Politik

Ukraine: Nun droht ein Bürgerkrieg im Westen des Landes

Die von der EU finanzierte Regierung in Kiew steht vor dem Zerfall. Die Partei der Oligarchin Julia Timoschenko will offenbar die Forderungen der Rechtsextremen unterstützen, die den Sturz der Regierung betreiben. Es droht ein neuer Bürgerkrieg, doch diesmal in der West-Ukraine.
23.09.2015 01:03
Lesezeit: 2 min

Der Osten der Ukraine wurde im Verlauf des Bürgerkriegs zwischen dem ukrainischen Militär und den Rebellen weitgehend zerstört. Ein Wiederaufbau der Region wird von der Regierung in Kiew nicht unterstützt. Doch auch in der Westukraine findet kein Wiederaufbau statt. Stattdessen ist es kurz vor den Kommunalwahlen am 25. Oktober zu einem offenen Bruch innerhalb der Regierungskoalition gekommen. Der Koalition gehörten der „Block Poroschenko“ des ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko, die „Volksfront“ unter Ministerpräsident Arsenij Jazenjuk, die „Vaterlandspartei“ unter der Oligarchin Julia Timoschenko, die Radikale Partei und die Partei Samopomich an. Die Radikale Partei hat die Koalition bereits Anfang September verlassen. Als Grund gab sie an, dass sie die Föderalisierung der Ukraine nicht mittragen wolle. Sie befürchtet eine Abspaltung der Ost-Ukraine.

Doch auch die „Vaterlandspartei“ unter Timoschenko ist gegen die Dezentralisierungs-Pläne ihrer Koalitionspartner. Vergangene Woche warf Timoschenko ihren Koalitionspartnern auf einem Parteitag vor, dass diese vor Russland einknicken und deshalb die Föderalisierung des Landes vorantreiben würden, berichtet die Zeitung Vidomosti.

Florian Rötzer schreibt auf Telepolis: „Beide stehen unter Druck der Rechtsnationalisten, die weiter einen starken Zentralstaat wollen und die von der Regierung angestrebte Dezentralisierung ablehnen, die sie als Nachgeben gegenüber Moskau und den Separatisten bezeichnen. Um den Rechten Sektor hingegen ist es nach den blutigen Krawallen vor dem Parlament ruhig geworden, weiterhin angestrebt wird von ihm ein Volksentscheid, der den Rücktritt der Regierung fordert.“

Unklar bleibt, wie lange sich die Regierung in Kiew, die auf westliche Kredite angewiesen ist, noch halten kann. Der Unmut innerhalb der Bevölkerung ist unter anderem auf politische Fehl-Entscheidungen zurückzuführen, die vom Volk nicht getragen werden. So hatte Poroschenko den Ex-Präsidenten Georgiens Michail Saakaschwili im Juni zum Gouverneur der Region Odessa ernannt. Kurz zuvor wurde Saakaschwili eingebürgert. In seiner alten Heimat liegt gegen Saakaschwili ein Haftbefehl wegen des Verdachts auf Amtsmissbrauch vor. Die Stimmung im Land verschärft sich. Eine Eskalation des Konflikts zwischen den politischen Interessengruppen in der Westukraine rückt näher.

Im Osten scheren sich die Rechtsextremen schon längst nicht mehr um die Regierung und haben eigenmächtig eine Blockade der Krim errichtet.

Am Montag fand in der ukrainischen Stadt Sumy im Büro des Rechten Sektors eine Explosion statt. Oleksandr Jakowenko, Funktionär des Rechten Sektors, kam dabei ums Leben. Das teilt der Gouverneur von Sumy, Mykola Klotchko, auf seiner Facebook-Seite mit. Unklar bleibt, ob es sich um einen Anschlag handelte. Zumindest soll im Gebäude eine Granate explodiert sein. Wenig später habe eine anonyme Person die Polizei per Telefon über den Vorfall benachrichtigt.

Im Juli war es in der Westukraine zu einer Schießerei zwischen Polizisten und Mitgliedern des Rechten Sektors gekommen. Poroschenko will die Militär-Miliz entwaffnen lassen. Zwischen dem Rechten Sektor und der Regierung in Kiew tobt seit dem Frühling ein offener Machtkampf um Einflusssphären innerhalb der Ukraine. Ende August fand in Kiew eine Kundgebung des Rechten Sektors und weiterer Nationalisten statt, bei der eine Granate detonierte. Eine Person wurde getötet und über 100 weitere Personen verletzt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Thyssenkrupp-Umbau betrifft Tausende – Betriebsräte fordern Klarheit
01.07.2025

Angesichts weitreichender Umbaupläne bei Thyssenkrupp fordern die Beschäftigten klare Zusagen zur Zukunftssicherung. Betriebsräte pochen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neues Werk für NATO-Kampfjet: Rheinmetall startet Produktion in NRW
01.07.2025

Der Rüstungskonzern Rheinmetall hat in Weeze (Nordrhein-Westfalen) eine hochmoderne Fertigungsanlage für Bauteile des Tarnkappenbombers...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Investitionsstau: Kaputte Straßen, marode Schulen – Kommunen am Limit
01.07.2025

Viele Städte und Gemeinden stehen finanziell mit dem Rücken zur Wand: Allein die Instandhaltung von Straßen, Schulen und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Alt gegen Jung: Wie die Generation Z das Arbeitsleben umkrempelt – und was zu tun ist
01.07.2025

Alt gegen Jung – und keiner will nachgeben? Die Generationen Z und Babyboomer prallen aufeinander. Doch hinter den Vorurteilen liegen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeitsmarkt ohne Erholung im Juni: Warten auf den Aufschwung
01.07.2025

Die erhoffte Belebung des Arbeitsmarkts bleibt auch im Sommer aus: Im Juni ist die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland nur minimal um...

DWN
Politik
Politik Schlachtfeld der Zukunft: Die Ukraine schickt ihre Kampfroboter ins Gefecht
01.07.2025

Die Ukraine setzt erstmals schwere Kampfroboter an der Front ein. Während Kiew auf automatisierte Kriegsführung setzt, treiben auch...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnen bleibt Luxus: Immobilienpreise steigen weiter deutlich
01.07.2025

Die Preise für Wohnimmobilien in Deutschland sind erneut gestiegen. Laut dem Statistischen Bundesamt lagen die Kaufpreise für Häuser und...

DWN
Politik
Politik Trump und Musk im Schlagabtausch: Streit um Steuerpläne und neue Partei eskaliert
01.07.2025

Die Auseinandersetzung zwischen US-Präsident Donald Trump und dem Tech-Milliardär Elon Musk geht in die nächste Runde. Am Montag und in...