Politik

Protest-Partei Podemos: Spanien darf nicht so enden wie Griechenland

Lesezeit: 3 min
06.01.2015 23:19
Die spanische Protestpartei Podemos misst der aktuellen Entwicklung in Griechenland eine große Bedeutung für die Zukunft Spaniens bei. Der Podemos-Parteisekretär sieht bei den Wahlen in Griechenland auch die Demokratie auf dem Spiel. Die Äußerungen der Bundesregierung über einen Euro-Austritt Griechenland wird von griechischer und von spanischer Seite gleichermaßen als Drohung zum Rauswurf aufgefasst und heftig kritisiert.
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Die spanische Protestpartei Podemos misst der aktuellen Entwicklung in Griechenland eine große Bedeutung für die Zukunft Spaniens bei. Der Podemos-Parteisekretär Juan Carlos Monedero sagte im Interview der spanischen Zeitung El Diario, dass bei den Wahlen in Griechenland auch  Spanien und die Demokratie auf dem Spiel stehe:

Wir riskieren einen Spiegel dessen zu sehen, was uns erwartet, wenn wir die Verantwortlichen der Austeritäts-Politik nicht rauswerfen. Die Politik der Regierungspartei PP sind genau jene Maßnahmen, die Griechenland ein Viertel ihres BIP gekostet haben, seine Arbeitslosenquote über 25 Prozent steigen ließen und die Selbstmordrate in die Höhe trieb. Spanien hat hier einen Spiegel für das was uns passieren kann, wenn wir nicht reagieren.“, so Monedero.

In Griechenland wird am 25. Januar gewählt, im Spanien Ende 2015. In beiden Ländern haben linke Protestparteien gute Aussichten auf einen Wahlsieg. Eine Neuverhandlung der Schulden wird für diesen Fall von der griechischen Syriza ebenso wie von der spanischen Podemos gefordert. Während die Griechen dabei explizit einen Schuldenschnitt von über 50 Prozent fordern, antwortet der Podemos-Sekretär bei der Frage, ob seine Partei ebenfalls einen Schuldenschnitt meint, eher ausweichend.

„Der Vergleich hat seine Grenzen und könnte zu falschen Schlüssen führen. Man kann eine Volkswirtschaft, die 2 Prozent der EU ausmacht nicht mit einer vergleichen, die 12 Prozent ausmacht. Diese Vereinfachung wäre zu ungenau... Griechenland hat viel weniger Mittel zur Verfügung als Spanien. Den Griechen bleibt nichts anderes übrig als ein Schuldenschnitt. Wir hingegen könnten anders verhandeln. Wir haben die Kraft, zuvor andere Schritte zu versuchen“, zitiert El País Monedero.

Auf die Frage nach den Parallelen zwischen der griechischen und spanischen Situation antwortet Podemos-Sekretär Monedero, dass die Absicht des Finanzsektors und der Regime-Parteien die gleiche sei. „Sie hätten keinerlei Problem damit, Spanien auf die gleichen Arbeitslosenzahlen, den gleichen Abbau der Staatlichen Versorgung und dieselbe Zwangsräumungsquote zu bringen." Im Unterschied zu Griechenland habe die Bevölkerung in Spanien jedoch schneller reagiert und mit der Bewegung des 15 de Mayo eine Entwicklung wie in Griechenland verhindert.

Die Kommentare von Deutschland und aus der EU zu den bevorstehenden Wahlen wird von griechischer und von spanischer Seite gleichermaßen heftig kritisiert. Jüngste Verlautbarungen von deutschen Politikern, wonach ein Euro-Austritt „verkraftbar“ sei, werden im Süden Europas als ausgewachsene Drohungen aufgefasst. Die Syriza befürchtet, Deutschland wolle Griechenland aus der Euro-Zone oder gar aus der EU ausschließen, wenn Tsipras Partei die Wahlen gewinnt. Syriza wirft der Bundesregierung daher Stimmungsmache gegen seine Partei vor. Sie erzähle „Ammenmärchen“ über einen Euro-Austritt nach einem möglichen Sieg der Syriza. Diese wolle jedoch nicht den Zusammenbruch, sondern die Rettung des Euro.

Auch deutsche Gewerkschafter und Intellektuelle protestieren mittlerweile gegen die Wahlkampf-Hilfe aus Berlin und Brüssel für die Partei von Antonis Samaras.

Monederos Vorwürfe gingen in dem Interview noch einige Schritte weiter: „Ein griechischer Autor schrieb kürzlich, sein Land sei der Kanarienvogel in der europäischen Demokratie-Mine. Ich habe eher den Eindruck, dass Griechenland die Hiroshima-Bombe des Vierten Reichs ist, mit der sie eine Warnung an den Rest Europas senden wollen“, so Monedero wörtlich.

Der spanische Europaminister wollte nach den deutschen Äußerungen in einem Radio-Interview seine Landsleute beschwichtigen und zunächst klarstellen, dass mit den Worten aus Berlin wohl gemeint sei, dass ein Ausstieg aus dem Euro zwar kein Systemrisiko mehr darstelle, aber dies dennoch keine wünschenswerte Nachricht für die Eurozone wäre, so El Diario.

Die spanische Presse sieht in den Äußerungen aus Brüssel jedoch eine eindeutige Drohung, so auch El País. Die Zeitung zitiert die Reaktion der Syriza-Politikerin Rena Dourous auf den deutschen Vorstoß zu einem Ausstieg Griechenlands: „Diese Taktik, dieser systematischen Versuch uns zu bedrohen ist keine Politik, vor allem, wenn so viele einsehen, dass die aktuelle Politik zu nichts führt, außer in eine Sackgasse. Heute mehr denn je braucht Europa eine demokratische Neugründung, mit einer Politik, die zu Entwicklung und Beschäftigung führt. Es geht, mit anderen Worten, um die Herrschaft der Politik über Märkte. Und bei dieser Entwicklung geht es nicht nur um ein oder zwei Länder, sondern um ganz Europa.“

Wie ernst in Südeuropa die Bedrohung durch die Bundesregierung genommen wird, zeigen Monederos düstere Warnungen vor einem drohenden Krieg in Europa:

„Seit der Wiedervereinigung ist Deutschland wieder im Dialog mit seinen Monstern. Ich glaube, sie fühlen sich gottgleich und wollen, dass wir die Schuld bei den Opfern suchen statt bei den Tätern. Ich sehe in dem Verhalten Europas gegenüber Deutschlands historische Parallelen zu dem Pakt von München, als Europa auch dachte, wenn man Deutschland nur nachgibt,  würde es nachsichtiger werden. Wir setzen so die Demokratie aufs Spiel. Wenn sich herausstellt, dass die Griechen kein Recht auf freie Wahlen mehr haben, dann ist das das Ende der Demokratie in Europa… Die Regierungspartei PP erinnert mich dabei sehr an Chamberlain, nachgeben und noch mehr nachgeben. Man muss aufhören, denn sonst wird es noch schlimmer, bis am Ende ein Krieg ausbricht. Und wir wollen Frieden in Europa.“


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