Politik

Japanischer Diplomat warnt vor globaler Katastrophe in Fukushima

Katastrophen-Warnung aus Japan: Die Atomfirma Tepco agiert bei den Aufräumarbeiten in Fukushima offenbar extrem nachlässig. Ein weiteres Erdbeben könnte den wirklichen Super-Gau in Fukushima auslösen - mit weltweiten Folgen, die Jahrzehnte lang kaum in den Griff zu bekommen wären.
22.04.2012 14:13
Lesezeit: 2 min

Atomwissenschaftler und Politiker wie der US-Senator Ron Wyden, ein führendes Mitglied des US-Energie-Ausschusses, warnen vor hohen Risiken, die in Fukushima noch immer bestehen. In einem Brief an den japanischen Botschafter Fijisaki, den US-Energieminister, an Außenministerin Hillary Clinton und an die nukleare Aufsichtsbehörde warnte der US-Senator vor weiteren, noch größeren Gefahren in Fukushima. Es dauere einfach zu lange, die gefährlichen Atom-Brennstäbe aus den Reaktoren zu entfernen, die USA solle helfen.

Im März vergangenen Jahres war es in Japan infolge eines Erdbebens in drei Reaktoren von Fukushima Daiichi zu Kernschmelzen gekommen. Es wird davon ausgegangen, dass ein Großteil der Brennstäbe dieser Reaktoren als zerflossene Masse am Boden des Reaktorgefäßes liegen – einigermaßen abgeschirmt von der Außenwelt. Im Zentrum der wissenschaftlichen Bedenken liegt allerdings Reaktor 4 von Fukushima Daiichi. Zur Zeit des Erdbebens war diese Einheit heruntergefahren und die nuklearen Brennstäbe lagen außerhalb des schützenden Gefäßes, sie sitzen noch immer im Abklingbecken, die die Stäbe kühlt und isoliert. Ein neuerliches Erdbeben könnte einen Riss im Abklingbecken verursachen. Das Wasser würde ausströmen, die Brennstäbe würden von der Außenluft aufgeheizt werden und eine große Menge an Strahlung abgeben.

Wenn die Einheit 4 von einem Erdbeben der Stärke 7,0 getroffen wird, gäbe es eine 70-prozentige Wahrscheinlichkeit, dass die gesamte Struktur des Abklingbeckens kollabieren würde. Die dann abgegebene Menge tödlicher radioaktiver Strahlung wäre die 85-fache Menge an Caesium 137, die in Tschernobyl freigesetzt wurde, schätzt der amerikanische Nationale Strahlenschutzkommission. Der Spitzendiplomat und ehemalige Botschafter Japans in der Schweiz, Murata Mitsuhei, erklärte, wenn der Reaktor 4 mit 1.535 Brennstäben zusammenbrechen würde, würde dies nicht nur die Abschaltung aller sechs Reaktoren bewirken, sondern auch das gemeinsame Abklingbecken für die abgebrannten Brennstäbe treffen, dass 50 Meter von Reaktor 4 entfernt liegt. Hier befinden sich 6.375 Brennstäbe. Dies, so Murata Mitsuhei „würde sicherlich eine globale Katastrophe bewirken, wie wir sie niemals zuvor erlebt haben – es würde uns alle für Jahrhunderte betreffen“.

Abgesehen von der dann fast unausweichlichen Evakuierung der Millionenstadt Tokio erwarten Experten einen gewaltigen Anstieg der Radioaktivität weltweit. Schon heute werden an den Stränden Kaliforniens erhöhte Wert gemessen. Durch Wind und Regen sind die Folgen sowohl für die Menschen direkt als auch aug die Lebensmittel praktisch nicht zu kontrollieren.

Der Sprecher des Fukushima Daiichi Betreibers, Yoshikazu Nagai, sagt, alles was man machen könnte, sei, „ständig mit dem Bereinigungsplan fortzufahren“. Tepco selbst gibt an, eine Analyse des Abklingbeckens im Reaktor 4 durchgeführt zu haben. Und obwohl das Gefäß keine Verstärkung bräuchte, hätte man bereits angefangen, die Struktur zu stärken. Die Sicherheitsmarge sei nun um 20 Prozent erhöht. Zudem arbeite man daran, die Brennstäbe so schnell wie möglich zu entfernen. Wenn alles wie geplant funktioniert, könnte man damit 2014 beginnen. Dem US-Senator Wyden reicht dies nicht. „Dieser Zeitplan trägt ein außergewöhnliches und anhaltendes Risiko mit sich“. Bis zu zehn Jahre seien im Zeitplan vorgesehen, um alle abgebrannten Brennstäbe zu entfernen.

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