Das Facebook-Projekt Internet.org für freien Internetzugang in Entwicklungs- und Schwellenländern stößt weltweit auf Widerstand. Facebook bietet Smartphone-Nutzern per Gratis-App einen kostenlosen Internet-Zugang zu Seiten wie Google, Wikipedia und Facebook. Die Zahl der zugangsfreien und von Werbepartnern finanzierten Seiten ist jedoch limitiert: Wer das Netzwerk etwa durch klicken eines externen Links verlässt, muss dafür extra zahlen. Nutzer sehen darin einen Trick, um in unerschlossenen Regionen Kunden an sich zu binden, die (noch) keine Alternative haben. Einige User in entlegenen Regionen halten facebook.org bereits für das eigentliche Internet. Der Netzausbau eines offenen Internets werde dadurch zusätzlich verlangsamt, so Kritiker. Insbesondere in Indien regt sich massiver Widerstand gegen das Projekt, berichtet etwa Bloomberg. Einige Firmen in Indien haben deswegen ihre Zusammenarbeit mit Internet.org aufgekündigt und ein Aufklärungs-Video namens „Save the Internet“ dagegen produziert.
Nun warnen auch Bürgerrechts-Aktivisten in Südamerika, Internet.org habe mehr Nachteile als Vorteile. Kolumbiens Karisma Stiftung etwa hat erklärt, dass „Internet.org kein Internet ist“ und die wettbewerbswidrigen Praktiken und den mangelnden Schutz der Privatsphäre angeprangert. Carolina Botero, die Direktorin der Stiftung Karisma sagte der Electronic Frontier Foundation EFF: „Wir haben ernsthafte Bedenken, dass Internet.org von der Politik als eine öffentliche Strategie für den universellen Zugriff auf das Internet dargestellt wird. Diese Initiative beschränkt die Rechte eines jeden und verwässert die Verpflichtung der Regierung, die digitale Kluft seiner Bürgern zu reduzieren - und das alles für einen eingeschränkten Zugang zu bestimmten Anwendungen. Diese Leistungen sind mit einem kommerziellen Interesse eines multinationalen Konzerns verwoben, die der Staat somit direkt unterstützt.“ Zuckerberg warb nach dem jüngsten Amerika-Gipfel in Panama bei zahlreichen südamerikanischen Regierungschefs für eine Zusammenarbeit mit Facebook.org, so dass die Politik in Panama, Kolumbien, Paraguay, Guatemala, Peru, und Brasilien eine Zusammenarbeit planen oder bereits umsetzen.
Die Aktivisten halten diese unkritische Haltung der Politik für einen fatalen Schlag gegen die Netzneutralität. Internet.org Nutzer würden laut EFF von dem „Ozean“ des Internets abgschnitten, in dem der Rest der Welt lebt und in dem das ganze Internet ohne jede Diskriminierung oder Priorisierung bestimmter Anwendungen zur Verfügung steht. Stattdessen bekommen sie ein „Goldfischglas“ Internet, in dem sie eine zusätzliche Gebühr für alle Dienste zahlen müssen, die nicht Teil des von den Werbepartnern zusammengestellten Gratis-Angebots sind, also etwa kleine Unternehmens-Websites, unabhängige App-Entwickler oder und innovative neue Dienste.
In Paraguay hat nun ein 20-jähriger Software-Entwickler eine App namens „Facebook-Tunnel“ entwickelt, mit der es Internet.org-Nutzern möglich sein soll, auch Websites außerhalb von Facebook kostenlos aufzurufen. Die App von Matias Insaurralde funktioniert dabei wie ein Tunnel, der das reguläre Internet durch den Facebook Messenger schleust. Er will damit einen freieren Zugang zum Internet bieten, erklärt er gegenüber Vice.