Unternehmen

Bankenverband: Kredite in Deutschland werden teurer

Lesezeit: 2 min
15.12.2015 01:20
Kredite in Deutschland werden nach Einschätzung des Bankenverbands (BdB) künftig teurer werden und haben dafür kürzere Laufzeiten. Interessant: Das massive Gelddrucken der EZB wird damit argumentiert, dass der Mittelstand leichter zu Krediten kommen soll.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

„Ich will keine Kreditklemme an die Wand malen - sie war in Deutschland immer ein Phantom. Aber es kann sein, dass zumindest die Preise steigen werden“, sagte BdB-Hauptgeschäftsführer Michael Kemmer in einem am Montag veröffentlichten Reuters-Interview.

Gemäß neuer Richtlinien (IFRS 9) müssen Geldhäuser künftig besonders dann höhere Abschreibungen vornehmen, wenn Darlehen mit langer Laufzeit auszufallen drohen. „IFRS 9 dürfte dazu führen, dass sich Banken bei der Vergabe von Krediten etwas zurückhalten, besonders im langfristigen Bereich“, erklärte Kemmer. Deutsche Häuslebauer, die sich Zinsen für ihre Immobilienkredite bisher gerne auf zehn Jahre festschreiben ließen, müssen sich deshalb auf Veränderung gefasst machen. „Es ist wahrscheinlich, dass Banken nicht mehr so lange Zinsbindungen anbieten, wie es heute üblich ist - außer die Kunden sind bereit, dafür höhere Kreditzinsen zu bezahlen.“

Die Regulierer reagieren mit den Regeln darauf, dass Banken ihrer Ansicht nach nötige Abschreibungen nach der Finanzkrise zu lange vor sich hergeschoben haben. Künftig müssen sie bei drohenden Zahlungsausfällen sofort mehr Geld beiseitelegen. „Das wird die Ergebnisse der Institute belasten“, prognostiziert Kemmer. Die neuen Standards müssen zwar erst ab 2018 angewendet werden. „Die Banken achten beim Kreditgeschäft aber schon heute auf Regeln, die in absehbarer Zeit auf sie zukommen.“

Auf Trab halten wird die deutschen Banken im kommenden Jahr auch der nächste Stresstest der Europäischen Zentralbank (EZB) und der EU-Regulierungsbehörde EBA. „Es wird für beide Seiten leichter, weil man nach dem Test 2014 weiß, wie es läuft“, erwartet Kemmer. „Die Banken wird der Stresstest nichtsdestotrotz enorm belasten.“ Der Bankenverband findet es gut, dass es 2016 anders als 2014 keine „Durchfaller“ geben soll. „Banken dürfen den Test deshalb aber nicht auf die leichte Schulter nehmen“, mahnt der BdB-Hautgeschäftsführer. „Die EZB wird die Ergebnisse schließlich bei der Kalkulation der Mindestkapitalquoten der Banken berücksichtigen.“

Im Auge haben müssen Geldhäuser und Aufseher aus Sicht von Kemmer zudem die Refinanzierung. „Für Banken ist es schwieriger geworden, AT1-Bonds oder Nachranganleihen zu platzieren. Das sind erste Wetterleuchten am Horizont.“ Bei AT1-Anleihen handelt es sich um neuartige Bonds, die abgeschrieben werden können, wenn die Kapitalquote der Bank unter eine bestimmte Schwelle fällt. Kemmer glaubt zwar nicht, dass es wie in der Finanzkrise erneut zu Liquiditätsengpässen kommen wird. Regulierer müssten bei allen neuen Regeln jedoch darauf achten, dass es für Investoren nicht zu unattraktiv werde, Bank-Anleihen zu kaufen, fordert der Lobbyist der deutschen Privatbanken. „Wenn die Refinanzierungskosten der Geldhäuser zu stark steigen, wäre das für das Finanzsystem ein großes Problem.“

Die Politik hat mehrere Gesetze auf den Weg gebracht, die verhindern sollen, dass Steuerzahler bei der Schieflage von Banken erneut zur Kasse gebeten werden. Stattdessen sollen Eigentümer, vermögende Kunden und Gläubiger bluten. Neben Eigenkapital müssen große Geldhäuser deshalb künftig einen Puffer an Anleihen (MREL) vorhalten, die im Krisenfall herangezogen werden können („bail in“). Einige Details sind dabei allerdings noch nicht geklärt, weshalb sich viele Investoren derzeit beim Kauf von Banken-Bonds zurückhalten.

 


Mehr zum Thema:  

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Energiewende: Versteckte Kosten - droht Eigentümern eine schleichende Enteignung?
16.09.2024

Deutschlands Milliardeninvestitionen in die Energiewende setzen Eigentümer unter Druck: Von Zwangssanierungen bis zu Wertverlusten –...

DWN
Politik
Politik Zu wenig, zu spät? Kontrollen an deutschen Grenzen werden ausgeweitet
16.09.2024

Im Schengen-Raum sind eigentlich nur an den Außengrenzen Kontrollen vorgesehen. Doch das hat sich nun im Zuge der Migrationsdebatte...

DWN
Politik
Politik Erneutes Trump-Attentat: Secret Service nimmt Verdächtigen an Golfplatz fest
16.09.2024

Der Secret Service entdeckt einen bewaffneten Mann in den Büschen rund um den Golfplatz, auf dem Donald Trump seine Bälle schlägt, und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Schnelle Übersetzungen per DeepL: Das deutsche Einhorn der Künstlichen Intelligenz
16.09.2024

Lichtblicke am deutschen Technologie-Horizont schimmern immer wieder mal durch - und oftmals ganz unverhofft. Das Startup „DeepL“ ist...

DWN
Finanzen
Finanzen Reich werden an der Börse: Ist das realistisch?
16.09.2024

Viele Anleger wollen an der Börse reich werden. Doch ist das wirklich der Königsweg? Die Deutschen Wirtschaftsnachrichten haben mehrere...

DWN
Finanzen
Finanzen Größere Summe anlegen: Wie investiert man 100.000 Euro in Aktien?
15.09.2024

Trotz der Bedeutung von Aktien für den langfristigen Vermögensaufbau investieren die meisten Deutschen immer noch nicht in Einzelaktien...

DWN
Panorama
Panorama Virtuelle Wiesn: Ohne Bier, aber mit Karussell-Gefühl - mehr als ein Spiel
15.09.2024

Am 21. September startet in München wieder das Oktoberfest. Viele möchten gern dorthin, können es aber nicht schaffen. Für diese...

DWN
Politik
Politik Fahrlässige Sicherheitspolitik? Aufrüstung der Bundeswehr laut Experten viel zu langsam
15.09.2024

Die Bestände der Bundeswehr sind bis 2021 stetig gesunken und steigen seitdem nur sehr langsam. Deutschland steht vor großen...