Schwankungen für schwache Nerven
Die Volatilität an den Aktienbörsen macht vielen Anlegern nervlich zu schaffen. Immobilien sind da viel beruhigender, allerdings im Wesentlichen deshalb, weil man nicht täglich auf dem Börsenzettel ihren aktuellen Kurs nachlesen kann. Das bedeutet nicht, dass sie nicht auch im Wert schwanken, das weiß man nur nicht so genau. Natürlich sind Aktien standardisierte Commodities und die Börsen noch viel volatiler. Bei börsennotierten Liquid Assets liegen Schwankungen zum Teil an hektischen Daytradern und sekundenschnellen Trading-Algorithmen, zum Teil auch daran, dass zwar viele Anleger „all long“ denken und ein Interesse an einer stetigen Aufwärtsbewegung ihrer Titel haben: Es gibt aber fast genauso viele Leute, die am Auf und Ab der Börsen verdienen und deshalb alle möglichen Mechanismen einsetzen, Volatilität zu schüren und um zum Beispiel Stimmungsschwankungen zu erzeugen.
Und die Medien gehören ganz sicherlich zu dieser letzteren Fraktion. Sie müssen täglich aufregende Nachrichten verkaufen. Ein gemächliches Aufwärts der Börsen ohne Schwankungen - dann könnten die Wirtschaftsteile der Zeitungen einpacken. Nichts hat höhere Klickzahlen als Krisen, Angst und Drama - negative Schlagzeilen also. Insofern sollte Donald Trump den Pulitzerpreis bekommen. Bevor er zum Friedensnobelpreis vorgeschlagen wird.
Endgültiger Verlust ist ein Risiko
Und die Anleger, nervöse private, aber auch institutionelle laufen dann wie aufgeschreckte Hühner hin und her, raus aus dem Dollar, rein in den Euro und nach einiger Zeit zurück, raus aus Growth, rein in Value (und zurück), raus aus Aktien, rein in Treasuries (und zurück). Die Algorithmen verstärken den Herdentrieb noch. Manchmal sollte man daran erinnern: Hin und her macht Taschen leer. Aber was soll’s, viele verdienen dabei auch tatsächlich Geld. Und dann gibt es den Vola Index (z.B. VIX), der die implizite Volatilität von Börsenindices misst und die Leute richten sich danach. Anlageberater sagen ihren Kunden, Volatilität sei Risiko, Volatilität und Risiko werden synonym verwendet, man müsse was dagegen tun. Das stimmt ja gar nicht, Risiko ist der endgültige Verlust eines Investments oder zumindest sein Absturz über viele Jahre.
Volatilität ist hingegen nur das organische Atmen der Märkte. Das stetige Auf und Ab ist überhaupt kein Risiko, wenn man das Geld nicht in ein paar Wochen braucht, um ganz dringende Schulden zu bezahlen oder seine Brötchen zu kaufen. Es werden natürlich viele Methoden angeboten, Volatilität aus dem Portfolio herauszunehmen, Diversifikation über Anlageklassen, Put-Optionen, komplizierte Zertifikate, Hedging jeder Art, aber, das alles kostet. Man sollte nicht vergessen: alles, was Volatilität verringert, kostet Rendite.
Die Crashs der vergangenen 30 Jahre
„Das Leben ist wie eine Lawine, immer auf und ab“, hat schon Karl Valentin gesagt. Eben. Und bisher bei allem auf und ab ging es langfristig immer nach oben. Nehmen wir mal die letzten 30 Jahre, da hat’s schon reichlich oft gekracht. Asienkrise (1997), Russlandkrise (1998), Dotcom-Blase (2000 bis 2002), Terroranschläge (11. September 2001), Finanzkrise (2007 bis 2009), Flash Crash (6. Mai 2010) US-Schuldenkrise (August 2011), Brexit (Juni 2016), COVID-19-Pandemie (ab Februar bis März 2020). Und trotz alledem: Die durchschnittliche jährliche Aktien-Rendite in diesem Zeitraum betrug nominal: ca. 9,8 Prozent pro Jahr, inflationsbereinigt: ca. 8,3 Prozent pro Jahr. Berücksichtigt man die Inflation, beträgt die reale Rendite im gleichen Zeitraum etwa 850,85 Prozent. Wer mehr will, ist gierig.
This time it’s different?
Die LGT Bank behauptet, dass, wenn man in den letzten 100 Jahren die fünf besten Tage beim S&P 500-Index verpasst hätte, die Gesamtrendite 60 Prozent geringer wäre. Und es gibt viele ähnliche Statistiken von anderen Banken. Wird die Zoll-Krise von Donald Trump auch wieder gut ausgehen? Oder: This time it’s different? Der Dollar verliert seinen Status als Reservewährung, die USA gehen in eine Rezession, der Abstieg der USA und der Aufstieg von China beschleunigen sich? Hört man ja viel.
Keine Ahnung. Aber immerhin ist Trump ein Geschäftsmann und kein kommunistischer Diktator. Leute, die durch Geld an die Macht kommen, sind etwas sensibler, was die Kapitalmarktentwicklung angeht, als Leute, die durch politische Macht an Geld kommen. Das macht ja noch gewisse Hoffnung. Und die Statistik eben auch.