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Deutsche Autobauer wollen Nokia-Kartendienst übernehmen

BMW, Daimler und Audi wollen gemeinsam Europas führenden Kartendienst Nokia Here kaufen. Der Wert des Dienstes wird auf bis zu vier Milliarden Euro geschätzt. Dadurch wollen sich die Autobauer von der Abhängigkeit zu Google lösen.
18.06.2015 15:46
Lesezeit: 2 min

Das Rennen um Europas führenden Kartendienst Nokia Here geht in die entscheidende Runde. Die Autobauer BMW, Daimler und Audi legen nach Informationen von Insidern eine milliardenschwere Offerte vor. Dadurch sollen die konkurrierenden Bietergruppen um den umstrittenen Fahrdienst Uber und IT-Unternehmen aus China ausgestochen werden. Die Frist zur Abgabe der Gebote läuft am Donnerstag aus. BMW, Daimler und Audi wollten sich nicht dazu äußern. Fachleute schätzen den Wert von Nokia Here auf bis zu vier Milliarden Euro.

Der Bieterkampf wird mit harten Bandagen geführt, da die digitale Kartentechnik zur Vernetzung von Fahrzeugen oder beim zukunftsträchtigen Geschäft mit selbstfahrenden Autos immer wichtiger wird. Die von Roboterhand gesteuerten Wagen sollen die Fahrstrecke in Zukunft mit Sensoren abtasten und mit den Werten aus der Datenwolke der digitalen Kartenanbieter abgleichen, um sicher ans Ziel zu steuern. Nokia hat nach Einschätzung von Experten das am weitesten entwickelte Kartenangebot und wird bereits von Audi, BMW und Daimler eingesetzt. Die Analysten von Exane BNP schätzen den Markt von vernetzten Fahrzeugen auf insgesamt 50 Milliarden Dollar. Die Autobauer wollen verhindern, dass IT-Konzerne die Kontrolle über die Schlüsseltechnologie gewinnen, um so die Preise zu diktieren und die lukrativen neuen Geschäfte mit den Daten zu dominieren.

Reuters hatte Ende Mai von einem Insider erfahren, dass BMW, Daimler und Audi jeweils rund 700 Millionen Euro für Nokia Here ausgeben wollen. Branchenkenner schätzen, dass die Gruppe zusammen mit dem Finanzinvestor General Atlantic rund drei Milliarden Euro aufrufen könnte. Wie hoch das Gebot insgesamt wäre, blieb zuletzt offen. Im Umfeld der Konzerne hieß es zuletzt, dass die Gruppe nicht bereit sei, beim Preis allzu viel obendrauf zu legen. Nach Ansicht von Arndt Ellinghorst von Evercore ISI wären selbst vier Milliarden für die Autobauer-Allianz erschwinglich. Zusammen verfügten die drei deutschen Konzerne alleine über fast 50 Milliarden Euro an Barmitteln in ihren Bilanzen, rechnet der Autoanalyst vor und fügt hinzu: „Ich bin fest überzeugt, dass sich die deutschen Hersteller das nicht aus der Hand nehmen lassen.“

Die Konkurrenz ist ebenfalls entschlossen, sich das zukunftsträchtige Geschäft nicht entgehen zu lassen. Der Fahrdienstanbieter Uber, dem sich die chinesische Internet-Suchmaschine Baidu angeschlossen hat, soll einem Medienbericht zufolge bereits drei Milliarden Dollar für Nokia Here geboten haben. Die dritte Gruppe besteht Insidern zufolge aus den beiden chinesischen IT-Firmen Tencent, NavInfo und dem schwedischen Finanzinvestor EQT. Am Ende wird nach Einschätzung von Experten mitentscheidend sein, ob Nokia das Risiko eingeht, einem IT-Konzern den Zuschlag zu geben und die deutschen Autobauer damit zu vergraulen. Insider weisen darauf hin, dass der Nokia-Dienst an Wert verlieren könnte, wenn die Hersteller zu einem anderen Anbieter wechseln.

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