Politik

Griechenland-Krise: Russland lässt die EU eiskalt auflaufen

Russland denkt nicht daran, der EU mit Griechenland durch Kredite aus der Patsche zu helfen: Man werde allerdings jede Lösung unterstützen, die die EU für Griechenland vorschlägt, heißt es süffisant aus Moskau.
19.06.2015 14:24
Lesezeit: 2 min

Die russische Regierung macht keine Anstalten, der EU und Griechenland bei ihrem Schuldenstreit helfend zur Seite zu springen: Kredite aus Moskau wird es nicht geben – allerdings jede Menge an hintergründiger Ironie, die man sehr schön erkennen kann, wenn man die entsprechenden Reuters-Meldungen liest:

12.46 Uhr - Russland hat nach Worten von Finanzminister Anton Siluanow nicht die Absicht, einheimische Firmen, die in Griechenland investieren wollen, zu unterstützen. Die Unternehmen könnten natürlich interessante Projekte verfolgen, aber sollten dabei keine staatliche Hilfe erwarten, zitierte die Nachrichtenagentur Ria den Finanzminister.

11.02 Uhr - Griechenland muss nach Angaben eines Sprechers des russischen Präsidialamtes zunächst einen Vorschlag zu möglichen Finanzhilfen präsentieren, bevor Russland etwas unternehmen kann.

10.38 Uhr - Russland ist nach Worten des stellvertretenden Ministerpräsidenten Arkadi Dworkowitsch bereit, über Finanzhilfen für Griechenland nachzudenken. "Wir werden jede Lösung zur Beilegung der griechischen Schuldenkrise unterstützen, die Griechenland und unsere europäischen Partner vorschlagen", sagte er der Agentur Tass zufolge im Fernsehen.

Die EU hatte insgeheim gehofft, dass Russlands Präsident Wladimir Putin als „Weißer Ritter“ die Griechen mit neuen Krediten versorgen könnte. Doch die EU hat durch ihre Sanktionspolitik die Russen nachhaltig verprellt und in eine Position gebracht, nur noch ihre eigenen Interessen zu wahren. Die EU und die meisten EU-Staaten sind in den Augen der Russen nicht mehr vertrauenswürdig.

Das einzige Interesse, das Russland aktuell verfolgt, ist die Versorgung des europäischen Gasmarkts. Die Isolation der Ukraine als geopolitischer Kampfplatz zwingt die Russen dazu, neue Wege zu finden, wie der gute Kunde EU beliefert werden kann. Daher liegt der Schwerpunkt auf entsprechenden Infrastruktur-Projekten: Die staatliche Förderbank VEB und auch andere Geldhäuser werden sich an der Finanzierung der Pipeline Turkish Stream beteiligen, die auch durch Griechenland führt. Dies sagte der russische Energieminister Alexander Nowak am Freitag beim Internationalen Wirtschaftsforum in St. Petersburg. Wie hoch die Kosten sein werden, sei noch unklar. Der russische Staatskonzern Gazprom werde den griechischen Teil von Turkish Stream nicht besitzen, betonte Nowak. Die Pipeline soll russisches Gas über die Türkei und Griechenland in europäische Länder transportieren. Russland hat bereits angekündigt, gemeinsam mit europäischen Energie-Konzernen die Ostsee-Pipeline auszubauen.

Wie die EU als größter Gläubiger dagegen einen Total-Verlust ihres Investments in Griechenland verhindert, ist nicht das Problem Russlands.

Die EZB, deren Problem ein griechischer Crash dagegen sehr wohl ist, hat bei Notkredite für die griechischen Banken am Freitag erneut erhöht. Die neue Kreditlinie soll bis Montag gelten. Dann treffen sich die EU-Staats- und Regierungschefs zum schon traditionellen letzten Rettungsversuch. Für Angela Merkel und Francois Hollande steht besonders viel auf dem Spiel: Scheitert Griechenland, haben die beiden 160 Milliarden Euro verzockt - eine Rekordsumme in der Geschichte des politischen Wahnsinns.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik NATO fordert 5 Prozent fürs Militär – doch Europas Regierungen spielen weiter auf Zeit
04.06.2025

Während Russland aufrüstet und zum Gegenschlag bereitsteht, warnt die NATO vor einem historischen Sicherheitskollaps – doch viele...

DWN
Politik
Politik Grenzkontrollen: Dobrindt und Frei verteidigen Linie der Bundesregierung
04.06.2025

Ein Gerichtsurteil stellt die Rechtmäßigkeit aktueller Grenzpraktiken infrage – doch Innenminister Dobrindt und Kanzleramtschef Frei...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Firmen vor Engpässen bei seltenen Erden aus China
04.06.2025

China verschärft seine Exportkontrollen bei strategisch wichtigen Mineralien – mit direkten Folgen für die deutsche Industrie. Vor...

DWN
Politik
Politik Polens Präsident Nawrocki – Ein Trump-Statthalter in Warschau?
04.06.2025

Mit Karol Nawrocki zieht ein Hardliner in den Präsidentenpalast ein – unterstützt von Donald Trump und im offenen Konflikt mit der...

DWN
Immobilien
Immobilien Eigenheim kaufen: Wie der Traum vom eigenen Haus gelingen kann - die besten Tipps
04.06.2025

Der Wunsch, ein Eigenheim kaufen zu wollen, ist für viele Menschen in Deutschland tief verankert. Doch finanziell scheint dieses Ziel oft...

DWN
Politik
Politik US-Zölle auf Stahl und Aluminium verdoppelt: Folgen für Deutschland
04.06.2025

Donald Trump verdoppelt die Zölle auf Stahl und Aluminium – und riskiert damit eine neue Eskalation im transatlantischen...

DWN
Politik
Politik Bas will "mafiöse Strukturen" bei Bürgergeld-Empfängern zerschlagen
04.06.2025

Organisierter Sozialleistungsbetrug ist laut Arbeitsministerin Bas kein Randphänomen mehr, sondern Teil krimineller Strukturen, die...

DWN
Politik
Politik Iran warnt vor US-Vorschlag: Neue Atomverhandlungen mit „vielen Unklarheiten“
04.06.2025

Iran spricht von „Unklarheiten und Widersprüchen“ im US-Vorschlag zu einem neuen Atomabkommen. Während Teheran auf sein Recht zur...