Politik

Deutsche Wirtschaft fordert sofortigen Stopp der Russland-Sanktionen

Für den Ost-Ausschuss der deutschen Wirtschaft „übertreffen die aktuellen Entwicklungen selbst unsere schlimmsten Befürchtungen“. Die Exporte dürften 2015 um neun Milliarden Euro einbrechen. Daher fordere man einen sofortigen Stopp der Strafmaßnahmen.
26.06.2015 11:29
Lesezeit: 1 min

Der Ost-Ausschuss der deutschen Wirtschaft fordert ein Ende der Sanktionen gegen Russland. „Die aktuelle Entwicklung übertrifft selbst unsere schlimmsten Befürchtungen“, sagte der Ausschussvorsitzende Eckhard Cordes am Freitag in Berlin. Die Exporte nach Russland dürften in diesem Jahr um ein Viertel oder neun Milliarden Euro einbrechen, nachdem sie bereits 2014 um 6,5 Milliarden Euro gefallen waren. „Die negative Entwicklung seit Beginn der Sanktionen bedroht in Deutschland unmittelbar 150.000 Arbeitsplätze.“ Besonders mittelständische Firmen in Ostdeutschland seien gefährdet. Daher sei ein „Einstieg in den Ausstieg aus den Wirtschaftssanktionen“ notwendig, so Cordes.

Deutschland drohe auch langfristig wichtige Kunden zu verlieren. „Es gibt eine Hinwendung Richtung Asien“, sagte Cordes. „China hat Deutschland im Handelsvolumen mit Russland inzwischen überholt.“ Auch wenn die Sanktionen beendet würden, gebe es kein schnelles Zurück zur Normalität. Mit jedem abgebrochenen Geschäftskontakt sinke zugleich die politische Einflussnahme auf Moskau.

Wegen des russischen Vorgehens im Ukraine-Konflikt hatte der Westen Sanktionen verhängt und Anfang der Woche verlängert. Moskau reagierte darauf mit Gegenmaßnahmen. Russland steckt zudem in einer Rezession.

Zudem gab Cordes bekannt, dass er mit Herbst sein Amt aufgeben wird. Nachfolger soll der 55-jährige Wolfgang Büchele werden, Vorstandsvorsitzender der Linde AG. Cordes, der seit fünf Jahren an der Spitze des Ost-Ausschusses stehe, soll nach Angaben des Ostausschusses aber Mitglied des achtköpfigen Vorstands bleiben. Er begründete seinen Rückzug mit der Ernennung in den Verwaltungsrat der Volvo Group im Frühjahr 2015 und den Einzug in den Aufsichtsrat von Bilfinger SE im November 2014.

Cordes hatte die EU-Sanktionspolitik gegen Russland in der Ukraine-Krise mehrfach scharf kritisiert und dabei auch eine andere Position bezogen als etwa der Präsident des Bundesverbands der deutschen Industrie (BDI), Ulrich Grillo. Dem Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft gehören fünf große Wirtschaftsverbände sowie 220 Unternehmen an.

Auch ein aktuelles Gutachten des österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (Wifo)  kommt zu einer vernichtenden Bilanz der EU-Sanktionen gegen Russland. Wie der Tagesanzeiger aus Zürich berichtet, sind wegen der Sanktionen in Europa über zwei Millionen Arbeitsplätze gefährdet. Insgesamt könnte in der EU eine Wertschöpfung von knapp 100 Milliarden Euro verlorengehen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Immobilien
Immobilien Möblierte Wohnungen: Rechte, Fallstricke und Pflichten
26.07.2025

Möblierte Wohnungen boomen – besonders in deutschen Großstädten. Doch was bedeutet das für Mietende? Zwischen Flexibilität, höheren...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Coldplay-Kiss-Cam stürzt Astronomer-CEO: Was Unternehmen daraus lernen müssen
26.07.2025

Ein harmloser Kuss bei einem Coldplay-Konzert – und ein Tech-CEO verliert seinen Job. Wie schnell ein PR-Gau entsteht und was Ihr...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Energieeffizienz-Förderung für KMU bleibt hinter Erwartungen zurück – das sollten Sie jetzt wissen
26.07.2025

Staatliche Fördermittel sollen Unternehmen dabei helfen, energieeffizienter und wettbewerbsfähiger zu werden. Gerade für KMU bieten sich...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Live kaufen, schneller liefern, besser binden: Der stille Aufstieg des Live-Shoppings
26.07.2025

Live-Shopping erobert E-Commerce: Influencer werden zu Verkäufern, Social Media zur Einnahmequelle. Wer jetzt nicht umdenkt, verliert. Das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Zollalarm ohne Kursrutsch: Was hinter der Marktreaktion steckt
26.07.2025

Trump hat mit 30 Prozent Strafzöllen gegen Europa gedroht – doch die Märkte zuckten nicht. Haben Investoren seine Taktik längst...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Nobelpreis und Pausen: Warum wahre Genialität Raum braucht
26.07.2025

Nobelpreisträger zeigen: Kreativität entsteht nicht im Dauerstress, sondern in der Pause. Wie Denkfreiheit zum Erfolgsfaktor wird – und...

DWN
Technologie
Technologie USA wollen mit neuem KI-Plan geopolitisch dominieren
26.07.2025

Die USA rollen ihre neue KI-Strategie aus – mit weniger Regulierung, geopolitischer Exportoffensive und dem Kampf gegen „ideologische...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Raketen-Start-up HyImpulse: Mit Kerzenwachs ins Weltall – ist das die Zukunft?
25.07.2025

Das Unternehmen HyImpulse hat erfolgreich eine Kleinrakete mit Paraffin-Antrieb getestet. Der Vorteil: Der Brennstoff ist günstiger als...