Finanzen

Bank of America: Rohstoff-Crash könnte Panik bei Zentralbanken auslösen

Lesezeit: 2 min
21.08.2015 23:29
Die fallenden Rohstoff-Preise fordern erste Opfer unter großen Konzernen. Der Rohstoff-Riese Glencore Xstrata meldete am Mittwoch Gewinneinbußen um mehr als ein Drittel, die Aktie brach um 10 Prozent ein. Banken-Analysten halten einen Bail-Out der Federal Reserve für denkbar – und hoffen, dass eine Zinswende im September damit erst einmal vom Tisch ist.
Bank of America: Rohstoff-Crash könnte Panik bei Zentralbanken auslösen

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Der anhaltende Preisverfall bei Rohstoffen bringt Bergbauunternehmen und Rohstoffhändler in Bedrängnis. Erste Firmen melden millionenschwere Gewinneinbrüche. Ausschläge bei Kreditausfallversicherungen dieser Firmen deuten darauf hin, dass die Finanzprobleme der Firmen ernster sind, als zunächst angenommen. Die Bank of America hält sogar einen Bail-Out der Federal Reserve – ähnlich wie schon im Jahr 2008 mit dem Versicherungskonzern AIG geschehen – für denkbar.

„Kurzfristig legen es die Märkte darauf an, dass die Fed im September [auf eine Zinsanhebung] verzichtet oder das China ein umfassenderes und glaubwürdigeres Maßnahmenpaket verabschiedet, um die Wachstumsaussichten zu fördern. Alternativ könnte ein Kreditereignis bei Rohstoffen (beachten Sie, dass sich Kreditausfallversicherungen für Rohstoffunternehmen stark ansteigen) nötig sein, um die Politiker dazu zu bringen, in Panik zu verfallen. Die Märkte hören erst mit der Panik auf, wenn die Zentralbanken mit der Panik beginnen“, zitiert Zero Hedge einen Analysten der Bank of America.

Zuvor meldete der Rohstoff-Konzern Glencore Xstrata drastische Gewinneinbrüche. Im ersten Halbjahr erwirtschaftete das Unternehmen mit Sitz in der Schweiz fast 30 Prozent weniger Gewinn. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) brach aufgrund fallender Rohstoff-Preise auf 4,6 Milliarden Dollar ein. Im kommenden Jahr wird der Rohstoffhändler und Bergwerksbetreiber deshalb wohl noch weniger investieren: Im Plan seien nur noch fünf Milliarden Dollar und damit eine Milliarde weniger als 2015. Die Aktien des Unternehmens fielen daraufhin an der Londoner Börse um 9,7 Prozent und erreichten ein neues Allzeittief von 158,9 Pence. Den Investoren bereiten dabei vor allem die hohen Schulden von 26 Milliarden Dollar Sorgen.

Im Jahr 2013 übernahm der Schweizer Rohstoffhändler Glencore den Bergbau-Konzern Xstrata. Die Übernahme kostete das Unternehmen damals knapp 190 Millionen Franken und bescherte den Managern Boni in Höhe von rund 45 Millionen Franken. Seit der Übernahme war der Konzern sowohl im Bergbau als auch im Rohstoffhandel tätig. Dennoch erlitt Glencore deutlich höhere Gewinneinbrüche als die direkte Konkurrenz um BHP Billiton, Rio Tinto und Vale. Doch auch ihre Aktienpreise brachen in den letzten vier Jahren drastisch ein, wie die FT berichtet. So verlor die Aktie von Rio Tinto etwa 44 Prozent, BHP Billiton rund 52 Prozent und der brasilianische Bergbaukonzern Vale sogar 68 Prozent, seit die Baisse bei Rohstoffen begonnen hat.

Glencore-Chef Ivan Glasenberg holte nach Verkündung des Bilanzergebnisses zum Rundumschlag gegen Finanzmarkt-Akteure und die Konkurrenz aus. Er machte Spekulanten und Hegdefonds für die fallenden Aktienkurse seiner Firma mitverantwortlich. Die Fonds würden das Kerngeschäft von Glencore „nicht verstehen“ und die Glencore-Aktien deshalb angreifen, sagte Glasenberg gegenüber der FT. „Die Preisentwicklung ergibt keinen Sinn [...], die Fonds und nicht die Nachfrage haben sie dorthin gebracht, wo sie jetzt sind“, so Glasenberg.

Die Wut des Glencore-Chefs wird verständlich, wenn man den Kursverlauf der Aktien seit Börsengang im Jahr 2011 betrachtet. Seit dem IPO, der dem Unternehmen 24 Milliarden Dollar einbrachte, sind die Aktien um 70 Prozent gefallen, wie Bloomberg berichtet. Allein seit Januar fielen die in London gehandelten Aktien von Glencore um 45 Prozent auf ein Allzeittief von 158,9 Pence. Für Glencore-Chef Glasenberg bedeute das den persönlichen Verlust von rund 7 Milliarden Dollar. Glencore droht nun eine Abwertung seines „BBB“-Ratings durch die großen Rating-Agenturen. Dies würde die Geschäfte des Unternehmens deutlich verteuern und die Situation für Glasenberg weiter verschlimmern.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

DWN
Technologie
Technologie EU-China-Beziehung: Droht ein Handelskrieg um Elektroautos?
05.05.2024

Vor Xi Jinpings Besuch in Paris bekräftigt Deutschland seine Haltung im EU-China-Streit um E-Autos. Doch wie wird die EU reagieren?

DWN
Unternehmen
Unternehmen Europameisterschaft 2024 am Arbeitsplatz streamen: Wie weit geht Arbeitgeber-Toleranz?
05.05.2024

Die Spiele der Europameisterschaft 2024 finden zu Zeiten statt, die nicht ideal für Arbeitnehmer sind. Einige Spiele starten bereits um 15...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Handwerksbetriebe in Not: Geschäftslage trübt sich ein
05.05.2024

Die aktuelle Lage im Handwerk bleibt düster, mit einer spürbaren Verschlechterung der Geschäftslage im ersten Quartal 2024 aufgrund...

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Eine Welt ohne Europa?
04.05.2024

Der Krieg in der Ukraine und die Spannungen im Nahen Osten gefährden die Zukunftsfähigkeit der EU. Nun steht sie an einem Scheideweg:...

DWN
Politik
Politik Angriff auf SPD-Europapolitiker: Matthias Ecke in Dresden schwer verletzt
04.05.2024

Schockierende Gewalt: SPD-Europaspitzenkandidat Matthias Ecke wurde brutal angegriffen. Politiker verurteilen den Angriff als Attacke auf...

DWN
Finanzen
Finanzen Platzt die ETF-Blase – was dafür, was dagegen spricht
04.05.2024

Kaum eine Investmentform konnte in den zurückliegenden Jahren die Gunst der Anleger derart erlangen wie dies bei Exchange Traded Funds,...

DWN
Immobilien
Immobilien Streikwelle auf Baustellen droht: Gewerkschaft kündigt Massenstreiks an
04.05.2024

Die Bauindustrie steht vor Massenstreiks: Gewerkschaft kündigt flächendeckende Arbeitsniederlegungen mit rund 930.000 Beschäftigten an.

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Chinas Einfluss in Südostasien: Herausforderung für deutsche Firmen
04.05.2024

Deutsche Unternehmen suchen verstärkt nach Alternativen zum chinesischen Markt und richten ihr Augenmerk auf die aufstrebenden...