Finanzen

EZB bettelt bei Privatanlegern um Verkauf von Wertpapieren

Die Auswirkungen des ABS-Kaufprogramms zeigen nach wie vor nicht die gewünschte Wirkung. Um ihr Ziel zu erreichen, greift die EZB zu aggressiven Methoden: Von der EZB extra angeheuerte Fondsmanager drängen Händlern dazu, privaten Anlegern ihre Angebote vorzulegen.
28.08.2015 00:05
Lesezeit: 2 min

Die EZB hatte das ABS-Kaufprogramm im August vorigen Jahres angekündigt und im September beschlossen. Mit dem Aufkauf von Kreditpaketen will die EZB die Bilanzen der Banken entlasten, damit sie wieder mehr neue Darlehen vergeben können und eine Deflation verhindert werden soll. Kritiker erklären dagegen, ABS-Käufe hätten nur eine geringe Auswirkung auf das Preisniveau. Zudem sei der Markt für ABS-Papiere zu klein, als dass die Zentralbank dort signifikante dreistellige Milliardenbeträge in die Wirtschaft pumpen könnte. Das ABS-Kaufprogramm sei in Wirklichkeit nicht Deflationsprävention, sondern um Hilfe für die Banken, besonders in den Krisenstaaten.

Indessen verhält sich die Europäische Zentralbank beim ABS-Kaufprogramm (Asset Backed Securities) immer aggressiver. Statt ABS-Papiere direkt von Banken zu erwerben, zielt die EZB neuerdings darauf ab, selbst Holdings diese Schuldpapiere abzukaufen. Holdings sind Dachgesellschaften, deren einziger Organisationszweck darin besteht, sich an anderen Unternehmen zu beteiligen.

Mit ihrem Unterfangen trocknet die EZB weiterhin den ABS-Markt aus. Vier Manager, die persönlich nicht genannt werden wollten, erklärten gegenüber Bloomberg, dass von der EZB angeheuerte Fondsmanager bereits im Juni damit begannen, bei Händlern anzurufen, um sie zum Verkauf von ABS-Papieren an die EZB zu bewegen. Die EZB kann mit ihrem ABS-Kaufprogramm sowohl am Primär- als auch am Sekundärmarkt aktiv werden. Ursprünglich hatte es bei der EZB geheißen, ihr sei nicht daran gelegen, durch ihre Maßnahmen private Investoren zu verdrängen.

„Das ABS-Programm wurde in einigen Kreisen stark kritisiert und die Ankäufe verliefen sicherlich langsamer als viele dachten“, erklärte Rob Ford, ein Londoner Vermögensverwalter von 24 Asset-Managements, der etwa 4,9 Milliarden britische Pfund Vermögen verwaltet. Daher „macht es für die EZB-Agenten offenbar Sinn, auf Asset-Händlern zuzugehen, um sie dazu zu bewegen, Investoren die Angebote seitens der EZB direkt vorzulegen“.

Derzeit betragen die ABS-Ankäufe der EZB weniger als 3 Prozent des gesamten letzten Bond-Kaufprogramms. Käufe von ABS-Papiere durch die EZB betragen aktuell insgesamt 11,2 Milliarden Euro.

Unter zwei vorhergehenden Kaufprogrammen hatte die EZB gedeckte Schuldverschreibungen (Covered Bond Purchase Programme, CBPP) angekauft, jedoch noch nie zuvor forderungsbesicherte Anleihen. Covered Bonds unterscheiden sich sowohl von vorrangigen, aber unbesicherten Schuldtiteln als auch von forderungsbesicherten Wertpapieren (ABS), die über keine Haftung durch den Emittenten verfügen.

Wegen fehlender Expertise über verbriefte Schulden suchte die EZB Beratung von BlackRock und heuerte NN Investment Partners, Deutsche Asset & Wealth Management International, State Street Global Advisors und Amundi an, die Transaktionen in ihrem Auftrag durchführen.

Indessen beschäftigt sich die EZB verstärkt um die schwache Preisentwicklung in der Eurozone. Das Risiko, dass das Inflationsziel von zwei Prozent nach unten weiter verfehlt werde, sei gestiegen, sagte EZB-Chefvolkswirt Peter Praet am Mittwoch in Mannheim. Man wolle daher das Kaufprogramm bei Bedarf ausweiten. Derzeit steigen die Verbraucherpreise kaum. Hintergrund sind gesunkene Energiepreise bzw. der Ölpreisverfall.

Derzeit kauft die EZB Staatsanleihen, ABS-Papiere und Pfandbriefe im Umfang von monatlich 60 Milliarden Euro. „Es sollte keine Zweifel geben bezüglich des Willens und der Fähigkeit des EZB-Rates zu handeln, falls es nötig wird“, erklärte Praet. Sowohl beim Volumen, beim Ausmaß als auch bei der Dauer sei das Programm flexibel. Das milliardenschwere Anleihekaufprogramm weise genug Spielraum auf, um zu reagieren, sagte der EZB-Chefvolkswirt.

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