Finanzen

Wie die Griechen: Anleihen der Bundesländer finden keine Käufer

Erneut konnte eine Anleihe der Bundesländer nicht im gewünschten Maß platziert werden. Immer mehr Länder-Emissionen scheitern. Im letzten Jahr fingen einige Bundesländer an, die so genannten Spreads bei der Emission, also den Zinsabstand zu vergleichbaren Papieren, so stark auszureizen, dass immer mehr Anleihenemissionen kaum noch Abnehmer fanden.
26.06.2015 01:56
Lesezeit: 3 min

Im Trubel um Griechenland ist es nur eine Randnotiz: Schon wieder konnte eine Anleihe der Bundesländer nicht im gewünschten Maß platziert werden. Doch das war kein einmaliger Ausrutscher, sondern der nächste Schritt hin zu echten Refinanzierungsproblemen.

Anfang der Woche hatten sieben Bundesländer versucht, gemeinsam eine fünfjährige Länderschatzanweisung über ein Gesamtvolumen von 1 Milliarde Euro am Primärmarkt zu platzieren. Doch dieser Deal wurde verpatzt. Hinter vorgehaltener Hand schätzten Händler, dass allenfalls rund 200 Millionen Euro untergebracht worden sind. Das ist aber beileibe kein Einzelfall, sondern ordnet sich nahtlos in eine ganze Reihe fehlgeschlagener Emissionen seit dem letzten Jahr ein.

Wobei der Schwarze Peter eindeutig den Bundesländern als verantwortliche Emittenten zugeschrieben werden muss. Es war auch zu verlockend. Allein im letzten Jahr hatten sich die Refinanzierungskosten des Bundes bei neuen Anleihen-Emissionen geradezu dramatisch verbessert. Bei den 10-jährigen Bundesanleihen ging es binnen Jahresfrist um 150 Basispunkte, also 1,5 Prozentpunkte nach unten. Im Anleihenmarkt sind das Welten. Der absolute Tiefpunkt wurde dabei im April dieses Jahres erreicht, als die durchschnittliche Rendite 10-jähriger Bundesanleihen auf nur noch 0,07 Prozent fiel.

Immer mehr Länder-Emissionen scheitern

An diesen Zug hängten sich die Bundesländer mit ihren eigenen Emissionen dran. In der Regel müssen sie im Vergleich zu Bundesanleihen vergleichbarer Laufzeiten rund 10 und 20 Basispunkte mehr anbieten. Im letzten Jahr fingen aber einige Bundesländer an, die so genannten Spreads bei der Emission, also den Zinsabstand zu vergleichbaren Benchmark-Papieren, so stark auszureizen, dass immer mehr Anleihenemissionen kaum noch Abnehmer fanden. Das Problem dabei:

Wer als Investor bei einer Emission zugreift, spekuliert natürlich darauf, dass er später im Sekundärhandel über Kursgewinne seinen Gewinn macht. Das gilt besonders dann, wenn die Kuponrenditen auf so geringem Niveau liegen wie bei Staats- und Kommunalanleihen. Doch wenn die Emissionsrendite jegliches Potenzial schon ausgeschöpft hat, wird ein Investment uninteressant. Und das ist immer häufiger passiert.

Per Stand Ende April wurde den Bundesländern nun schon eine deftige Rechnung präsentiert. Zwar gibt es keine verlässlichen Statistiken, wie viel von den einzelnen Emissionen in diesem Jahr wirklich platziert werden konnte, da entsprechende Berichte nicht so detailliert veröffentlicht werden müssen. Doch es ist ein offenes Geheimnis, dass von den insgesamt 26 Neuemissionen der Bundesländer wohl nur 7 bis 10 als tatsächlicher Erfolg verbucht werden konnten. Bei den anderen wurde geschätzt nur ein Drittel des geplanten Emissionsvolumens tatsächlich platziert.

Das hat für den Primärmarkt weit reichende Konsequenzen. Und das für alle Beteiligten.

Bundesländer spielen Unschuld, geben aber selbst den Takt vor

Die Bundesländer sehen sich nach eigener Einschätzung zu Unrecht dem Vorwurf ausgesetzt, durch ihre aggressive Preispolitik bei den Neuemissionen den Markt kaputt zu machen. Sie verweisen darauf, dass sie die niedrigsten Angebote annehmen müssen, weil sie ansonsten Ärger mit dem Rechnungshof bekämen. Doch scheint das eher eine Schutzbehauptung zu sein. Denn solch ein auffälliges Zinsdrücken ist bislang bei anderen halbstaatlichen Emittenten wie zum Beispiel der KfW nicht aufgefallen.

Zum anderen wird aus den Banken berichtet, dass die Bundesländer sehr forsch bei der Vergabe von Platzierung-Mandaten vorgehen. War es früher üblich, im Vorfeld einer geplanten Emission ohne konkrete Vorgaben zu Volumen, Laufzeit und Zins Beratungen und Vorschläge bei den Banken einzuholen, sollen die Bundesländer inzwischen sehr konkret werden und faktisch nur noch das billigste Zinsangebot abfragen.

Wie gut können Banken mit eigenem Risiko noch beraten?

Die Finanzinstitute sind an der Misere sicherlich nicht ganz unschuldig. Schließlich waren sie es, die im Wettbewerb um Platzierungs-Mandate den Bundesländern entgegen gekommen sind. Wohl wissend, dass das auf längere Sicht Probleme mit sich bringen dürfte. Die zeigen sich jetzt.

Denn wenn eine Emission nicht vollständig platziert wird, landet der Rest in den eigenen Handelsbüchern der betreffenden Bank. Die muss dann zusehen, wie sie die Papiere Stück für Stück über den Sekundärhandel wieder los wird. Natürlich bedeutet das am Ende, dass die Zurückhaltung bei neuen Emissionen wächst, da man nicht das Handelsbuch weiter aufblähen will.

Und auch hinter den Beratungsleistungen bei zukünftigen Emissionen können in solchen Fällen dann wohl Fragezeichen gesetzt werden, da die Banken zwar das Mandat wollen, aber darauf achten, beispielsweise keine weitere Anleihe mit gleicher Laufzeit in die Bücher zu bekommen, wenn sie noch auf Altbeständen sitzen. Es wird also nicht das gemacht, was am sinnvollsten wäre, sondern das, was am wenigstens selbst belastet.

Institutionelle Investoren ziehen sich zurück

Der Unmut der Investoren über das Vorgehen der Bundesländer und der begleitenden Banken ist mit den Händen greifbar. Kein Wunder, dass sich immer mehr institutionelle Anleger aus dem Markt zurückziehen. Der sprichwörtlich Dumme könnte wieder einmal der Privatanleger sein, der aus fehlender Informationslage heraus die überteuerten Anleihen der Bundesländer aus Sicherheitserwägungen in sein Depot nimmt und dann zum einen keine Kurssteigerungen erlebt und zum anderen auf Minizinsen sitzen bleibt.

Dabei können es sich die Bundesländer nicht leisten, die Investoren zu vergraulen. Aktuell agieren sie aus einer falsch verstandenen Position der Stärke heraus. Das bedeutet, es geht den meisten Länderhaushalten gut bis sehr gut, was sich auch insgesamt in einer eher niedrigen Emissionstätigkeit zeigt. Doch wird dabei übersehen, dass hier laufende Refinanzierungen notwendig sind.

So sind in den kommenden 12 Monaten rund 50 Milliarden Euro an fällig werdenden Anleihen zu refinanzieren. Wie das gelingen soll in einem Markt, der immer mehr fehlgeschlagene Platzierungen erlebt, ist fraglich. Die Emittenten versuchen zwar bereits gegenzusteuern, indem immer kleinere Emissionen an den Markt kommen. Doch das ist eine Milchmädchenrechnung. Denn so lange kein Umdenken bei den Preisvorstellungen und generell bei der Platzierungs-Strategie passiert, schlittert der Markt für Länderanleihen immer tiefer in die Illiquidität. Und das kostet den Emittenten am Ende mehr als nur ein paar Basispunkte Zins.

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