Das österreichische Bundesland Kärnten steht vor der Pleite. Das Land hat eine Bonität knapp über Ramschniveau und kann sich deshalb nicht über die internationalen Finanzmärkte finanzieren. Die Kärntner Landesregierung verhandelt aktuell mit der Bundesregierung über dringend benötigte Kredite, weil es sonst in wenigen Wochen die Beamten nicht mehr bezahlt werden können. Im Gegenzug überlegt die Bundesregierung Kärnten unter Kuratel zu stellen.
In diesem Zusammenhang ist das forsche Auftreten des österreichischen Finanzministers Hans-Jörg Schelling bemerkenswert: Dieser hatte in den vergangenen Tagen Griechenland besonders heftig attackiert und gesagt, man verliere die Geduld mit den Griechen. Nun müssen sich die österreichischen Politiker darauf einstellen, dass die Bürger mit ihnen die Geduld verlieren. Allerdings sind sie an dem Desaster mitschuldig: Die Kärntner haben ihren spendablen Landeshauptmann Jörg Haider jahrelang mit sagenhaften Mehrheiten ausgestattet. Haider hatte in Kärnten eine besondere Volksnähe bewiesen, kannte die meisten seiner Wählern mit Namen und hat jedem Verein, der bei ihm vorstellig wurde, großzügige Zuwendungen aus der Staatskasse versprochen.
Nun müssen die Kärntner für die Folgen bezahlen: Mit einer Gesundheitsreform sollen zehn Millionen Euro eingespart werden. Die Bettenanzahl in den Kliniken soll um acht Prozent reduziert werden, zudem werden Abteilungen aufgelassen. In neuen „Primary Health Care“-Zentren wird künftig ein leitender Allgemeinmediziner mehrere Bereiche abdecken, berichtet der ORF.
Der ORF listet einige der Projekte auf, die nun vor dem finanziellen Aus stehen - und man muss sich fragen, warum diese Projekte überhaupt jemals Steuergelder erhalten haben:
Das Kulturforum Amthof in Feldkirchen hat beispielsweise das traditionelle Pfingstfestival für alte Musik abgesagt. Fehlende Mittel seitens des Landes haben auch zur Absage der Veranstaltung „Summerjazz“ im Klagenfurter Burghof geführt. Zwei Ausstellungen im Museum Moderner Kunst Kärnten mussten auf unbestimmte Zeit verschoben werden.
Auch die Kooperation des Landes mit dem ORF bei den Tagen der Deutschsprachigen Literatur (Bachmannpreis) ist in Frage gestellt: Der Zuschuss in der Höhe von 10.000 Euro dürfte entfallen. Der Bewerb ist aber nicht gefährdet.
Auch Sportvereine sind von den Sparmaßnahmen betroffen. Vom Kärntner Landesruderverband heißt es, dass die 83. Internationale Kärntner Ruderregatta am 30. und 31. Mai abgesagt werden muss. Der Ruderverband werde ausschließlich von ehrenamtlichen Funktionären geführt und sei fast ausschließlich von den Subventionen des Landes abhängig, heißt es in einer Aussendung: „Aufgrund der derzeitigen prekären finanziellen Lage des Landes Kärnten und der damit verbundenen ausständigen Subventionen bleibt dem Kärntner Landesruderverband nichts anderes übrig, als eine der größten Ruderregatten im Alpe-Adria-Raum abzusagen.“ Alles andere als eine Absage wäre fahrlässig, heißt es in der Aussendung des Ruderverbandes, man sei jedoch zuversichtlich, dass die Regatta im Jahr 2016 wieder stattfinden werde.
Kritisch ist die Lage offenbar auch bei dem Klagenfurter Volleyballverein Wörtherseee Löwen. Der Verein hat nach eigenen Angaben rund 250 aktive Mitglieder, der Großteil davon sind Kinder und Jugendliche. Vom Land gebe es vermutlich weniger oder keine Subventionen, die Unterstützung der Stadt werde auch immer weniger, heißt es in einem Schreiben an die Sportler und die Eltern. Es sei fraglich, ob der Spielbetrieb in der nächsten Saison im bisherigen Ausmaß aufrecht erhalten werden könne. Der Verein muss nun über eine drastische Erhöhung der Mitgliedsbeiträge nachdenken und sucht neue Sponsoren.
Diese Einschnitte dürften erst der Anfang sein: Kärnten garantiert noch aktuell für Hypo-Papiere mit einem Volumen von gut elf Milliarden Euro. Ein weiteres Gerichtsverfahren um die Banken-Pleite wird kommen, denn die BayernLB verklagt das Bundesland auf 2,6 Milliarden Euro.
Österreich selbst fühlt sich nicht für die Hypo-Gläubiger zuständig und verweist sie an Kärnten, welches die Milliarden-Garantien ausgestellt hat. Der österreichische Finanzminister Hans Jörg Schelling gibt den Gläubigern sogar eine Mitschuld an der Misere, denn sie hätten über das Risiko Bescheid wissen müssen und waren deshalb zu unvorsichtig.