Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hat die Verhängung des Kriegsrechts angedroht. Sollte es einen Angriff auf das Militär geben, werde er den Kriegszustand ausrufen, sagte der Staatschef am Donnerstag in einem Fernsehinterview. In der Ostukraine seien 50.000 Soldaten stationiert, betonte er. «Die Ukraine wird nicht ihre Bereitschaft zum Krieg zeigen, sondern zum Sieg und zur Verteidigung, zum Frieden», sagte der 49-Jährige zum ersten Jahrestag seiner Wahl. Die ukrainischen Soldaten seien anders als noch vor einem Jahr eine «mächtige Gruppierung». In dem Land sind zudem Hunderte Militärausbilder aus den USA, Großbritannien und bald auch aus Kanada im Einsatz. Nach ukrainischen Angaben stehen dem Militär etwa 40.000 von Russland unterstützte Rebellen gegenüber.
Der Drohung waren Warnungen vor einer russischen Truppen-Zusammenballung an der Grenze vorangegangen. Ein Armeesprecher sagte in Kiew, Journalisten hätten beobachtet, wie sich alte russische Panzer an der Grenze formieren. Angeblich hätten die Fahrzeuge ihre russischen Hoheitsabzeichen entfernt. Ob namentlich nicht genannte Journalisten wirklich beurteilen können, was jenseits der Grenze vor sich geht, ist schwer zu beurteilen. Interessant ist, dass die US-Geheimdienste noch nichts dergleichen gemeldet haben. Normalerweise ist die Nato die erste Organisation, die vor einer neuen Gefahr aus dem Osten warnt.
Auch die OSZE-Beobachter melden in ihrem Bericht nichts von heimlichen Truppenbewegungen: Am Donnerstag beobachtete die OSZE gemeinsam mit russischen und ukrainischen Grenzsoldaten den 27. russischen Hilfskonvoi, der mit 50 Fahrzeugen humanitäre Hilfe in die Ukraine brachte. Auch von diesem Konvoi hatte Kiew zuvor behauptet, er verfolge militärische Ziele.
Die OSZE beobachtete jedoch am Mittwoch, dass in Odessa offenbar wieder neue Aktionen des Rechten Sektors anlaufen. Solche Aktivitäten sind besonders gefährlich, weil die Rechtsextremen in den vergangenen Monaten immer wieder mit Provokationen für Unruhe gesorgt hatten.
Die russische Nachrichtenagentur TASS meldete, dass die ukrainische Armee schwere Waffen im Kriegsgebiet zusammenziehe. Auch für diese Meldung gibt es keine unabhängige Bestätigung.
Sollte es zu einer neuen Eskalation kommen, könnte die Ukraine schon bald in den offiziellen Staatsbankrott schlittern. Ein entsprechendes Schulden-Moratorium hat Poroschenko am Donnerstag unterzeichnet. Damit müsste Russland einen langwierigen Rechtsstreit auf sich nehmen, um seine Kredite zurückzubekommen. Es ist durchaus denkbar, dass es Poroschenko genau diesem Grund auf eine weitere Eskalation ankommen lässt.