Politik

EU gespalten: Österreich will nicht an Militär-Einsatz gegen Flüchtlings-Boote teilnehmen

Für Österreich kommt eine Teilnahme am EU-Militäreinsatz gegen Schlepper-Boote nicht in Betracht. Das Land verweist auf sein Neutralitätsgebot. Derzeit ist noch völlig unklar, welche EU-Staaten sich am Militär-Einsatz im Mittelmeer beteiligen werden. Auch Bundesaußenminister Steinmeier hat Zweifel an der Aktion.
16.05.2015 00:01
Lesezeit: 2 min

Österreich wird sich offenbar nicht am EU-Militäreinsatz gegen Schlepper-Boote im Mittelmeer beteiligen. Der sicherheitspolitische Sprecher der Grünen in Österreich, Peter Pilz, sagte den Deutschen Wirtschafts Nachrichten:

„Ich kann mir nicht vorstellen, dass es eine österreichische Beteiligung am EU-Militäreinsatz im Mittelmeer gibt. Keiner in Österreich will einen derartigen Einsatz - auch unser Bundeskanzler ist dagegen. Maßgeblich für Österreich ist das Neutralitätsgebot. Woher wollen die Jet-Piloten denn erkennen, dass es sich bei einem Wasserobjekt um ein Boot handelt, welches später ein Flüchtlings-Boot werden soll? Die Wahrscheinlichkeit, dass unschuldige Fischer von EU-Jets bombardiert werden ist groß. Es wäre viel sinnvoller, legale Flüchtlings-Routen nach Europa einzurichten. Das bedeutet natürlich nicht, dass es einen unbegrenzten Zustrom geben wird. Notwendig sind Erstverfahren in Libyen, Syrien und im Libanon. Bei der Aufnahme von Flüchtlingen stellen sich insbesondere Länder wie Tschechien oder Ungarn, aber vor allem Großbritannien quer. Sie wollen keine Aufnahme gewährleisten. Allerdings ist die Ablehnung von Flüchtlingen in diesen Staaten innenpolitisch motiviert, weil rechte Oppositionsparteien das Flüchtlings-Thema ausschlachten und die Regierungen sich zu politischen Geiseln machen lassen.“

Die Internationale Organisation für Migration (IOM) meldet in einer Mitteilung, dass sie zwar die Zerschlagung von kriminellen Menschenschmuggler-Organisationen seitens der EU unterstütze. „Doch wir haben ernsthafte Bedenken, was die Vorschläge zur systematischen Identifizierung und Zerstörung von Schmuggler-Booten angeht, die im Rahmen der Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) erfolgen soll“, so die IOM.

Derzeit sei es völlig unklar, welche EU-Staaten sich am Militär-Einsatz im Mittelmeer beteiligen werden, so Pilz. Gegen die Aufnahme von Flüchtlingen aus Afrika wehrt sich insbesondere Polen. Dabei zeigen sich diese gegenüber ukrainischen Flüchtlingen wesentlich aufnahmebereiter. Im vergangenen Jahr hat Polen 331.000 Kurzarbeit-Genehmigungen an Ukrainer erteilt. Zwischen 2007 und 2013 hat Polen insgesamt 67 Milliarden Euro an EU-Fördergeldern aus den Strukturfonds erhalten.

Aus Syrien will Polen dagegen nur 100 Flüchtlinge aufnehmen - und das erst 2016. 

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hat sich ebenfalls zurückhaltend zu einem EU-Militäreinsatz gegen Schleuserbanden im Mittelmeer geäußert. Beim Besuch eines jordanischen Flüchtlingscamps bekräftigte er am Samstag, dass für ihn die Rettung von Flüchtlingen in Seenot im Vordergrund stehe. Daran beteiligt sich die Bundeswehr bereits mit zwei Schiffen.

Gleichzeitig müsse der Schlepperkriminalität das Handwerk gelegt werden, sagte Steinmeier. Er fügte aber hinzu: «Wie genau das gelingen kann und ob die Kooperation mit Staaten in Afrika gelingt, die wir brauchen, das ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht zu sagen.»

Die Außen- und Verteidigungsminister der EU wollen am Montag in Brüssel versuchen, eine gemeinsame Linie zu finden. Zu einem Militäreinsatz hat die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini ein Konzept entwickelt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Kunstmarkt: Familienangelegenheiten im Auktionshaus Lempertz - und was Unternehmer davon lernen können
09.05.2025

Lempertz in Köln ist das älteste Auktionshaus der Welt in Familienbesitz. Isabel Apiarius-Hanstein leitet es in sechster Generation. Erst...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnquartiere als soziale Brennpunkte: Armut, Migration und Überalterung – Ghettobildung nimmt zu
09.05.2025

Armut, Migration, Wohnungsmangel, Überalterung und Einsamkeit: Immer mehr Wohnquartiere in Deutschland sind überfordert. Eine neue Studie...

DWN
Finanzen
Finanzen Commerzbank-Aktie auf Rekordkurs nach starkem Quartalsgewinn – und nun?
09.05.2025

Die Commerzbank-Aktie hat zum Start in den Börsenhandel am Freitag zugelegt – und im Handelsverlauf ein neues Jahreshoch erreicht. Das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU schlägt zurück: Diese US-Produkte stehen nun im Visier von Brüssel
09.05.2025

Die Europäische Kommission hat eine umfassende Liste von US-Produkten veröffentlicht, auf die im Falle eines Scheiterns der Verhandlungen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Daimler-Sparprogramm: Was plant Daimler Truck in Deutschland?
09.05.2025

Der Nutzfahrzeughersteller Daimler Truck strebt an, seine Wettbewerbsfähigkeit in Europa zu erhöhen und hat sich mit dem...

DWN
Panorama
Panorama Endlos-Hitze droht im Sommer: Wetterextreme betreffen jüngere Generationen erheblich stärker
09.05.2025

Endlos-Hitze droht im Sommer - diese Schlagzeile geistert an diesem Freitag durch die Medien. Klar ist, dass die Folgen der globalen...

DWN
Technologie
Technologie Datenfalle USA: Warum viele Unternehmen in Gefahr sind - ohne es zu merken
09.05.2025

Viele Unternehmen übertragen täglich Daten in die USA – und merken nicht, dass sie damit in eine rechtliche Falle tappen könnten. Das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chinas Exporte überraschen - Fokus auf die USA
09.05.2025

Trotz des anhaltenden Handelskonflikts mit den Vereinigten Staaten sind Chinas Exporte überraschend robust geblieben. Der Außenhandel mit...