Politik

ARD und ZDF sollten Mehr-Einnahmen für Flüchtlinge spenden

Die öffentlich-rechtlichen Sender wollen 1,6 Milliarden Euro, die der Rundfunkbeitrag seit 2013 an Mehreinnahmen erbracht hat, unbedingt verbraten. Doch warum setzen sie nicht ein Zeichen – und spenden das Geld für die Flüchtlinge? Es wäre endlich eine Tat, die den vielen gesendeten Worten folgt.
06.11.2015 15:42
Lesezeit: 2 min

Die öffentlich-rechtlichen Sender fordern von der Politik die Freigabe von 1,6 Milliarden Euro, die der Rundfunkbeitrag seit 2013 an unverhofften Einnahmen gebracht hat. ARD und ZDF brauchen dieses Geld nicht – es liegt über dem, was sie bisher aus der GEZ erhalten haben und das ist mit acht Milliarden Euro im Jahr bekanntermaßen üppig. Doch die Sender verbrennen das Geld – die ARD braucht sogar noch 400 Millionen Euro obendrauf. Niemand weiß, was die Sender mit diesen exorbitanten Beträgen genau machen. Die Kosten für die Fußball-Rechte, die die Sender in den vergangenen Jahren an die korrupte Fifa überwiesen hat, sind streng geheim. Man könnte für dieses Geld vermutlich halb Syrien die Integration in Deutschland finanzieren.

Doch die Sender beschränken sich aufs Reden wie weiland Waldemar „Waldi“ Hartmann („I red bloß drüber…!“). Die FAZ echauffiert sich zu Recht über die Nähe der Sender zur Politik der Bundesregierung: Merkels Mantra „Wir schaffen das!“ sei „zur inoffiziellen Programmleitlinie geworden“. Michael Hanfeld hat sich dazu offenbar einen Tag lang das Programm angesehen und kommt zu dem Ergebnis: Die Sender „geben reichlich Sendefläche her für die Selbstdarstellung der Politik und kritisieren diese nur in Maßen“. Hanfeld vermutet, dass die Willfährigkeit der Sender gegenüber der Politik damit zu tun haben könnte, dass die Sender in Kürze die Freigabe der erwähnten 1,6 Milliarden Euro erwarten und daher den Politikern zuarbeiten.

Wir haben einen konkreten Vorschlag: Wenn die Sender das, was sie rund um die Uhr predigen, ernst meinen, sollten die Sender – und wir meinen das nicht zynisch, sondern ganz ernst – das Geld für die Flüchtlinge spenden. Die Lage ist äußerst kritisch. Ehrenamtliche und Hilfsorganisationen tragen die Last. Im Winter wird vermutlich noch mehr Hilfe gebraucht. Mit 1,6 Milliarden Euro könnte man vermutlich sofort mit intensiven Deutsch-Kursen und den ersten Berufsqualifizierung beginnen. Man könnte Programmier-Kurse und Pflege-Kurse starten, um die Leute schnell in Lohn und Brot in zukunftsträchtigen Branchen zu bringen.

Der Vorteil dieser Spende: Niemand aus den Sendern müsste entlassen werden, wenn das Geld an die Flüchtlinge statt an die Funkhäuser geht. Nicht eine Sendung würde Qualitätseinbußen hinnehmen müssen. Denn diese Einnahmen waren ja nie verplant. Die Flüchtlinge und die Helfer brauchen Hilfe sofort – also ganz konkret. Das Geld liegt auf der Bank. Es muss nur angewiesen werden (Rotes Kreuz, Ärzten ohne Grenzen, UNHCR und vor allem die kleinen lokalen Initiativen). Es geht, wie die Sender so gerne senden, um „konkrete Menschen, die in Not“ sind. Die Sender zeigen täglich die Close-Ups der großen Kinderaugen der Flüchtlingskinder: Kann man da wegschauen – und 1,6 Milliarden Euro einfach in den eigenen Säckeln verschwinden lassen?

Und die Sender könnten ihren vielen Worten mit einem Schlag eine Tat folgen lassen, die den Flüchtlingen wirklich hilft. Vielleicht treffen sich die Intendanten kurzfristig und erinnern sich an die jüngsten Leitkommentare ihrer vorzüglichen Chefredakteure, in denen diese Humanismus, Werte, Solidarität und Teilen von „der Gesellschaft“ und „der Politik“ gefordert haben. Dann schauen sie sich in die Augen und sagen: „Wir schaffen das.“ Mehr braucht es nicht.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

DWN
Politik
Politik BSW-Klagen zum Wahlrecht vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert
03.06.2025

Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) ist in Karlsruhe mit Klagen zum Bundestagswahlrecht gescheitert. Das Bundesverfassungsgericht verwarf...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Selbstständigkeit im Aufschwung - Mehr junge Gründer in Deutschland
03.06.2025

Inmitten der Wirtschaftskrise machen sich wieder mehr Menschen in Deutschland selbstständig. Die Zahl der Existenzgründungen stieg 2024...

DWN
Finanzen
Finanzen Warren Buffett für Einsteiger: Was jeder von der Investoren-Legende lernen kann
03.06.2025

Warren Buffett zählt zu den einflussreichsten Investoren der Welt. Seine Entscheidungen, Strategien und sein Lebensstil haben weltweit...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft OECD-Ausblick: Deutsche Wirtschaft auf dem Tiefpunkt – Trendwende 2025 möglich?
03.06.2025

Die deutsche Wirtschaft kommt wegen teurer Energie und dem Zollstreit mit US-Präsident Donald Trump auch in diesem Jahr nicht richtig vom...

DWN
Technologie
Technologie Google wirft die klassische Suche über Bord – das Ende der blauen Links
03.06.2025

Google krempelt seine Suche radikal um – KI ersetzt Linklisten, Gespräche ersetzen Klicks. Ist das der Anfang vom Ende des freien...

DWN
Politik
Politik Politische Zerreißprobe in Polen: Tusk stellt Vertrauensfrage nach Wahlschlappe
03.06.2025

Nach der Niederlage seines politischen Verbündeten Rafal Trzaskowski bei der Stichwahl um das Präsidentenamt in Polen steht...

DWN
Politik
Politik Ultimatum statt Diplomatie: Moskaus Bedingungen für einen Friedensvertrag
03.06.2025

Russland hat nach tagelangen Forderungen nun sein Memorandum für eine Beendigung des Krieges in der Ukraine veröffentlicht. Im Grunde...

DWN
Technologie
Technologie Toyota hebt ab – Autobauer setzt auf Flugtaxi-Revolution in den USA
03.06.2025

Mitten in der Krise der deutschen Flugtaxi-Pioniere investiert Toyota hunderte Millionen in ein US-Start-up – und setzt auf eine Zukunft...