Politik

Katzen-Futter: Nestlé wegen Beihilfe zur Sklaverei angeklagt

Lesezeit: 2 min
01.09.2015 00:39
Nestle wird vorgeworfen, Sklaverei auf thailändischen Fischfang-Schiffen unterstützt zu haben. Der Fang landete in amerikanischem Katzenfutter. Eine US-Kanzlei hat jetzt eine Sammelklage von Tierbesitzern gegen den Schweizer Konzern eingereicht.
Katzen-Futter: Nestlé wegen Beihilfe zur Sklaverei angeklagt
Sklaven für Katzenfutter: Die Arbeiter werden entführt, misshandelt und wie Leibeigene teils jahrelang auf See zur Schwerstarbeit gezwungen.  (Screenshot)

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Der Schweizer Lebensmittelkonzern Nestlé wird in den USA wegen Unterstützung der Sklaverei angeklagt. Nestlé nutze für sein Katzenfutter Billig-Fisch, der wissentlich von Zwangsarbeitern auf thailändischen Kuttern gefangen werde. Eine US-Kanzlei hat daher eine Sammelklage von Tierhaltern eingereicht.

Die Käufer der Tiernahrung werfen Nestlé vor, das System der Versklavung auszunutzen und wissentlich von dem Menschenhandel in der Fischerei zu profitieren. Die Menschenrechtsverletzungen bei der Katzenfutter-Produktion würden dabei bewusst vor der Öffentlichkeit verborgen, so die Anklage der Kanzlei Hagens Berman. Die Klage in Kalifornien wirft Nestlé konkret vor, unter anderem das Gesetz gegen unfairen Wettbewerb verletzt zu haben.

Nestlé bezieht den Fisch für seine Marke Fancy Feast von der Firma Thai Union Frozen Products. Diese importiert insgesamt über zwölf Tausend Tonnen Tiernahrung auf Fischbasis für verschiedene Top-Marken in die USA.

Die Bedingungen, unter denen diese Kleinfische und Meeresfrüchte in Thailand gefangen werden, hat jüngst ein Bericht der NYT aufgedeckt:  Migranten aus Myanmar oder Bangladesch werden demnach mit falschen Jobangeboten in das Land gelockt, entführt, eingesperrt, misshandelt und gewaltsam zur Arbeit auf den Fischkuttern gezwungen. Hunderte Berichte von Entflohenen bezeugen teils jahrelanger Zwangsarbeit auf See ohne jede Bezahlung, bei der die Gefangenen mehrfach von Schiff zu Schiff weiterverkauft wurden. Wer erkrankte wurde einfach über Bord geworfen, wer zu flüchten versuchte, wurde gefesselt und mit Prügel bestraft oder gar ermordet - einige berichten von Enthauptungen.

Der Bedarf an Billig-Fisch für die Tierfutter-Produktion steigt, jedoch ist mit dem minderwertigen Produkt kaum genug zu verdienen, um anständige Löhne zu bezahlen. Die Arbeitsbedingungen auf den Schiffen sind so desaströs, dass niemand freiwillig dort arbeiten will.

Das Phänomen der Leibeigenschaft verbreitet sich daher gerade in den Entwicklungsländern rasant:  Menschen arbeiten in einem ausbeuterischen System, um eine angebliche Schuld abzuarbeiten, die sie meist für die illegale Anreise aus dem Ausland angehäuft haben sollen – ein gängiges Schuldversklavungsmodell vor allem im Baugewerbe, in der Landwirtschaft, der Produktion und der Sexindustrie. Es ist auf dem Meer noch weiter verbreitet und noch ausbeuterischer, da die Arbeiter dort so isoliert sind, so Menschenrechtsexperten. Gerade Schiffe, die jahrelang auf See sind, entziehen sich dabei der Kontrolle durch die Behörden.

„Nestlé hätte die Ressourcen zur Bekämpfung dieser Zustände und – hätte sich dagegen entscheiden sollen, diese ungeheuerlichen Menschenrechtsverletzungen zu unterstützen“, so Steve Berman, geschäftsführender Gesellschafter der klagenden Kanzlei Hagens Berman. „Nestlé hat es versäumt, seine Verantwortung wahrzunehmen und sicherzustellen, dass es keine Sklavenarbeit in seiner Lieferkette gibt. Schlimmer noch, Nestlé hat diese Menschenrechtsverletzungen nicht nur unterstützt, sondern die Verbraucher gezwungen, unwissentlich das gleiche zu tun.“

Nestlé habe demnach durch das Verheimlichen dieser Tatsachen Millionen von Verbrauchern getäuscht, so Berman. „Es ist eine Tatsache, dass Tausende von Käufern der meistverkauften Tierfutterprodukte diese Marken nicht hätten haben wollen, wenn sie vor dem Kauf die Wahrheit gewusst hätten - das Hunderte von Personen für die Herstellung von Tierfutter versklavt, geschlagen oder sogar ermordet werden.“

Der NYT-Bericht ist in diesem Punkt weniger optimistisch: Zwar gebe es wachsenden Druck westlicher Verbraucher für mehr Verantwortung in Fischfang. Allerdings richte sich dies bisher hauptsächliche auf das Wohl der Fische und Meere und gegen illegale Fischerei, Überfischung oder Giftstoffe. So gut wie keine Aufmerksamkeit legen die Käufer demnach bisher auf die Arbeitsbedingungen der Menschen, die den Fisch fangen und verarbeiten, den sie an ihre Haustiere verfüttern. Die einzigen kaufrelevanten Faktoren für Tierbesitzer sei die Frage, wie schnell das Haustier das Futter frisst und die Frage, ob ganze Fleischstücke darin enthalten sind.

2002 übernahm Nestlé den amerikanischen Tierfutterkonzern Ralston Purina und wurde dadurch weltweit Marktführer im Bereich Tiernahrung für Hunde- und Katzenfutter. Allein die Amerikaner geben jährlich rund 43 Milliarden Euro für ihr Tier aus. Experten gehen davon aus, dass der globale Markt für Tiernahrung, -medizin und -zubehör durchschnittlich um acht bis zehn Prozent pro Jahr wachsen wird.

Der Nahrungsmittel-Konzern steht derzeit vor allem wegen seiner Wasser-Politik in der Kritik: Der Konzern zapft etwa Indianern in einem von Dürre geplagten US-Reservat das Grundwasser ab um dies abzufüllen und zu verkaufen.


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