Finanzen

Draghi-Plan funktioniert nicht: Niemand will Bonds an die EZB verkaufen

Der Masterplan von Mario Draghi zur Rettung der Euro-Zone gerät in Gefahr: Anfang März will die EZB damit beginnen, monatlich Staatsanleihen in Höhe von 60 Milliarden Euro von allen Euroländern anzukaufen. Doch Banken, Versicherer und Vermögensfonds möchten ihre Bonds behalten. Sie brauchen ihre Bond-Bestände für die Liquidität und denken nicht daran, sie für einen negativen Einlagezins von 0,2 Prozent an die EZB abzugeben.
23.02.2015 00:32
Lesezeit: 2 min

Das QE-Programm der EZB, monatlich für 60 Milliarden Euro Staatsanleihen und ABS-Papiere aus der gesamten Eurozone anzukaufen – das gesamte Volumen soll 1,14 Billionen Euro betragen, vorläufig terminiert bis September 2016 – hat ihr zu Recht den Vorwurf eingehandelt, eine Gemeinschaftshaftung durch die Hintertür einzuführen.

Denn im Grunde hat die EZB damit ein verdecktes Bankenrettungsprogramm – insbesondere für die Krisenländer – eingefädelt und eine, gemäß den eigenen Statuten verbotene, monetäre Staatsfinanzierung durchgedrückt.

Doch nun stellt sich heraus, dass das lancierte Ankaufprogramm von Staatsanleihen nicht funktionieren könnte, wie Zerohedge berichtet. Auch Reuters fragt: „Draghi möchte Bonds ankaufen – aber finden sich auch Verkäufer?“ Europäische Banken und Asset Fondsmanager möchten behalten, was sie in ihren Portfolios besitzen. Denn die Bonds in ihren Depots werden als zu wertvoll betrachtet, weil sie zu großen Teilen noch aus Zeiten mit hoher Rendite stammen.

„Wir ziehen es bei weitem vor, an unseren Beständen festzuhalten“, betonte Antoine Lissowski, stellvertretender CEO beim französischen Versicherer CNP Assurances. „Die EZB Politik hat jetzt ihre Grenzen erreicht”.

Banken, die hauptsächlich kurzfristige Anleihen kaufen, verwenden Staatsschulden als Liquiditätspuffer. Ein Verkauf an die EZB würde sie zwingen, in andere Anlageformen zu investieren. Doch die Aufsichtsbehörden bestehen auf Sicherheiten, und diese bestehen wiederum im Bonds-Bestand. Für Liquiditätspuffer sind Staatsanleihen von entscheidender Bedeutung. Denn bei Staatsanleihen müssen Banken kein wertvolles Eigenkapital vorhalten, was bei alternativen Anlagen aber nötig wäre. Alternativ müssen die Banken und andere Fonds-Manager wie Pensionsfonds oder Versicherer beim Verkauf ihrer Bonds an die EZB mit einem Strafzins von 0,2 Prozent rechnen.

Was bedeutet, dass sich für diese Anleger die Liquidität aus den Verkäufen an die EZB nicht rentiert.

Auch ganz normale Geschäftsbanken zahlen für Gelder, die sie bei der EZB einlegen, den negativen Einlagezins von 0,2 Prozent. Sie sind ebenfalls nicht an Bondsverkäufen interessiert. Denn wenn die Banken den Strafzins der EZB an die Großkunden weiterberechnen, werden diese sich nach anderer Konkurrenz umschauen, die den Strafzins nicht weiterberechnen. Sie würden also die lukrativen Großkunden wie Konzerne verlieren.

“Ich begreife nicht weshalb sie (die EZB) vorhat, eine Menge Anleihen zu kaufen, wenn die EZB bei der Hinterlegung der Bonds 20 Basispunkte (0,2 Prozent) von den Banken fordert und es damit überhaupt keinen Anreiz gibt, dies zu tun“, betonte bereits im Januar Steven Major von der HSBC-Bank bei CNBC. „Warum sollte eine Bank eine Anleihe der EZB übergeben und für eine risikofreie Anlage 0,2 Prozent Strafzinsen zahlen?“ so Steven Major bei der CNBC weiter.

In das Kalkül der EZB scheint sich mithin ein Denkfehler eingeschlichen zu haben. Der negative Einlagezins wurde im Juni 2014 von der EZB eingeführt, um Banken im Euroraum das Parken von Kapital bei der EZB zu erschweren. Vielmehr sollten die Geldhäuser mehr Kredite an Unternehmen und Verbraucher vergeben, um die Konjunktur anzukurbeln. Im Ergebnis brachte diese Maßnahme der EZB jedoch nur Zinsverluste für Sparer und Lebensversicherungen.

Bei deutschen Bundesanleihen beispielsweise, die ja laut EZB bevorzugt angekauft werden sollen, sind die gewichtigste Investorengruppe etwa ausländische Zentralbanken. Und für Zentralbanken, die nicht der Eurozone angehören, sind deutsche Bonds der größte Anteil in ihren Devisenbeständen. Die SNB (Schweizerische Nationalbank) soll bekanntlich mit an die 100 Milliarden Euro in deutschen Bonds investiert sein. Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass die SNB ihre Euro-Reserven, gehalten in deutschen Bonds, nun an die EZB veräußert.

In der Eurozone befinden sich etwa Bonds im Umfang von sechs Billionen Euro im Umlauf. Zentralbanken, Versicherer, Banken und sonstige Vermögens-Fonds halten davon etwa 83 Prozent. Und absehbar sind diese Fondsmanager derzeit nicht an Verkäufen an die EZB interessiert.

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