Politik

Merkels Flüchtlings-Plan in Gefahr: Erdogan macht nicht, was die EU will

Ein zentraler Punkt in Angela Merkels Flüchtlingsplan droht zu scheitern: Die Türkei denkt offenbar nicht daran, wie versprochen, die Flüchtlingszahlen zu reduzieren. Das könnte auch daran liegen, dass die EU noch nicht gezahlt hat.
09.01.2016 03:07
Lesezeit: 1 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Die Türkei lässt die EU offenbar mit den Flüchtlingen auflaufen: Angela Merkels Flüchtlings-Plan, dass die Türkei für den Pauschalpreis von drei Milliarden Euro die Flüchtlinge im Land hält, geht nicht auf. Der Vorsitzende der konservativen EVP-Fraktion, Manfred Weber (CSU), drohte Ankara, die Vereinbarung zur Bewältigung der Flüchtlingskrise mit dem Beitrittskandidaten platzen zu lassen, sollte die Türkei nicht stärker gegen Schleuser vorgehen. Das berichtet die Süddeutsche Zeitung.

Weber sagte der SZ: „Wenn in den nächsten Wochen von türkischer Seite nicht mehr passiert und die Zahl der Flüchtlinge nicht deutlich reduziert wird, muss Europa die Vereinbarung auf den Prüfstand stellen.“

Die EU und Ankara hatten am 29. November einen gemeinsamen Aktionsplan gestartet. Im Gegenzug für drei Milliarden Euro, neuen Schwung in den Beitrittsverhandlungen und Aussicht auf baldige Visa-Freiheit ihrer Bürger verpflichtet sich die Türkei darin, Flüchtlinge nicht länger ungesteuert Richtung EU ziehen zu lassen.

Doch mittlerweile wachsen in der EU die Zweifel, ob die Türkei ihren Verpflichtungen nachkommt. Zwar geht die Zahl der Flüchtlinge, die täglich in Griechenland ankommen, zurück. Allerdings führen die EU-Mitgliedsstaaten dies auf das schlechte Wetter zurück, wie es in dem Bericht heißt. „Die Ergebnisse sind enttäuschend“, sagte Weber. Allerdings dürfte mit der Türkei nicht kritischer bei der Grenzsicherung umgegangen werden als mit den Mitgliedsstaaten. „Wir müssen selbst Vorbild sein“, sagte Weber.

Das Problem: Die EU hat noch immer keine Einigung über die Zahlung der Milliarden an Erdogan. Die Mitgliedsstaaten weigern sich, signifikante Beiträge zu leisten. Die Osteuropäer etwa stehen auf dem Standpunkt, dass es sich um ein deutsches Problem handelt. Tschechien etwa unterstützt verbal die schnellstmögliche Gründung einer gemeinsamen europäischen Grenz- und Küstenwache und fordert, das Engagement der Türkei bei der Steuerung des Flüchtlingszustroms zu prüfen.

Praktisch haben die Tschechen mit dem Thema nichts zu tun: In Tschechien haben im vergangenen Jahr knapp 1400 Ausländer Asyl beantragt. Davon wurden nach Angaben des Innenministeriums 70 positiv beschieden. Ähnlich sieht es in Polen, der Slowakei und Ungarn aus. Zwischenzeitlich schien es, als müsste die EU-Kommission den Großteil des Geldes aus dem EU-Budget abzweigen. Darauf hat Brüssel allerdings wenig Lust.

Merkels Problem: Erdogan fordert die Zahlung seit Jahren. Er dürfte sich auf den Standpunkt stellen, dass die EU mindestens eine Abschlagszahlung leisten müsse, um türkische Aktivitäten zu sehen. Die EU war nämlich schon einmal mit dem Konzept gescheitert: Weil nicht rechtzeitig an die Balkan-Staaten gezahlt wurde, hatten diese im Sommer damit begonnen, die Flüchtlinge nach Norden weiterzuschicken und damit die Flüchtlingskrise in der EU ausgelöst.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Unser neues Magazin ist da: Kapital und Kontrolle – wem gehört Deutschland?
19.07.2025

Deutschland ist reich – doch nicht alle profitieren. Kapital, Einfluss und Eigentum konzentrieren sich zunehmend. Wer bestimmt wirklich...

DWN
Finanzen
Finanzen Steuererklärung: Wann Verspätungszuschläge unzulässig sind
19.07.2025

Viele Steuerzahler ärgern sich über Verspätungszuschläge, wenn sie ihre Steuererklärung zu spät abgeben. Doch nicht immer ist die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeiten nach der Schule: Warum viele keine Ausbildung beginnen
19.07.2025

Schnell Geld verdienen statt jahrelang pauken – das klingt für viele junge Menschen verlockend. Doch wer direkt nach der Schule in den...

DWN
Politik
Politik Militär statt Frieden? Was das EU-Weißbuch 2030 wirklich bedeutet
19.07.2025

Mit dem Weißbuch „Bereitschaft 2030“ gibt die EU ihrer Sicherheitspolitik eine neue Richtung. Doch Kritiker warnen: Statt...

DWN
Politik
Politik Nordkoreas Kronprinzessin: Kim Ju-Ae rückt ins Zentrum der Macht
18.07.2025

Kim Jong-Un präsentiert die Zukunft Nordkoreas – und sie trägt Handtasche. Seine Tochter Kim Ju-Ae tritt als neue Machtfigur auf. Was...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Birkenstock: Von der Orthopädie-Sandale zur globalen Luxusmarke
18.07.2025

Birkenstock hat sich vom Hersteller orthopädischer Sandalen zum weltweit gefragten Lifestyle-Unternehmen gewandelt. Basis dieses Wandels...

DWN
Politik
Politik 18. Sanktionspaket verabschiedet: EU verschärft Sanktionsdruck mit neuen Preisobergrenzen für russisches Öl
18.07.2025

Die EU verschärft ihren wirtschaftlichen Druck auf Russland: Mit einem neuen Sanktionspaket und einer Preisobergrenze für Öl trifft...

DWN
Politik
Politik China investiert Milliarden – Trump isoliert die USA
18.07.2025

China bricht alle Investitionsrekorde – und gewinnt Freunde in aller Welt. Trump setzt derweil auf Isolation durch Zölle. Wer dominiert...