Finanzen

EZB agiert politisch und setzt Griechenland weiter unter Druck

Die EZB setzt Alexis Tsipras weiter unter Druck und behält die ELA-Kredite auf dem bestehenden Niveau. Damit agiert die EZB entgegen ihrem Mandat politisch. Denn sie wäre verpflichtet, bei Gefahr im Verzug den Euro zu schützen. Mit ihrer Hinhalte-Taktik macht sich die EZB zum Büttel eines offenbar geplanten „regime change“ in Griechenland.
13.07.2015 15:04
Lesezeit: 1 min

Die Europäische Zentralbank (EZB) hält den Druck auf Griechenland aufrecht. Die Höchstgrenze für Ela-Notkredite sei nicht verändert worden, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg am Montag mit Bezug auf eine mit der Sache vertraute Person. Damit liegen die Hilfen, die von der griechischen Zentralbank gewährt werden und vom EZB-Rat genehmigt werden müssen, weiter bei knapp 90 Milliarden Euro. Seit dem griechischen Referendum über zusätzliche Sparmaßnahmen sind sie nicht mehr angehoben worden.

Damit agiert die EZB entgegen ihrem Mandat politisch: Sie dürfte sich vor niemandes Karren spannen lassen und müssten den Euro schützen, gleichgültig, in welchem Land die Probleme auftreten. In Griechenland droht unverändert der totale Crash des Finanzsystems. Wie die Euro-Politiker der Auffassung sind, dass Griechenland nicht mehr im Euro verbleiben soll, müssten sie eine politische Entscheidung treffen. Die EZB hat als Wächter der Geldpolitik in diesem Machtkampf nichts verloren. Sie betiligt sich mit ihrer hinhaltenden Politik am «regime change» in Griechenland, also am versuchten Sturz der Regierung zu Tsipras: Dass ein solcher im Gange ist, ist nicht die Theorie von irgendwelchen Spinnern, sondern wird heute von Wolfgang Münchau in der nicht als linksradikal einzuschätzenden Financial Times ausdrücklich so geschrieben. Umgangssprachlich könnte man den ganzen Vorgang durchaus als «Erpressung» qualifizieren.

Es ist in diesem Zusammenhang bemerkenswert, dass EZB-Chef Mario Draghi faktisch bei allen politischen Konferenzen der Euro-Retter anwesend ist und offenkundig eine aktive Rolle spielt. Seine Aufgabe wäre es allerdings, die Geldpolitik anhand von möglichst unverfälschten oder gar manipulierten Daten zur Entwicklung der Wirtschaft in der Euro-Zone so zu gestalten, dass die Geldpolitik die Politik insgesamt ausbalanciert - ohne sich in irgendeiner Weise mit einer der handelnden Parteien und deren Interessen gemein zu machen.

Seit Monaten sind die Banken des hoch verschuldeten Landes auf ELA-Kredite («Emergency Liquidity Assistance») angewiesen, weil sie von der herkömmlichen Refinanzierung über die EZB abgeschnitten sind. Nachdem die Gespräche zwischen den Euro-Rettern und Griechenland vor zwei Wochen gescheitert waren und in dem Moment, da Tsipras ein Referendum ausgerufen hatte, hatte die EZB die ELA-Kredite auf dem aktuellen Niveau eingefroren. Griechenland musste daraufhin seine Banken übergangsweise schließen und Kapitalverkehrskontrollen einführen. Auch nach der Grundsatzeinigung auf neue Finanzhilfen vom Montag sehen Experten keine schnelle Öffnung der Banken oder eine Aufhebung der Kapitalkontrollen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Panorama
Panorama Reichsbürger-Verbot: Dobrindt zerschlägt "Königreich Deutschland"
13.05.2025

Sie erkennen den Staat nicht an, verbreiten Verschwörungstheorien und zahlen häufig keine Steuern. Die Szene der Reichsbürger war...

DWN
Politik
Politik Geopolitischer Showdown in der Türkei: Selenskyj, Putin – und Trump im Anflug
13.05.2025

Ein historisches Treffen bahnt sich an: Während Selenski den russischen Präsidenten zu direkten Friedensgesprächen nach Istanbul...

DWN
Panorama
Panorama Umwelt? Mir doch egal: Klimaschutz verliert an Bedeutung
13.05.2025

Klimaschutz galt lange als gesellschaftlicher Konsens – doch das Umweltbewusstsein in Deutschland bröckelt. Eine neue Studie zeigt, dass...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohntraum wird Luxus: Preise schießen in Städten durch die Decke
13.05.2025

Die Preise für Häuser und Wohnungen in Deutschland ziehen wieder deutlich an – vor allem in den größten Städten. Im ersten Quartal...

DWN
Finanzen
Finanzen Wird die Grundsteuer erhöht? Zu viele Ausgaben, zu wenig Einnahmen: Deutsche Kommunen vorm finanziellen Kollaps
13.05.2025

Marode Straßen, Bäder und Schulen: Fast neun von zehn Städten und Gemeinden in Deutschland droht in absehbarer Zeit die Pleite. Bereits...

DWN
Politik
Politik EU im Abseits: Trump bevorzugt London und Peking – Brüssel droht der strategische Bedeutungsverlust
12.05.2025

Während Washington und London Handelsabkommen schließen und die USA gegenüber China überraschend Konzessionen zeigen, steht die EU ohne...

DWN
Panorama
Panorama Nach Corona nie wieder gesund? Die stille Epidemie der Erschöpfung
12.05.2025

Seit der Corona-Pandemie hat sich die Zahl der ME/CFS-Betroffenen in Deutschland nahezu verdoppelt. Rund 600.000 Menschen leiden inzwischen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Machtkampf der Tech-Eliten: Bill Gates attackiert Elon Musk – „Er tötet die ärmsten Kinder der Welt“
12.05.2025

Ein milliardenschwerer Konflikt zwischen zwei Symbolfiguren des globalen Technologiekapitalismus tritt offen zutage. Der frühere...