Die lockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank bleibt nicht ohne Folgen für die Schweizer Nationalbank. Zwar hat die EZB den Leitzins auf dem historischen Tief von 0,5 Prozent belassen und keine weiteren Maßnahmen angekündigt. Erholen sich die Wirtschaft und die Kreditvergabe in der Eurozone jedoch nicht weiter und bleibt die offizielle Inflation so niedrig, könnte es im Dezember bei der nächsten Sitzung zu Neuerungen kommen.
EZB-Chef Draghi hat zumindest die Ausweitung des Anleihekauf-Programms in Betracht gezogen. „Das Anleihen-Kaufprogramm bietet genügend Flexibilität - bei der Veränderung von Umfang, Zusammensetzung und Länge.“ Und sollte die Fed tatsächlich in naher Zukunft neue Geschütze auffahren, wird Draghi ihr aller Wahrscheinlichkeit nach folgen.
Dann würde die Schweizer Nationalbank zu weiteren Frankenverkäufen gezwungen sein. Die Aufwertung des Franken war zuletzt stark abhängig von der Reaktion der Märkte auf die Geschehnisse im Euroraum. In einer aktuellen Umfrage unter Volkswirten rechneten 63 Prozent damit, dass eine weitere Intervention bei einer neuen Frankenaufwertung notwendig sei. 42 Prozent rechnen sogar mit einer weiteren Senkung des Einlagensatzes.
Da die EZB derzeit keine weiteren Schritte unternommen hat, hat die Schweizer Nationalbank vorübergehend eine Verschnaufpause. Allerdings steigt damit auch die Wahrscheinlichkeit, dass die EZB bei ihrer Sitzung im Dezember neue Maßnahmen ergreifen werde. Bereits dieses Mal hatten 80 Prozent der Volkswirte mit einer EZB-Maßnahme gerechnet.
Bis jetzt hat die SNB Fremdwährungen im Wert von über 541 Milliarden Schweizer angekauft, um den Franken zu schwächen. In einem Interview mit Bloomberg sagte der SNB-Präsident Thomas Jordan, dass der derzeitige Einlagensatz angemessen sei. Es sei aber auch möglich, diesen noch zu senken.
Die Aufwertung des Franken hatte dei Wirtschaft des Landes schwer mitgenommen. Im ersten Halbjahr fielen die Exporte um 2,6 Prozent und die Importe um 7,4 Prozent. Im dritten Quartal sanken die Ausfuhren gegenüber demselben Zeitraum des Vorjahres um 5,2 Prozent auf 49,2 Milliarden Franken (45,4 Milliarden Euro), wie die Eidgenössische Zollverwaltung mitteilte. Der Franken war bis zu 20 Prozent teurer geworden, nachdem die Schweizerische Nationalbank am 15. Januar den Mindestwechselkurs zum Euro aufgegeben hatte. Bei den Maschinenbauern brachen die Aufträge in den ersten sechs Monaten um 14,7 Prozent ein.