Gemischtes

Zurück in die Demokratie: Berliner Initiative ermuntert Spione zum Aussteigen

Geheimdienstler haben in Berlin dank eines Hacker-Kollektiv künftig eine Anlaufstelle, die ihnen beim Ausstieg aus dem Überwachungsapparat hilft. Gezielten Abwerbe-Aktionen etwa vor der BND-Zentrale oder der US-Botschaft sollen die Spione zu einer „Rückkehr in die Demokratie“ motivieren.
03.10.2015 22:14
Lesezeit: 1 min
Zurück in die Demokratie: Berliner Initiative ermuntert Spione zum Aussteigen
Die richtige Anlaufstelle könnte laut Intelexit tausende Spione mit Gewissensbissen dazu motivieren, den Dienst zu quittieren - das muss nicht immer so medienwirksam passieren wie bei NSA-Aussteiger Edward Snowden. (Screenshot)

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Ein Programm für Geheimdienst-Mitarbeiter bietet ausstiegswilligen Spionen eine Hilfe bei der Beendigung ihrer Tätigkeit. Die Berliner Kampagne richtet sich zunächst per Video an die Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes, des militärischen Abschirmdienstes, sowie der amerikanischen NSA und des britischen GCHQ. In dem Video kommen Aussteiger zu Wort, die die Spione motivieren, aus dem Überwachungsapparat aus zusteigen.

Dahinter stehen Aktivisten des Peng Collektive, das jüngst für eine Kampagne bekannt wurde, bei der sie mit Plakaten Fluchthelfer anwarben, um Kriegsflüchtlinge über die Grenze zu schmuggeln. Sie nennen die Aktion für Spione „Backdoor to Democracy – Hintertür in die Demokratie“ und wollen eine Anlaufstelle bieten, an die sich potentielle Aussteiger wenden können. Neben dem Video haben die Aktivisten eine Crowdfunding-Kampagne gestartet. Auf ihrer Seite kann man ein Formular ausfüllen und ein Kündigungsschreiben generieren. Zudem sind direkte Abwerbe-Aktionen vor verschiedenen Spionage-Hauptquartieren geplant, etwa vor der BND-Zentrale und der US-Botschaft. Auch per Telefon wollen die Aktivisten die Spione direkt abwerben und zur Umkehr überreden.Dabei geht es nicht in erster Linie darum, neue Whistleblower nach dem Vorbild Edward Snowdens zu kreieren, sondern den Menschen einen weniger öffentlichen und ungefährlicheren Weg  zum Ausstieg zu bieten. Die Organisation verspricht dabei größtmögliche Anonymität und auch Hilfe bei der Reintegration in ein "normales" Leben.

Neben dem symbolischen Wert der Aktion sehen die Initiatoren durchaus echte Chancen auf Erfolg. Viele Spione befänden sich in einem moralischen Dilemma, sehen aber keine Gelegenheit zum Ausstieg, erklärt Intelexit das Projekt: „Oft haben sie mitgemacht, weil sie aufrichtig der Verfassung ihres Landes, dem Grundwert der Freiheit und der Demokratie allgemein dienen wollten. Sie enden in einer Situation, in der sie genau das Gegenteil tun: Sie treten die Verfassung mit Füßen und verletzen massiv die freiheitlichen Werte auf undurchsichtiger und anti-demokratische Weise. Das Zwielicht in dem sie operieren führt nicht nur zu Unrecht und Missbrauch, sondern es hindert sie auch daran, sich Hilfe zu suchen wenn sie aussteigen wollen.“

Intelexit ist dabei der Überzeugung, dass eine solche Anlaufstelle viel mehr Aussteiger generieren würde - und so letztlich das System zum Zusammenbruch bringen könnte. „Wir glauben, dass wenn alle Geheimdienste der Welt genau wissen, dass ihre Mitarbeiter jederzeit eine ethische Entscheidung zum Ausstieg treffen können, dies ihre Strukturen zerbricht.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Insolvenzverwalter: „Enorme Geldverbrennung“ bei Wirecard
11.07.2025

Der Anwalt Jaffé ist seit fünf Jahren mit der Sicherung des übrig gebliebenen Vermögens beschäftigt. Er fand nach eigenen Angaben im...

DWN
Finanzen
Finanzen Kupferpreis explodiert: Was Trumps Zollfantasien auslösen
11.07.2025

Eine 50-Prozent-Zollandrohung von Trump lässt den Kupferpreis durch die Decke schießen – und sorgt für ein historisches Börsenchaos....

DWN
Politik
Politik Putins Imperium zerbröckelt: Aserbaidschan demütigt den Kreml – mit Hilfe der Türkei
10.07.2025

Aserbaidschan widersetzt sich offen Moskau, schließt russische Propagandakanäle und greift zur Verhaftung von Russen – ein Tabubruch in...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neues Gasfeld vor Zypern könnte Europas Energiestrategie neu ausrichten
10.07.2025

Ein neues Erdgasfeld vor Zypern könnte zum Wendepunkt in Europas Energiepolitik werden.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Baywa Milliardenverlust: Jahreszahlen zeigen das ganze Ausmaß der Krise beim Mischkonzern
10.07.2025

Jetzt ist der Milliardenverlust bei der Baywa amtlich: Das Minus von 1,6 Milliarden Euro ist vor allem auf Abschreibungen bei der...

DWN
Finanzen
Finanzen Trumps Rechnung für die Private-Equity-Branche: 79 Milliarden
10.07.2025

Donald Trumps Zollkurs und globale Kriege setzen der Private-Equity-Branche massiv zu. Was hinter dem dramatischen Kapitalschwund steckt...

DWN
Politik
Politik „Kleiner Lichtblick für die Ukraine“ nach Trumps Kehrtwende
10.07.2025

Der Kurswechsel der USA beim Waffenlieferprogramm für die Ukraine dürfte die Gespräche europäischer Staats- und Regierungschefs in...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ostdeutsche Betriebsräte fordern Ende von Habecks Energiewende: Industriestandort gefährdet
10.07.2025

Nach dem Verlust von über 100.000 Industriearbeitsplätzen richten ostdeutsche Betriebsräte einen dramatischen Appell an Kanzler Merz....