Politik

Isolierung Russlands funktioniert nicht: Kerry sucht überraschend Putin auf

US-Außenminister John Kerry trifft am Dienstag überraschend Präsident Putin in Sotschi. Es dürfte auch um einen Militäreinsatz der Nato im Mittelmeer gehen. Das unerwartete Treffen zeigt, dass die Amerikaner die Kooperation mit Russland brauchen und Putin nicht einfach als Chef einer Regionalmacht diskreditieren können.
12.05.2015 02:32
Lesezeit: 2 min

Kehrtwende in der russisch-amerikanischen Diplomatie: US-Außenminister John Kerry ist zu einer Reise ins russische Sotschi aufgebrochen. Dort wird er überraschend auch mit Russlands Präsident Wladimir Putin zusammentreffen. Zunächst war nur ein Treffen mit seinem Amtskollegen Sergej Lawrow geplant gewesen. Dies bestätigte die Sprecherin des Außenministeriums, Marie Harf, auf einer Pressekonferenz in Washington. Harf sagte, dass Kerry mit Putin über die wichtigen weltpolitischen Brennpunkte sprechen werde. Dazu gehörten neben Syrien und dem Iran auch die Ukraine.

Möglicherweise hängt der Besuch aber vor allem mit den Plänen der EU und der Nato zusammen, militärische Operationen gegen Libyen zu starten. Die Nato will ermittelt haben, dass eine neue islamistische Allianz in Libyen Stellungen bezogen habe. Die EU will mit militärischer Gewalt gegen Schlepper vorgehen, um den Flüchtlingsstrom nach Europa zu stoppen. Derzeit wird eine UN-Resolution vorbereitet. Russland hatte zunächst angekündigt, ein Veto gegen diesen Einsatz einlegen zu wollen. Es ist anzunehmen, dass Kerry bei Putin dafür werben wird, dieses Veto nicht auszuüben. Ob Putin sich umstimmen lässt, ist wegen des neuen Kalten Krieges um die Ukraine höchst fraglich.

Bisher hatten die Amerikaner versucht, Russland unter Putin in der Weltpolitik zu isolieren. So einfach, wie sich die US-Regierung dies vorstellt, scheint dies allerdings nicht zu gehen: Die Amerikaner können in der globalen Gemengelage nicht mehr allein agieren. Harf sagte, sie würde nicht von einer Normalisierung sprechen. Dies war interessanterweise nicht negativ gemeint. Auf Journalistennachfrage, warum sie denn den Begriff Normalisierung nicht verwenden wolle, sagte Harf, dieser Begriff sei eher im Zusammenhang mit Kuba zu verwenden. Daraus lässt sich schließen, dass die US-Administration versucht, die Lage so darzustellen, als habe es keine gravierenden Spannungen zwischen Moskau und Washington gegeben.

Harf sagte, man wisse noch nicht, was man von den Russen in den Gesprächen erwarten könne. Außenminister Kerry werde jedoch versuchen, den diplomatischen Prozess zum Thema Syrien wieder in Gang zu setzen. Dies werde eines der Hauptthemen der Konversation sein. Die USA und Russland hätten in den vergangenen Monaten immer gut zusammengearbeitet, es habe mehrere Gespräche zwischen Kerry und seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow gegeben. Harf sagte jedoch, dass das Treffen mit Putin von größerer Bedeutung sei.

Harf sagte, dass man im US-Außenminister zu der Erkenntnis gelangt sein, dass es wichtig sei, mit Putin direkt zu sprechen. Man sei zu der Überzeugung gelangt, dass es sinnvoll sei, Putin zu treffen, wenn Kerry schon einmal in Sotschi zu Besuch sei. Die Entscheidung zu dem Besuch sei gemeinsam mit den Russen getroffen worden. Man wolle mit dem Treffen auch signalisieren, dass es eine funktionierende Kommunikation zwischen Moskau und Washington gebe.

Russland begrüßte das Treffen naturgemäß. Ein russischer Diplomat sagte der FT, es sei eine weise Entscheidung Kerrys, nach Moskau zu kommen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Immobilien
Immobilien Klimaanlage einbauen: Was Sie vor dem Kauf wissen müssen
02.07.2025

Die Sommer werden heißer – und die Nachfrage nach Klimaanlagen steigt. Doch der Einbau ist komplizierter, als viele denken. Wer nicht in...

DWN
Technologie
Technologie Balkonkraftwerke: 220.000 neue Anlagen binnen sechs Monaten
02.07.2025

Mehr als 220.000 neue Balkonkraftwerke sind in Deutschland binnen sechs Monaten ans Netz gegangen. Während Niedersachsen glänzt, fallen...

DWN
Politik
Politik USA frieren Waffenlieferungen an die Ukraine ein – Prioritäten verschieben sich
02.07.2025

Die USA stoppen zentrale Waffenlieferungen an die Ukraine. Hinter der Entscheidung steckt ein geopolitischer Kurswechsel, der Europa...

DWN
Politik
Politik Stromsteuer: Kommt jetzt die Entlastung für alle?
02.07.2025

Die Stromsteuer spaltet das schwarz-rote Bündnis – und mit ihr die Frage, ob Bürger und Betriebe wirklich entlastet werden. Während...

DWN
Panorama
Panorama Hitzewelle in Deutschland: Temperaturen bis 40 Grad und drohende Unwetter
02.07.2025

Deutschland ächzt unter extremer Hitze, örtlich steigen die Temperaturen auf bis zu 40 Grad. Experten warnen vor Unwettern, Waldbränden...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell stabil: Deutsche Goldinvestments erholen sich – wie Anleger jetzt reagieren sollten
02.07.2025

In den vergangenen Wochen war die Goldpreis-Entwicklung von Volatilität geprägt. Das ist auch zur Wochenmitte kaum anders: Obwohl sich...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Hitzestress am Arbeitsplatz: Mehr Krankmeldungen bei Extremtemperaturen
02.07.2025

Extreme Sommerhitze belastet nicht nur das Wohlbefinden, sondern wirkt sich zunehmend auf die Arbeitsfähigkeit aus. Bei Hitzewellen...

DWN
Politik
Politik Europa vor dem Zerfall? Ex-Premier Letta warnt vor fatalem Fehler der EU
02.07.2025

Europa droht, zum Museum zu verkommen – oder zum Spielball von Trump und China. Italiens Ex-Premier Letta rechnet ab und warnt vor dem...