Drei Szenarien, wie Anleger auf den US-Schuldenkollaps reagieren können
Angesichts der hohen Unsicherheit über zentrale wirtschaftliche und politische Entwicklungen in den USA und weltweit müssen langfristige Anleger umdenken, schreibt das dänische Wirtschaftsportal Børsen. In den Wochen nach dem 2. April flackerten unzählige gelbe „Breaking News“-Banner über die Bildschirme – nachdem der US-Präsident hohe Zölle auf nahezu alle Waren aus nahezu allen Ländern angekündigt hatte. Wir leben in einer Zeit großer Unsicherheit über zentrale wirtschaftliche und politische Rahmenbedingungen – sowohl in den USA als auch global. Langfristig orientierte Investoren müssen sich heute mit Themen auseinandersetzen, die noch vor wenigen Jahren niemand auf dem Radar hatte. Die Entwicklung erfordert ein grundlegend neues Nachdenken darüber, wie wir unsere langfristigen Anlagestrategien auf die Zukunft ausrichten.
Amerikas Dilemma
Es ist daher absolut empfehlenswert, sich nicht im Nebel kurzfristiger Nachrichtenfluten zu verlieren, sondern den Blick auf die langfristigen Auswirkungen der heutigen Entscheidungen zu richten. Die US-Regierung verfolgt im Kern das Ziel, die Last der immensen Staatsverschuldung durch verschiedene Maßnahmen zu reduzieren. Doch die Vereinigten Staaten befinden sich in einem Dilemma. Denn hohe laufende Haushaltsdefizite, geplante Steuersenkungen und die Bedienung der Schuldzinsen auf das enorme Schuldenvolumen müssen möglichst mit niedrig verzinsten Anleihen finanziert werden. Die Stellung des US-Dollars als globale Reservewährung muss daher aufrechterhalten bleiben. Doch gerade dieser Status führt zu einer dauerhaft künstlich starken US-Währung – mit wirtschaftlichen Ungleichgewichten zum Nachteil der USA.
Die US-Regierung sieht sich daher gezwungen zu handeln: Zölle, eine gezielte Schwächung des Dollars und die Absicherung der Staatsfinanzierung – kurz- wie langfristig – zu niedrigen Zinsen gehören zu den denkbaren Instrumenten, um den Dollar weiterhin als starkes, relativ risikoarmes Ankerinstrument der Weltwirtschaft zu erhalten. Die wirtschaftliche Unsicherheit, die Washington mit seinem verbalen und aggressiven Kurs erzeugt, wird dabei gezielt eingesetzt, um den Dollar weniger sicher erscheinen zu lassen und so dessen Kurs zu drücken. Das würde US-Waren auf dem Weltmarkt günstiger machen und die Handelsbilanz verbessern. Da die USA die größte Volkswirtschaft der Welt sind, schlagen solche Maßnahmen sofort global durch – mit heftigen Wellen an den Finanzmärkten.
Derzeit gibt es drei denkbare Szenarien im Schuldenkonflikt der USA – und wie sich langfristige Investoren darauf einstellen können.
Szenario 1: Business as usual
Das erste und zugleich wahrscheinlichste Szenario ist ein „Weiter so“: Die US-Staatsschulden steigen weiter an, ohne dass andere Länder zur Mitfinanzierung gezwungen werden. Das Vertrauen in die US-Wirtschaft ist zwar leicht beschädigt, der Dollar wird volatiler, und langfristige US-Zinsen könnten steigen. Ein grundlegender Kurswechsel ist in diesem Szenario nicht notwendig. Doch Investoren sollten die Volatilität der US-Währung im Blick behalten und prüfen, ob eine strategische Absicherung der Dollar-Exponierung sinnvoll ist.
Szenario 2: Der große Umbruch
Im zweiten – weniger wahrscheinlichen – Szenario kommt es zu einem deutlich stärkeren Umbruch. Die USA bleiben marktwirtschaftlich stabil, aber es entsteht politischer Druck, Dollar und Kurzfristzinsen gleichzeitig zu drücken. Der Dollar würde dann erheblich volatiler, Investoren wenden sich stärker dem Euro oder anderen Alternativen zu. Gold und andere „sichere Häfen“ steigen im Wert. In diesem Szenario wird die strategische Dollarabsicherung essenziell. Auch taktische Absicherungen können nötig sein – was jedoch komplexer ist, als es klingt. Besonders die Allokation in Dollar-Assets – inklusive Kreditinstrumente – muss neu bewertet werden.
Szenario 3: Das Paradigmenwechsel-Szenario
Das dritte und klar unwahrscheinlichste Szenario: ein radikaler Umbruch, in dem die USA die Welt über politische oder wirtschaftliche Machtmittel dazu zwingen, die Schuldenlast mitzutragen – durch dauerhaft hohe Zölle, eine „freiwillige“ Umschichtung der Schulden oder eine koordinierte, strukturelle Dollarschwächung. Der Dollar würde faktisch seine Rolle als globale Leitwährung verlieren und neben Euro und Yuan eine von mehreren Reservewährungen sein. Die Märkte würden vor allem die langfristigen US-Zinsen nach oben treiben. Sichere Häfen verteuerten sich drastisch. Hier müsste die strategische Dollarabsicherung umgesetzt werden. Wegen der zu erwartenden hohen Volatilität wäre bei taktischen Absicherungen jedoch höchste Vorsicht geboten. Besonders US-Aktienmärkte stünden unter Druck. Eine Verlagerung hin zu regionalen Märkten wäre angebracht. Die Dollar-Allokation – inklusive Kreditengagements – sollte reduziert, sichere Alternativen dauerhaft gestärkt werden.
Portfolios müssen krisenfest sein
Unabhängig davon, welches Szenario sich letztlich realisiert, ist eines klar: Investoren müssen sich auf mehr Komplexität und Unsicherheit einstellen. In einer Welt voller „Breaking News“ ist es entscheidend, dass Vermögensverwalter langfristig denken – und sich nicht von den Schlagzeilen treiben lassen. Wer sich auf strukturelle Trends konzentriert, statt auf kurzfristige Nachrichten, kann sich besser positionieren und robuster aufstellen. Portfolios müssen den kommenden Umwälzungen standhalten – insbesondere im Hinblick auf die amerikanische Geld- und Schuldenpolitik. Langfristig orientierte Investoren müssen sich auf den „Kampf um die US-Staatsverschuldung“ vorbereiten – mit Fokus, strategischer Weitsicht, konkreten Szenarien und einem klaren Plan A, B und C in der Schublade.