver gegen Steuerzahler vor, auch wenn das System der Steuerprüfer alles andere als effektiv ist: Von den wünschenswerten 1,2 Milliarden Euro wurden lediglich 945,8 Millionen Euro eingetrieben. Abgesehen von abgebrühten Steuersündern gibt es aber viele Unternehmen und Privatleute, die ihre Steuern tatsächlich einfach nicht zahlen können, weil der Staat ihnen noch nicht das Geld gezahlt hat, was er ihnen schuldet. Diese sind doppelt gestraft.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Tesla-Aktie stürzt ab: Miese Tesla-Auslieferungen belasten - was das für den Tesla-Kurs bedeutet
02.04.2025

Die weltweiten Auslieferungen des US-Autobauers Tesla sind im vergangenen Quartal um 13 Prozent auf 336.681 Fahrzeuge zurückgegangen....

DWN
Panorama
Panorama Polizei: Kriminalstatistik 2024 mit dramatischen Zahlen - immer mehr Gewalt- und Sexualdelikte
02.04.2025

Die Kriminalstatistik der Polizei offenbart ein besorgniserregendes Bild: Die Zahl der erfassten Gewalttaten ist 2024 um 1,5 Prozent...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Trump-Zölle könnten Preiskarussell, Zinserhöhungen und Insolvenzen anheizen - die EU bereitet sich vor
02.04.2025

Die Regierungen weltweit bereiten sich auf die massive Einführung von Zöllen durch US-Präsident Donald Trump vor, die, so sein Plan, am...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Mercedes-Benz erwägt Ausstieg aus dem Billigsegment in den USA aufgrund von Trump-Zöllen
02.04.2025

Die Mercedes-Benz Group prüft derzeit, ob sie ihre günstigsten Fahrzeugmodelle in den USA aus dem Sortiment nimmt. Hintergrund sind die...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Volatile Märkte vor Trumps Zollerklärung
02.04.2025

Die US-Börsen dürften überwiegend mit Verlusten in den Mittwochshandel starten, vorbörslich stecken die Technologieindizes an der...

DWN
Unternehmen
Unternehmen DWS-Aktie unter Druck: Deutsche-Bank-Tochter muss Millionenstrafe wegen Greenwashing zahlen
02.04.2025

Die DWS, eine Tochtergesellschaft der Deutschen Bank, wurde in Deutschland zu einer Millionenstrafe wegen "Greenwashing"-Vorwürfen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Kurzarbeit auf Rekordhoch: Kritik an Verlängerung des Kurzarbeitergeldes wächst
02.04.2025

Die Wirtschaft steckt fest in einer Strukturkrise: seit 5 Jahren kein Wachstum. Die Folge: Immer mehr Unternehmen bauen Stellen ganz ab...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Wirtschaft: Verbände fordern dringenden Kurswechsel der Koalition
02.04.2025

Bitte kein "Weiter-so"! Mit Unmut blicken deutsche Wirtschafts- und Industrieverbände auf das, was die noch namenlose Koalition aus Union...