Weltwirtschaft

Wenig Wachstum in der Welt: Europas Stahl-Industrie verliert an Bedeutung

Lesezeit: 2 min
13.02.2015 14:17
Billig-Importe aus Russland und China bringen Europas Stahlindustrie an den Rand der Bedeutungslosigkeit. Konzerne wie ThyssenKrupp und ArcelorMittal müssen die Kosten und Produktion dramatisch senken. Ein Stahlarbeiter arbeitet nur noch 31 Stunden in der Woche.
Wenig Wachstum in der Welt: Europas Stahl-Industrie verliert an Bedeutung

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Die Stahlindustrie mit Branchengrößen wie ThyssenKrupp und ArcelorMittal kommt nicht aus dem Auftragstief heraus. Der deutsche Branchenprimus ThyssenKrupp konnte sein Ergebnis im Geschäft mit dem Werkstoff wie auch im Gesamtkonzern zwar verbessern. Profitiert habe das Unternehmen dabei im vergangenen Quartal aber vor allem von den Kostensenkungen und niedrigeren Rohstoffkosten, erläuterte das Management am Freitag. Die Stahlpreise seien aber weiter im Keller und die Nachfrage mau. Weltmarktführer ArcelorMittal erwartet im laufenden Jahr sogar einen Gewinnrückgang.

„Das konjunkturelle Umfeld bleibt unsicher und die geopolitischen Risiken hoch", sagte ThyssenKrupp-Chef Heinrich Hiesinger. Der Konzern konzentriere sich daher auf die Dinge, die er selbst beeinflussen könne. Hiesinger will die Kosten weiter drücken. Seit Oktober arbeiten die Stahlkocher in Europa nur noch 31 Stunden in der Woche. Die Stahlsparte konnte ihr Ergebnis im ersten Quartal des Geschäftjahres 2014/15 (per Ende September) vor allem deswegen auf 79 Millionen Euro nach 18 Millionen Euro verbessern.

Die Stahlpreise seien „unverändert nicht auskömmlich“ und erneut unter dem Vorjahresniveau, hieß es im Quartalsbericht. Umsatz und Auftragseingang gingen in der Sparte zurück. Der operative Gewinn des Gesamtkonzerns legte allerdings dank der Einsparungen um fast ein Drittel auf 317 Millionen zu. Größter Gewinnbringer von ThyssenKrupp war die Aufzugssparte, die mehr als die Hälfte beisteuerte. In den Glanzzeiten 2006/07 und 2007/08 hatte diese Position noch das Stahlgeschäft eingenommen. Anschließend versenkte das damalige Management Milliardensummen in neue Stahlwerke in Übersee. Die Stahlkocher befürchten, dass Hiesinger das Geschäft eines Tages verkauft. Dies plant der Manager nach eigener Aussage zwar nicht, eine Bestandsgarantie gibt er aber auch nicht. Früher oder später werde es eine Konsolidierung in der Branche geben.

ThyssenKrupp wolle auch im laufenden Quartal den Gewinn weiter steigern, kündigte Finanzchef Guido Kerkhoff in einer Telefonkonferenz an. Im Gesamtjahr erwarte der Konzern einen deutlichen Überschuss. 2013/14 hatte ThyssenKrupp erstmals seit Jahren wieder schwarze Zahlen geschrieben. Mit den Zahlen von Freitag konnte ThyssenKrupp am Markt nicht punkten. Die Aktie verlor zweitweise fast fünf Prozent und war größter Verlierer im Dax. „Die Zahlen sind in Ordnung, aber nicht super gut – daher bleibt das Kursfeuerwerk aus", sagte ein Händler. Einige hätten wohl mit einer Prognoseanhebung gerechnet, sagte Jefferies-Analyst Seth Rosenfeld. Doch Ökonomen rechnen für das Gesamtjahr 2015 nicht mit einer Verbesserung der Situation in Deutschland.

Die europäische Stahlindustrie steckt seit Jahren zwischen Hoffen und Bangen. Der Schwerindustrie machen der Preisdruck, Überkapazitäten und Billig-Importe aus China und Russland zu schaffen. Der deutsche Stahlverband rechnet in diesem Jahr wie 2014 mit einer Steigerung der Produktion um gerade mal ein Prozent. Der europäische Verband Eurofer erwartet eine langsame Erholung der Nachfrage um 1,9 Prozent in diesem und 2,6 Prozent im kommenden Jahr.

Dass die Bäume für die Branche nicht in den Himmel wachsen, machte auch Weltmarktführer ArcelorMittal deutlich. Der Stahlverbrauch in aller Welt werde dieses Jahr langsamer wachsen als zuletzt. In den USA, wo es lange Zeit rund lief, gehe die Nachfrage sogar etwas zurück. ArcelorMittal erwartet 2015 einen Rückgang des operativen Gewinns auf 6,5 Milliarden bis sieben Milliarden Dollar, nachdem dieser noch 2014 um 8,5 Prozent auf 7,2 Milliarden gestiegen war. Der Konzern ist mit Abstand der größte Stahlkonzern der Welt. Rund sechs Prozent der globalen Produktion stammen aus seinen Hochöfen.

 


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