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Österreich: Agrar-Exporte brechen wegen Russland-Sanktionen ein

Die Sanktionen gegen Russland senken die Exporte der österreichischen Landwirtschaft in die Region um 50 Millionen Euro. Doch auch die Importe sind um ein Viertel eingebrochen. Von den Handelsbeziehungen zu Russland sind 50.000 Arbeitsplätze in Österreich betroffen.
22.03.2015 01:31
Lesezeit: 2 min

Der starke Verfall des Rubels macht Exporte nach Russland teurer. Die Landwirte Österreichs bekommen dies zu spüren. Im vergangenen Jahr ist das Exportvolumen von Produkten aus der Landwirtschaft um 50 Millionen Euro gesunken. Von dem Embargo der Lebensmittel und Agrarprodukten profitieren Nicht-EU-Länder wie die Schweiz. Nur durch eine Aufhebung des Embargos könnten die mittelständischen Unternehmen Österreichs den Ausfall des Exports wieder kompensieren.

Am 7. August 2014 verhängte die Russische Föderation ein Importverbot für bestimmte Agrargüter und Lebensmittel aus der EU. Vor allem Exporteure von verarbeiteten Lebensmitteln sind direkt von den Maßnahmen betroffen. Im Jahr 2013 hatte Österreich derartige Güter im Wert von 274 Millionen Euro nach Russland exportiert. Erste Schätzungen vom Sommer 2014 bezifferten den Wert der vom Importverbot betroffenen Agrargüter und Lebensmittel pro Jahr auf 102 Millionen Euro. Der Verlust von Exportmöglichkeiten bis Jahresende wurde auf 53 Millionen Euro geschätzt.

Insgesamt dürfte Österreichs Export von Agrargütern und Lebensmitteln nach Russland 2014 um knapp 50 Millionen Euro gedämpft worden sein. Diese Abnahme der Verkäufe nach Russland ist auch eine Folge der starken Verteuerung österreichischer Produkte, da der Rubel gegenüber dem Euro seit Jahresmitte 2014 erheblich an Wert verloren hat, was aber teilweise ebenfalls auf die verhängten Sanktionen zurückgeführt werden kann.

Schlimmer als die Exporte hat es die Importe aus Russland getroffen, diese seien um ein Viertel zurückgegangen, teilt die Wirtschaftskammer Österreich mit. Die Handelsbeziehungen zu Russland betreffen 50.000 Arbeitsplätze in Österreich.

Grund für die Einbußen sind aber nicht nur die Sanktionen gegen Russland, sondern auch der Krieg in der Ukraine. Viele Firmen halten Investitionen zurück, nicht nur in der Krisenregion selbst, sondern in ganz Europa sind die Auswirkungen des Konflikts zu spüren. ÖIAG-Aufsichtsratspräsident Siegfried Wolf warnt Unternehmen vor Investitionen in Russland. Wolf sagte dem Kurier, derzeit gebe „es ein Problem mit dem Kapitalmarkt. Es ist sehr schwer, Kapital für Investitionen in Russland zu beschaffen. Doch wie soll jemand investieren, wenn er die Unterstützung der Banken nicht hat. Die russischen Banken stehen auf der Sanktionsliste, die Beschaffung von Kapital auf dem internationalen Finanzmarkt ist unheimlich schwierig.“

Die Wirtschaftssanktionen gegen Russland treffen Österreichs Wirtschaft „deutlich überdurchschnittlich, sagt Christian Helmenstein von der Industriellenvereinigung (IV). Kaum ein Exporteur kann sich den Auswirkungen entziehen. Medienberichten zufolge schadet der Konflikt 1.200 österreichischen Firmen, 550 von ihnen haben in Russland eine eigene Niederlassung.

Ernst & Young zufolge gibt mehr als jeder fünfte Mittelständler in Österreich (22 Prozent) an, dass sich die aktuellen Spannungen zwischen Russland und der EU bzw. den USA negativ auf das eigene Geschäft auswirken. Besonders betroffen zeigen sich Industrie und große Mittelständler.

Ein Ende der Sanktionen gegen Russland oder eine anhaltende Waffenruhe in der Ukraine sind nicht in Sicht. In einem Telefonat zwischen der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Präsident Barack Obama seien sich beide einig gewesen, dass die Sanktionen nicht gelockert werden dürften, bis Russland alle Vereinbarungen des Minsker Abkommens erfülle, teilte das US-Präsidialamt in der Nacht mit. Solange Russland Gewalt und Instabilität in der Ukraine anheize, müsse es damit rechnen, einen höheren Preis für ein solches Vorgehen zu zahlen, erklärte das US-Präsidialamt weiter.

Die Regierung setzt daher auf die Stabilisierung der Lage: „Österreich und die Ukraine verstärken die polizeiliche Zusammenarbeit. Ziel des bilateralen Abkommens ist die gemeinsame Bekämpfung von Kriminalität und ein verstärkter Informations- und Erfahrungsaustausch”, erklärt SPÖ-Abgeordneter und Mitglied im Innenausschuss, Hannes Weninger.

Ziel ist es, organisierte Kriminalität, Terrorismus, Schlepperei und Menschenhandel, Computer- und Wirtschaftskriminalität, Drogen-und Waffenhandel sowie Kinderpornographie zu bekämpfen. Über den sicherheitspolitischen Aspekt hinaus sieht der SPÖ-Mandatar darin auch einen konkreten Beitrag Österreichs zum Staatsaufbau in der Ukraine. „Eine stabile, friedliche und nachhaltige Lösung des Ukraine-Konflikts kann nicht durch gegenseitige Provokationen, Waffenlieferungen und Sanktionen, sondern nur durch Vertrauen, Dialog und Zusammenarbeit erreicht werden.“

Die Sanktionen betreffen auch sogenannte Dual-Use-Güter, die für den militärischen wie zivilen Sektor verwendet werden können. Der Boykott dieser Güter trifft vor allem Mittelständler und Industriebetriebe, denn jede Dichtung und jedes Kugellager kann genauso gut in eine Maschine oder in einen Panzer eingebaut werden.

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