Politik

Spektakuläre Wende: Obama erklärt US-Kriege für gescheitert

US-Präsident Barack Obama hat einen spektakulären Kurs-Wechsel der Außenpolitik vollzogen: In einem Interview mit „60 Minutes“ bezeichnete Obama als erster US-Präsident den Irak-Krieg als „Fehler“. Die Syrien-Strategie sei gescheitert, ebenso wie die Intervention in Afghanistan. Die USA müssten ihre militärischen Ausritte beenden. So spricht ein Friedensnobelpreisträger.
12.10.2015 15:10
Lesezeit: 1 min
Spektakuläre Wende: Obama erklärt US-Kriege für gescheitert
US-Präsident Barack Obama mit Interviewer Steve Kroft in 60 Minutes. (Foto: CBS)

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

US-Präsident Barack Obama hat in einem bemerkenswerten Interview mit CBS für die Sendung „60 Minutes“ (Auszug im Video am Anfang des Artikels) einen völlig neuen Kurs in der US-Außenpolitik vorgegeben: Demnach sollen nicht mehr Kriege die US-Außenpolitik prägen – weil alle Stellvertreter-Kriege der jüngeren Vergangenheit gescheitert seien. Ausdrücklich bezeichnete Obama den Irak-Krieg als „Fehler“ – etwas, was in dieser Deutlichkeit noch von keinem US-Präsidenten zu hören gewesen ist. Obama: „Die Republikaner, die jetzt wollen, dass wir im Irak einmarschieren, sind dieselben, die immer noch Schwierigkeiten haben anzuerkennen, dass das ein Fehler war.“

Zu Syrien distanziert sich Obama in überraschend offener Weise von den US-Neocons, die seit Jahren verlangen, dass die USA in Syrien eingreifen sollen: „Ich war von Anfang an skeptisch gegenüber der Idee, dass wir im Endeffekt einen Stellvertreter-Krieg in Syrien starten sollen.“ Alle bisherigen Bemühungen „haben nicht funktioniert“. Das Problem des IS-Terrorismus sein eines, „das die ganze Gemeinschaft der Staaten“ lösen müsse – nicht die USA allein.

In Afghanistan habe man 13 Jahre lang Krieg geführt – das Ergebnis stehe in überhaupt keinem Verhältnis zu dem enormen „Investment“, das die Amerikaner hineingesteckt hätten.

Der Interviewer, Steve Kroft, stellt beinharte Fragen, und Obama ist über weiter Strecken nicht in der Lage, die Vorhaltungen zu entkräften. Das dürften ihm seine Widersacher als Schwäche auslegen. So fragte Kroft, ob die Schwäche der USA nicht dadurch ihren Ausdruck finde, dass nun Russlands Präsident Wladimir Putin das Kommando im Nahen Osten übernommen habe. Obama geriet etwas ins Schwimmen, und versuchte darzustellen, dass Amerikas Stärke anderswo zu finden sei, etwa beim Kampf gegen den Klimawandel. Vor allem aber wehrte sich Obama gegen die Definition von Stärke als einer rein militärischen Kategorie.

Doch tatsächlich agiert Obama bei aller scheinbaren Hilflosigkeit in diesem Interview wie ein Friedensnobelpreisträger, wohl zum ersten Mal in seiner Amtszeit. Er erklärt nämlich, wenngleich aus der Defensive, dass all die militärischen Abenteuer und Stellvertreter-Kriege für die Welt und für die USA sinnlos seien.

Obama: „Es wäre eine schlechte Strategie, wenn am Ende das einzige Maß für die Führungsrolle und Stärke Amerikas darin besteht, dass wie weitere 100.000 oder 200.000 Soldaten nach Syrien oder zurück in den Irak schicken, oder vielleicht nach Libyen, oder vielleicht in den Jemen; und wir dann dorthin gehen, nicht nur, um die Polizei zu sein, sondern diese Regionen zu regieren. Wenn wir diesen Fehler wieder machen, dann Schande über uns!“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Politik
Politik Keine Stromsteuersenkung für Verbraucher: "Fatales Signal"
03.07.2025

Die Strompreise bleiben hoch, die Entlastung fällt kleiner aus als versprochen. Die Bundesregierung gerät unter Druck, denn viele Bürger...

DWN
Panorama
Panorama Spritpreis: Wie der Rakete-und-Feder-Effekt Verbraucher belastet
03.07.2025

Die Spritpreise steigen wie eine Rakete, fallen aber nur langsam wie eine Feder. Das Bundeskartellamt nimmt dieses Muster ins Visier und...

DWN
Finanzen
Finanzen Vetternwirtschaft und Machtspiele: So scheitert der NATO-Innovationsplan
03.07.2025

Milliarden für die NATO-Innovation, doch hinter den Kulissen regiert das Chaos: Interessenkonflikte, Rücktritte und Streit gefährden...

DWN
Politik
Politik Trump dreht den Geldhahn zu: Kiew kämpft ohne Washington
02.07.2025

Donald Trump kappt Waffenhilfe für die Ukraine, Europa zögert, Moskau rückt vor. Doch Kiew sucht nach eigenen Wegen – und die Rechnung...

DWN
Panorama
Panorama Köln schafft den Begriff "Spielplatz" ab
02.07.2025

Köln verabschiedet sich vom traditionellen Begriff "Spielplatz" und ersetzt ihn durch "Spiel- und Aktionsfläche". Mit neuen Schildern und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Tusk zieht die Grenze dicht – Spediteure schlagen Alarm
02.07.2025

Grenzkontrollen sollen Sicherheit bringen – doch für Spediteure und Industrie drohen Staus, teurere Transporte und Milliardenverluste....

DWN
Panorama
Panorama EU-Klimapolitik: Soviel Spielraum lässt das 90-Prozent-Ziel
02.07.2025

Die EU-Kommission hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Bis 2040 sollen die Emissionen massiv sinken, ein großer Schritt Richtung...

DWN
Technologie
Technologie DeepSeek zerstört Milliardenwerte: China-KI soll aus Europa verschwinden
02.07.2025

Ein chinesisches Start-up bringt Nvidia ins Wanken, Milliarden verschwinden in Stunden. Doch für Europa ist das erst der Anfang: Die...