Die griechische Zeitung Kathimerini berichtet, dass der Ökonom Yanis Varoufakis neuer Finanzminister im Kabinett Tsipras werden soll. Als sein Stellvertreter wird Euclid Tsakalotos gehandelt. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten haben Varoufakis mehrfach interviewt. Seine Positionen sind solide, jedoch undogmatisch. Wenn er seiner Linie treu bleibt, dürfte der theoretischen Analyse ein grundlegender Wechsel in der griechischen Wirtschaftspolitik folgen.
Varoufakis zum Zustand der griechischen Banken:
„Die griechischen Banken sind vollkommen insolvent mit einem Anteil fauler Kredite von 40 Prozent und anderen „Vermögenswerten“, die reiner Betrug sind. In jedem gut verwalteten Bankensystem hätte man diese übernommen, umstrukturiert und an neue Besitzer verkauft. Nur in einem bankrotten Eurozonen-Land ist ein solcher Vorgang unter den geltenden „Regeln“ nicht möglich.
Stattdessen borgte sich der Steuerzahler unter der Aufsicht der EZB und unserer sogenannten Bankenunion 40 Milliarden Euro, um es den Banken zu geben. Der gescheiterte Bankenvorstand und die großen Aktionären wurden in ihren Positionen belassen. Und kurz nachdem zugelassen wurde, dass die staatlichen Anteile aufgebraucht wurden, damit Manager und Großaktionäre ihre „Eigentumsrechte“ über die Banken wiedererlangen konnten, können sie weder Geld leihen noch borgen – was erklärt, warum die Kreditvergabe weiterhin so rapide zurückgeht.
Und als ob das nicht genug wäre, hat der Staat diesen Banken auch noch versteckte Garantien im Umfang von vielen zehn Milliarden Euro bereitgestellt, ohne Zustimmung des Parlaments.“
Zum griechischen Anleihemarkt:
„Seit Sommer 2012 weise ich darauf hin, dass Draghi es ziemlich geschickt bewerkstelligt hat, eine unglaubwürdige Drohung gegen Anleihehändler zu nutzen, um die Zinsaufschläge nach unten zu drücken. Man sollte ihm gratulieren, denn ohne eine einzige Anleihe zu kaufen, hat er eine große Menge Zeit für die Politiker gekauft, etwas gegen die zugrunde liegende Krankheit zu tun. Leider haben die Politiker nichts anderes getan, als auf derselben Mischung aus giftiger, selbstzerstörerischer Austerität und makroökonomisch bedeutungslosen „Reformen“ zu bestehen.
Also bewegte sich die Eurokrise vom Anleihemarkt hin zur Realwirtschaft, indem die deflationären Kräfte gegen Investitionen und die gesamtwirtschaftliche Nachfrage wüteten. Im Großteil der Eurozone hat dies die Anleihezinssätze auf unglaublich niedrige Stände gedrückt, nicht weil die Investoren den Regierungen vertrauen, sondern weil sie (a) eine niedrige Inflation oder Deflation erwarten, sodass ihre realen Zinserträge aus Eurozonen-Anleihen steigen, und weil sie (b) darauf vertrauen, dass Draghi ihnen die italienischen, irischen und spanischen Anleihen abkauft, wenn er muss.“
Zum Wesen und der Zukunft des Euro:
„Schneeballsysteme brechen früher oder später unter der Last ihrer eigenen Selbstüberschätzung, unter ihren eigenen Hybris zusammen. Und dieses Schema wird ebenfalls zusammenbrechen. Der einzige Grund, weshalb dies noch nicht geschehen ist, ist, weil die Europäische Union, die EZB und die Deutsche Bundesregierung dies bislang noch nicht zugelassen haben. Allerdings werden sie dieses System nicht ewig aufrechterhalten können. Denn dieses System geht weit über Griechenland hinaus.
Irland, Spanien und Portugal werden auf dieselbe Art und Weise „aufrechterhalten“. Während mit dem Schneeballsystem die Staatshaushalte künstlich flüssig gehalten werden, verschlechtern sich die sozialen Verhältnisse und drohen, zusammenzubrechen. Es wird der Moment kommen, in dem die Risse unter der Oberfläche zum Zusammenbruch des Systems führen werden, was noch größere soziale Kosten für unsere Gesellschaft bedeuten würde. Es gibt zwei Möglichkeiten, wie das Ganze enden kann: Die eine Möglichkeit ist, dass sich Europa reinigt, sich von Grund auf neu strukturiert und die entstandenen Verluste des Schneeballsystems auf eine gerechte und tragbare Art und Weise verteilt werden. Die andere Möglichkeit ist, dass die Eurozone mit einem großen Knall zerbricht.“