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Sparen und investieren: VW-Aufsichtsrat sucht neue Finanzstrategie

Der VW-Aufsichtsrat möchte im Rahmen einer neuen Finanzstrategie Sparmaßnahmen vornehmen. Unklar bleibt, an welchen Stellen gespart werden soll.
20.11.2015 17:01
Lesezeit: 2 min

Die zukünftige Finanzstrategie von Volkswagen beschäftigt seit Freitagmorgen den Aufsichtsrat von Europas größtem Autobauer bei einem erneuten Krisentreffen in Wolfsburg. Das 20-köpfige Gremium sitzt in einem von der Öffentlichkeit abgeschotteten Bürogebäude auf dem Gelände des Stammwerks zusammen.

Nach Jahren des Wachstums hat sich die Finanzlage bei VW infolge der weltweiten Abgas-Krise eingetrübt. Es drohen Milliardenkosten wegen notwendiger Nachrüstungen von Fahrzeugen sowie Strafzahlungen.

In einem ersten Schritt hatte VW 6,7 Milliarden Euro für technische Nachbesserungen der manipulierten Dieselautos zurückgelegt. Weitere Risiken durch die später hinzugekommenen falschen CO2-Werte wurden zunächst auf 2 Milliarden Euro veranschlagt. Während die Kosten für Nachrüstungen nach jüngsten Berichten am Ende doch geringer ausfallen könnten, bergen die drohenden Strafzahlungen nach wie vor hohe Unsicherheiten für die Finanzplanung des Unternehmens.

Der neue Konzernchef Matthias Müller hatte bereits kurz nach seiner Amtsübernahme angekündigt, wegen der Krise alle Investitionen auf den Prüfstand stellen zu wollen. Noch vor einem Jahr hatte Volkswagen bis 2019 Ausgaben von 85,6 Milliarden Euro angepeilt. Das Geld sollte in neue Modelle, die Werke sowie umweltfreundliche Technologien fließen.

Offen blieb zunächst, wie hoch die Kürzungen ausfallen. Aus dem Umfeld des Aufsichtsrates hieß es, dass sie wohl nicht im zweistelligen Milliardenbereich liegen werden: „Es bleibt wichtig, die richtige Balance zwischen Sparen und Investieren zu finden.“ Vor Wochen hatte der Konzern nur für die Hauptmarke VW Einsparungen von einer Milliarde Euro angekündigt.

Wir waren in einigen Investitionsprogrammen schon etwas großzügig unterwegs“, sagte VW-Markenchef Herbert Diess. Dabei betonte er aber auch, dass Volkswagen trotz der gebotenen Sparsamkeit weiter investieren wolle und müsse: „Wir wollen bis 2019 oder 2020 sogar mehr Elektrofahrzeuge ins Produktportfolio aufnehmen und weiter stark in die Digitalisierung investieren.“

Anders als ursprünglich geplant wird es nach dpa-Informationen am Freitag keine Entscheidung über einen neuen Personalvorstand bei VW geben. Da derzeit noch Gespräche mit zwei Kandidaten – einem Mann und einer Frau – liefen, sei hier erst Anfang Dezember mit einem Beschluss zur rechnen, hieß es aus Konzernkreisen. Amtsinhaber Horst Neumann (66) geht zum 1. Dezember in den Ruhestand.

Auch in den USA steht am Freitag ein wichtiger Termin für VW an: Die kalifornische Umweltbehörde CARB erwartet Vorschläge für einen Rückruf von knapp 500.000 Diesel-Fahrzeugen. Ohne einen akzeptablen Plan zur Beseitigung der Manipulationen drohen Volkswagen vonseiten der Regulierer „drakonische Strafen“ bis hin zu Fahrverboten.

CARB-Chefin Mary Nichols geht zudem davon aus, dass VW möglicherweise einen Teil der betroffenen Autos zurückkaufen muss. Erfahrungen aus der Vergangenheit hätten gezeigt, dass Nachrüsten oft nicht so gut funktioniere wie geplant, sagte sie dem Handelsblatt. „Deshalb denke ich, es ist ziemlich wahrscheinlich, dass VW wenigstens einen Teil der Flotte von den Besitzern zurückkaufen muss.“

Am Donnerstagabend hatte sich in Wolfsburg bereits mehrere Stunden lang das dem Aufsichtsrat vorgeschaltete Präsidium mit d

en Finanzplanungen befasst. Bei der Sitzung war es bis in die Nacht hinein auch um die Aufarbeitung der Abgas-Manipulationen gegangen.

VW ist in einer schweren Krise. Der Konzern hatte mit Hilfe einer Software Abgastests weltweit bei rund 11 Millionen Dieselfahrzeugen manipuliert. Dabei ging es um Werte für gesundheitsschädliche Stickoxide (NOx). Außerdem hatte VW bei etwa 800.000 Autos falsche Angaben zum Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxids (CO2) gemacht.

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