Finanzen

Think Tank: EZB-Geldschwemme bringt keine Stabilität

Lesezeit: 2 min
20.01.2015 00:54
Die EZB bereitet ihr Programm zum Ankauf von Staatsanleihen vor. Der wirtschaftliche Nutzen ist dabei nicht absehbar: Das Geld wird wohl im Banksektor versickern. Dafür werden die rechtlichen und politischen Folgen vor allem in Deutschland spürbar sein.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Am Donnerstag könnte die EZB mit dem Kauf von Staatsanleihen starten. Doch abgesehen von einer kurzfristigen Steigerung der Marktstimmung wird die Auswirkung der quantitativen Lockerung auf Wachstum und Inflation begrenzt sein. Denn das QE wird nicht dieselbe Wirkung auf die Staatsschulden haben, wie es in den USA oder Großbritannien der Fall war.

Dafür gibt es mehrfache Gründe, wie Open Europe aufzeigt:

Die Eurozone bleibt abhängig von Bankkrediten: Die EZB hat bereits begonnen, eine Billion Euro in die Eurozone pumpen. Dies macht sie mit verschiedenen Mitteln wie Nullzinsen, LTRO- und TLTRO-Programmen. Der geplante Aufkauf von Staatsanleihen ist nur eine andere Form – wenn auch im größeren Maßstab.

Wie bei vorherigen Injektionen besteht auch hier eine hohe Chance, dass das Geld an die Banken fließt. Bankkredite sind der wichtigste Kanal durch den das QE für die Realwirtschaft gefiltert wird. Nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften ziehen zu 85 Prozent ihrer Finanzierung von Banken der Eurozone. Die Zahl in den USA liegt bei weniger als der Hälfte.

Die mangelnde Kreditvergabe der Banken bedeutet also, dass das Geld nicht in die Realwirtschaft durchsickert.

Andere Stadien des Konjunkturzyklus: Als die USA und Großbritannien ihr QE gestartet haben, lagen die zehnjährigen Kreditkosten bei über vier beziehungsweise 3,5 Prozent. In der Eurozone liegen diese momentan bei 1,5 Prozent.

Seit Draghis Versprechen von 2012, alles zu tun, um den Euro zu retten, sind die Kreditkosten in der Eurozone stark gesunken: In Italien um vier Prozent, in Spanien um fast fünf Prozent und in Portugal um über sieben Prozent. Dennoch hat die Verbilligung der Kreditkosten nicht dafür gesorgt, dass sich Inflation oder die wirtschaftliche Leistung verbessert haben. Daher ist nicht davon auszugehen, dass es mit dem QE anders sein wird.

Die Struktur der Käufe: Die Staatsanleihenkäufe werden wohl nach den EZB-Kapitalanteilen aufgeteilt werden. Das bedeutet, dass fast die Hälfte der Kapitalspritze nach Deutschland und Frankreich fließen wird, also 26 und 20 Prozent. Bei einem hypothetischen Kaufprogramm in Höhe von einer Billion Euro würden nur 9,6 Prozent der italienischen Staatsschulden, 15 Prozent der spanischen und somit lediglich 13 Prozent der Schulden der Eurozone erworben werden. Im Vergleich zu den USA (21,5 Prozent) und Großbritannien (27,5 Prozent) ist das wenig.

Das Untergraben der deutschen Unterstützung für den Euro: Wenn die EZB ihr QE-Programm startet und die Bundesbank dagegen stimmt, ist Deutschland in seiner politischen und öffentlichen Meinung isoliert. Das könnte zur Folge haben, dass sich die deutsche Regierung in Zukunft nicht mehr so bereit zeigen wird, bei Rettungsaktionen oder Änderungen der Struktur der Eurozone mitzumachen.

Mit Sicherheit werden juristische Anfechtungen folgen: Vor allem in Deutschland wird das OMT-Programm die Gerichte beschäftigen. Das Bundesverfassungsgericht hält es für nicht rechtmäßig, hat allerdings bislang keine Entscheidung getroffen.

Das QE wird einen nicht im Voraus zu berechnenden wirtschaftlichen Einfluss haben – mit Sicherheit wird es politische und rechtliche Kosten mit sich bringen.


Mehr zum Thema:  

DWN
Unternehmen
Unternehmen Neue Verträge: Nach dem KaDeWe sind auch Oberpollinger und Alsterhaus gerettet
26.07.2024

Die berühmten Flaggschiffe der deutschen Warenhäuser scheinen nach der Pleite des Immobilien-Hasardeurs René Benko endlich gerettet zu...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Hilfsgelder von Russland: EU gibt Erträge aus dem eingefrorenen Vermögen frei
26.07.2024

Die Europäische Union hat jetzt die ersten Zinserträge aus dem im Westen eingefrorenem russischen Staatsvermögen freigegeben. Die...

DWN
Politik
Politik Der Chefredakteur kommentiert: Islamisches Zentrum Hamburg - ein längst überfälliges Verbot, Frau Faeser!
26.07.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Bundeskanzler Scholz zu irregulärer Migration: „Die Zahlen müssen runter“
26.07.2024

Erwerbsmigration nach Deutschland sei erwünscht, meint der Kanzler. Problematisch findet er unerlaubte Einreisen. Eine Innenexpertin der...

DWN
Panorama
Panorama ADAC warnt: Es droht schlimmstes Stau-Wochenende der Saison
26.07.2024

Wer nun in den Urlaub fährt, sollte etwas mehr Zeit einplanen und mitunter starke Nerven haben. Der ADAC rechnet mit vielen Staus. Lassen...

DWN
Politik
Politik Außenministerin Baerbock: Seegerichtshof in Hamburg wird an Bedeutung gewinnen
26.07.2024

In Hamburg informiert sich die Außenministerin bei ihrer Sommerreise über die Arbeit des Internationalen Seegerichtshofs. Anschließend...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB nach Stresstest: Banken haben Verbesserungsbedarf bei Cyber-Angriffen
26.07.2024

Seit der Finanzkrise 2008 wird genauer hingeschaut bei den Banken. Im Euroraum müssen sich die Institute nach Einschätzung der...

DWN
Politik
Politik Verfassungsschutz weist auf russische Sabotageversuche hin
26.07.2024

Der deutsche Inlandsgeheimdienst beobachtet schon länger verstärkte russische Geheimdienstaktivitäten. Neue Hinweise veranlassen ihn...