Technologie

Weltweiter Widerstand gegen Facebooks „gratis Internet“

Facebooks Projekt, mit Drohnen freien Internet-Zugang an entlegene Orte zu bringen, stößt auf Widerstand bei Bürgerrechtlern. Die Kritik: Nur die Seiten der Werbepartner sind gratis zugänglich. Zudem verzichten die Regierungen wegen der Partnerschaft mit Facebook auf einen eigenen Netzausbau.
24.04.2015 11:33
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Das Facebook-Projekt Internet.org für freien Internetzugang in Entwicklungs- und Schwellenländern stößt weltweit auf Widerstand. Facebook bietet Smartphone-Nutzern per Gratis-App einen kostenlosen Internet-Zugang zu Seiten wie Google, Wikipedia und Facebook. Die Zahl der zugangsfreien und von Werbepartnern finanzierten Seiten ist jedoch limitiert:  Wer das Netzwerk etwa durch klicken eines externen Links verlässt, muss dafür extra zahlen. Nutzer sehen darin einen Trick, um in unerschlossenen Regionen Kunden an sich zu binden, die (noch) keine Alternative haben. Einige User in entlegenen Regionen halten facebook.org bereits für das eigentliche Internet. Der Netzausbau eines offenen Internets werde dadurch zusätzlich verlangsamt, so Kritiker. Insbesondere in Indien regt sich massiver Widerstand gegen das Projekt, berichtet etwa Bloomberg. Einige Firmen in Indien haben deswegen ihre Zusammenarbeit mit Internet.org aufgekündigt und ein Aufklärungs-Video namens „Save the Internet“ dagegen produziert.

Nun warnen auch Bürgerrechts-Aktivisten in Südamerika, Internet.org habe mehr Nachteile als Vorteile. Kolumbiens Karisma Stiftung etwa hat erklärt, dass „Internet.org kein Internet ist“ und die wettbewerbswidrigen Praktiken und den mangelnden Schutz der Privatsphäre angeprangert. Carolina Botero, die Direktorin der Stiftung Karisma sagte der Electronic Frontier Foundation EFF: „Wir haben ernsthafte Bedenken, dass Internet.org von der Politik als eine öffentliche Strategie für den universellen Zugriff auf das Internet dargestellt wird. Diese Initiative beschränkt die Rechte eines jeden und verwässert die Verpflichtung der Regierung, die digitale Kluft seiner Bürgern zu reduzieren - und das alles für einen eingeschränkten Zugang zu bestimmten Anwendungen. Diese Leistungen sind mit einem kommerziellen Interesse eines multinationalen Konzerns verwoben, die der Staat somit direkt unterstützt.“ Zuckerberg warb nach dem jüngsten Amerika-Gipfel in Panama bei zahlreichen südamerikanischen Regierungschefs für eine Zusammenarbeit mit Facebook.org, so dass die Politik in Panama, Kolumbien, Paraguay, Guatemala, Peru, und Brasilien eine Zusammenarbeit planen oder bereits umsetzen.

Die Aktivisten halten diese unkritische Haltung der Politik für einen fatalen Schlag gegen die Netzneutralität. Internet.org Nutzer würden laut EFF von dem „Ozean“ des Internets abgschnitten, in dem der Rest der Welt lebt und in dem das ganze Internet ohne jede Diskriminierung oder Priorisierung bestimmter Anwendungen zur Verfügung steht. Stattdessen bekommen sie ein „Goldfischglas“ Internet, in dem sie eine zusätzliche Gebühr für alle Dienste zahlen müssen, die nicht Teil des von den Werbepartnern zusammengestellten Gratis-Angebots sind, also etwa kleine Unternehmens-Websites, unabhängige App-Entwickler oder und innovative neue Dienste.

In Paraguay hat nun ein 20-jähriger Software-Entwickler eine App namens „Facebook-Tunnel“ entwickelt, mit der es Internet.org-Nutzern möglich sein soll, auch Websites außerhalb von Facebook kostenlos aufzurufen. Die App von Matias Insaurralde funktioniert dabei wie ein Tunnel, der das reguläre Internet durch den Facebook Messenger schleust. Er will damit einen freieren Zugang zum Internet bieten, erklärt er gegenüber Vice.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Svenska Digitaltolk: Dolmetscher-Gigant kauft KI-Unternehmen – Millionenumsatz prognostiziert
01.07.2025

Schwedens Dolmetscher-Gigant will Europas Übersetzungsmarkt aufrollen – mit KI, Millionenplänen und dem Griff nach Deutschland. Doch...

DWN
Politik
Politik Grenze zu – zumindest teilweise: Polen kontrolliert ab Montag
01.07.2025

Polen wird ab kommendem Montag vorübergehend wieder Grenzkontrollen an der Grenze zu Deutschland einführen. Das kündigte...

DWN
Politik
Politik Krankenkassen schlagen Alarm: Zusatzbeiträge könnten deutlich steigen
01.07.2025

Die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) warnen vor Druck zu neuen Beitragserhöhungen ohne eine rasche Bremse für steigende Kosten....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Thyssenkrupp-Umbau betrifft Tausende – Betriebsräte fordern Klarheit
01.07.2025

Angesichts weitreichender Umbaupläne bei Thyssenkrupp fordern die Beschäftigten klare Zusagen zur Zukunftssicherung. Betriebsräte pochen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neues Werk für NATO-Kampfjet: Rheinmetall startet Produktion in NRW
01.07.2025

Der Rüstungskonzern Rheinmetall hat in Weeze (Nordrhein-Westfalen) eine hochmoderne Fertigungsanlage für Bauteile des Tarnkappenbombers...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Investitionsstau: Kaputte Straßen, marode Schulen – Kommunen am Limit
01.07.2025

Viele Städte und Gemeinden stehen finanziell mit dem Rücken zur Wand: Allein die Instandhaltung von Straßen, Schulen und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Alt gegen Jung: Wie die Generation Z das Arbeitsleben umkrempelt – und was zu tun ist
01.07.2025

Alt gegen Jung – und keiner will nachgeben? Die Generationen Z und Babyboomer prallen aufeinander. Doch hinter den Vorurteilen liegen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeitsmarkt ohne Erholung im Juni: Warten auf den Aufschwung
01.07.2025

Die erhoffte Belebung des Arbeitsmarkts bleibt auch im Sommer aus: Im Juni ist die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland nur minimal um...