Österreich muss im Ringen um die Altlasten der Krisenbank Heta eine schwere Niederlage einstecken. Das Verfassungsgericht in Wien kippte am Dienstag den im Vorjahr per Gesetz angeordneten 1,7 Milliarden Euro schweren Schuldenschnitt bei der Heta-Vorgängerin Hypo Alpe Adria. "Das Gesetz ist nicht mehr anzuwenden", erklärten die Richter (Urteil im Wortlaut hier).
Für die betroffenen Investoren steigen mit dem Entscheid die Chancen, zumindest einen Teil ihres Geldes wiederzubekommen. Für Österreich steigt dagegen die Gefahr, dass das Land wie Ungarn unter Viktor Orban als unzuverlässiger Partner angesehen wird. Es könnte für die Republik schwieriger werden, neue Kredite aufzunehmen.
Damit kommen auf die österreichischen Steuerzahler hohe Mehrbelastungen zu: Die erste Belastung wird etwa 900 Millionen Euro betragen und bezieht sich auf das unmittelbare Geschäft. Die Heta teilt mit: "Bezogen auf den zum 30. Juni 2015 zu erstellenden Konzernzwischenabschluss wird auf Basis der VfGH-Entscheidung mit einem daraus resultierenden Verlust iHv. EUR - 0,80 Mrd. zuzüglich allfälliger Zinseffekte gerechnet."
Heta-CEO Sebastian Prinz von Schoenaich-Carolath muss nun erst die Lage klären: „Wir interpretieren diese Entscheidung als wichtigen Beitrag zur Klärung der rechtlichen Situation, in der die Heta Asset Resolution operiert. Angesichts des von den Abwicklungsbehörden verhängten Zahlungsmoratoriums wird diese VfGH-Entscheidung aber vorerst keine Zahlungsflüsse der Heta auslösen.“
Der Verfassungsjurist Bernd-Christian Funk sagte im ORF: "Ein unbedingter Totalschaden zum jetzigen Zeitpunkt ist vielleicht eine ein bisschen harte Bezeichnung, aber es geht wohl in diese Richtung."
Bei dem Schuldenschnitt mussten Anleger, die nachrangige Anleihen hielten, mit rund 890 Millionen Euro bluten. Ihre Forderungen hatte Österreich für komplett erloschen erklärt. Zudem wurde die ehemalige Hypo-Mutter BayernLB mit 800 Millionen Euro zur Kasse gebeten. Sie sollte einen Teil ihrer Kredite nicht zurückbekommen. Die Richter hielten beide Schritte für verfassungswidrig. Österreich habe dabei Gläubiger und Investoren, die auf Haftungen des Bundeslandes Kärnten vertrauten, ungleich behandelt. Das sei ein unzulässiger Eingriff in Eigentumsrechte.
Die Hypo Alpe Adria hatte jahrelang mit Hilfe milliardenschwerer Haftungen Kärntens ihr Geschäft am Balkan ausgebaut. Doch der Wachstumskurs ging schief und Österreich musste die Bank mit Staatshilfen über bislang rund 5,5 Milliarden Euro mehrmals vor der Pleite bewahren. Mit dem Gesetz hatte die Alpenrepublik versucht, die Kosten für den Abbau der Krisenbank nicht allein auf die Steuerzahler abzuladen, sondern auch deren Gläubiger in die Pflicht zu nehmen. Davon betroffen sind Versicherer wie die Vienna Insurance oder Uniqa und auch deutsche Fondsgesellschaften - etwa die Vermögensverwaltungssparte der Deutschen Bank. "Wir nehmen die Interessen unserer Anleger wahr und werden diese über die gerichtlichen Instanzen durchsetzen", bekräftigte das Frankfurter Institut am Dienstag. Insgesamt hatten über 30 Investoren gegen das Gesetz geklagt.
Die Entscheidung der Verfassungsrichter hat Auswirkungen auf den geplanten und noch viel umfassenderen Schuldenschnitt, der auch andere Hypo-Anleihen und Schuldscheindarlehen umfasst. Allein für deutsche Gläubiger stehen dabei gut sieben Milliarden Euro im Feuer. Details dazu wollen die zuständigen Behörden spätestens bis zum Frühjahr 2016 festsetzen. Solange hat die Bank die Rückzahlung ihrer Schulden - mehr als zehn Milliarden Euro - erstmal ausgesetzt.
In den Verhandlungen über diesen zweiten Schuldenschnitt könne Österreich die Forderungen der Investoren nicht einfach für erloschen erklären, sagte der Präsident des Verfassungsgerichts, Gerhart Holzinger. Zudem könnten die Haftungen des Landes Kärnten im Nachhinein nicht völlig entwertet werden. Deshalb sei die Entscheidung des österreichischen Höchstgerichts von weitreichender Bedeutung.
Trotz des Erfolgs vor dem Verfassungsgericht dürfen die Hypo-Investoren nicht mit einer raschen Auszahlung ihrer Gelder rechnen: Auch Ihre Papiere sind von dem Rückzahlungsstopp im Zuge des Moratoriums betroffen.
Für die BayernLB dürfte die Entscheidung ebenfalls zunächst keine großen Auswirkungen haben: Denn Österreich und Bayern arbeiten gerade an einem Generalvergleich, der sämtliche Streitpunkte zwischen den Eigentümern der beiden Banken ausräumen soll. Diese Einigung, bei der sich Österreich zu einer Zahlung von 1,23 Milliarden Euro verpflichtet, wollen die Finanzminister beider Länder bis zum Herbst auf den Weg bringen.