Die ukrainische Armee und die Rebellen haben sich auf einen Abzug schwerer Waffen von der Front im Osten des Landes verständigt. Eine entsprechende Vereinbarung sei in der Nacht unterzeichnet worden, sagte Rebellen-Kommandeur Eduard Bassurin am Sonntag der Nachrichtenagentur Interfax.
Mit dem Abzug der Artillerie werde noch am Sonntag begonnen, sagte Bassurin. Er werde zwei Wochen in Anspruch nehmen. Da noch Vorbereitungen getroffen werden müssten, werde der eigentliche Abtransport der Waffen am Dienstag beginnen, wurde der Rebellen-Chef von der Agentur Tass zitiert.
Doch The Daily Mail berichtet, dass trotz der Aussage des Rebellen-Kommandeurs die Kämpfe im Osten des Landes weiterlaufen würden. Zudem hat die Regierung in Kiew keine offizielle Aussage zum Zeitpunkt des Abzugs ihrer Waffen getroffen. Ein Armeesprecher sagte in Kiew lediglich, dass der Abzug unverzüglich beginnen solle. Stattdessen meldet Ukrinform, dass Außenminister Arsen Awakow eine Anfrage für baldige Waffen-Hilfen aus den USA gestellt habe. Er glaube, dass die USA eine positive Antwort auf sein Gesuch geben werden.
Der Abzug von schweren Waffen ist eigentlich ein wichtiger Punkt des Minsker Friedensabkommens. Es sieht auch einen Austausch von Gefangenen vor, wie er am Samstag eingeleitet wurde: Mehr als 130 Soldaten und 50 Rebellen wurden an die jeweils andere Seite übergeben, berichtet die BBC. Ungeachtet der Entspannungssignale warfen sich die gegnerischen Parteien weiter den Bruch der in Minsk vereinbarten Waffenruhe vor (Video am Anfang des Artikels). Die Ukraine befürchtet einen Rebellenangriff auf das strategisch wichtige Mariupol. Die USA drohten Russland mit einer weiteren Verschärfung der Sanktionen, sollten die Waffen der Rebellen nicht schweigen.
Der Sprecher der ukrainischen Streitkräfte, Andrej Lisenko, sagte der Agentur Reuters, es gebe keinen Beweis dafür, dass die Rebellen mit dem Waffen-Abzug begonnen hätten. Gleichzeitig warf er den Rebellen vor, weiter Soldaten anzugreifen. Insbesondere in der Hafenstadt Mariupol laufen die Kämpfe weiter.
Mariupol mit seinen knapp 500.000 Einwohnern liegt zwischen der russischen Grenze und der von Russland annektierten Halbinsel Krim. Die Regierung in Kiew fürchtet, dass die Rebellen einen Landkorridor zur Halbinsel schaffen wollen. Mit einem Vorrücken auf Mariupol werde eine Linie überschritten, die das Minsker Abkommen hinfällig machen würde, sagte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier der "Bild".
Die Vereinbarung zwischen Russland und der Ukraine war auf Vermittlung Deutschlands und Frankreichs zustande gekommen. Das Abkommen war bereits durch die Einnahme des Verkehrsknotenpunktes Debalzewe durch Rebellen am Mittwoch gefährdet worden.
Doch am Mittwoch haben die ukrainischen rechten Freiwilligen-Verbände einen alternativen Generalstab gegründet, weil sie kein Vertrauen mehr in den Generalstab in Kiew haben. Der Kommandeur des Freiwilligen-Bataillons Donbass, Semen Semenchenko, verkündete, dass der Ukraine-Konflikt nur militärisch gelöst werden könne.
Im ostukrainischen Charkiw detonierte offiziellen Angaben zufolge am Sonntag eine Bombe auf eine Demonstration. Dabei seien mindestens drei Menschen getötet worden, teilten die Behörden vor Ort mit. Der Sprengsatz sei aus einem fahrenden Auto in die Menschenmenge geworfen worden. Die Polizei sprach von einem Terroranschlag. Charkiw ist unter Kontrolle der Zentralregierung in Kiew.
US-Außenminister John Kerry sagte nach einem Treffen mit seinem britischen Kollegen Philip Hammond in London, es werde ernsthaft darüber diskutiert, wie die nächsten Sanktionsschritte gegen Russland auszusehen hätten und wann sie umgesetzt werden sollten. "Ich bin zuversichtlich, dass einige zusätzliche Schritte als Reaktion auf die Brüche der Waffenruhe unternommen werden." Er gehe davon aus, dass Präsident Barack Obama in den kommenden Tagen prüfe, welche Möglichkeiten zur Wahl stünden und entscheiden werde. Zu den Optionen zähle eine Bewaffnung der ukrainischen Streitkräfte. Der Westen wirft Russland vor, die Rebellen mit Kämpfern und Kriegsgerät zu unterstützen. Die Regierung in Moskau weist dies zurück.