Die seit rund vier Monaten laufenden Verhandlungen zwischen Athen und den internationalen Kreditgebern sind noch immer nicht zum Abschluss gekommen. Es steht das Angebot, 10,9 Milliarden Euro aus dem EFSF – ein Betrag, der ursprünglich für die Bankenrekapitalisierung vorgesehen war und bisher zurückgehalten wurde –umzuwidmen und zur Finanzierung Griechenlands bis über den Sommer hinaus zur Verfügung zu stellen, sozusagen als Überbrückungs-Hilfe an den griechischen Staat bis zur Aushandlung eines dritten „Programms“.
Dies setzt jedoch voraus, dass sich Griechenland mit den „Institutionen“ einigt, wodurch das Land auch die ausstehenden 7,2 Milliarden Euro aus den Krediten von EFSF und IWF bis Ende Juni erhalten könnte. Außerdem ist die Verlängerung des Ende Juni auslaufenden Hilfsprogramms um mehrere Monate als Option im Gespräch.
Auf Antrag der griechischen Zentralbank gewährte der IWF der Regierung in Athen Aufschub für die am Freitag fällige Kredittranche in Höhe von 300 Millionen Euro. Alle in Juni fälligen Raten von insgesamt 1,6 Milliarden Euro müssen demnach erst am Monatsende gezahlt werden, erklärte ein IWF-Sprecher am Donnerstag. Beim IWF ist in diesem Zusammenhang von der „Sambia-Option“ die Rede, benannt nach dem afrikanischen Land, das in den 80er Jahren als IWF-Schuldner von einer Zahlungsaussetzung Gebrauch machte.
Zeitgleich kommt nun am Donnerstag ein griechischer Untersuchungsausschuss zu dem Ergebnis, dass Deutschland dem griechischen Staat „unbezahlte Reparationsforderungen“ in Höhe von 280 bis 340 Milliarden Euro schulde. Dies meldet die griechische Tageszeitung Kathimerini.
Fünf Beamte aus dem griechischen Rechnungshof – der dem Finanzministerium zugeordnet ist – erschienen laut Kathimerini vor dem Untersuchungsausschuss. Demzufolge sei das Gremium unter Leitung von Panayiotis Karakousis zu dem Ergebnis gekommen, dass sein Team keine Beweise dafür gefunden hat, dass Griechenland auf seinen Anspruch auf die im Zweiten Weltkrieg entstandenen Reparationen verzichtet hat.
Der 66-jährige Karakousis, den das Finanzministerium wieder aus der Pension geholt hatte, sagte schon Ende letzten Jahres: „Wir sind Technokraten. Ich habe meine Wut beiseitegelegt und versucht, alles objektiv zu berechnen. Und ich möchte betonen, unsere Untersuchungen haben kein politisches Ziel, und sie haben nichts zu tun mit der Kredithilfe für Griechenland.“.
Der stellvertretende griechische Finanzminister Dimitris Mardas hatte Anfang April die Reparationsforderungen Griechenlands für die Zeit des Nationalsozialismus auf 278,7 Milliarden Euro beziffert. Auf diese Summe kam nach einer ersten Auswertung ein Parlamentsausschuss, der sich mit den Entschädigungen befasste.
Bereits bei seiner Berlin-Visite Ende März hatte Premier Alexis Tsipras der deutschen Kanzlerin mitgeteilt, ihr Land habe eine moralische Pflicht, die Angelegenheit zu regeln. Tsipras hatte dabei aber keine konkreten Zahlen genannt.