Deutschland

Verbot der Vermummung: Sparkasse verwehrt Frau mit Schleier Zutritt

Lesezeit: 2 min
18.01.2016 00:27
In Neuss ist einer Frau, die einen Gesichtsschleier trug, der Zutritt zu einer Sparkassen-Filiale verweigert worden. Die Angestellten argumentieren, dass eine Überprüfung der Identität mit Schleier und Sehschlitz nicht möglich sei. Wer sich verschleiert in eine Bank begibt, müsse mit Skepsis rechnen.
Verbot der Vermummung: Sparkasse verwehrt Frau mit Schleier Zutritt

Eine 20-jährige muslimische Frau wollte im nordrhein-westfälischen Neuss eine Sparkassen-Filiale betreten. Sie wollte eine Überweisung durchführen. Als sie die Filiale betrat, sollen Bankangestellte die Frau am Betreten der Filiale gehindert haben. Die Angestellten boten der Frau an, ihren Gesichtsschleier abzunehmen und sich auszuweisen, berichtet die Neuß-Grevenbroicher Zeitung.

Die Neuß-Grevenbroicher Zeitung:

„Es ist uns unglaublich wichtig, dass es nicht um das Thema Religion, sondern um Sicherheit geht“, sagt Stephan Meiser, Sprecher der Sparkasse Neuss. Ein Schild mit einem durchgestrichenen Motorradhelm weist neben dem Eingang auf ein „Vermummungsverbot“ in der Filiale hin. Auf dieses habe der Mitarbeiter die Frau am Mittwoch „freundlich hingewiesen“, bevor er sie trotz ihres Protests des Hauses "verwies". Ihr Angebot, in einem Nebenraum in Gegenwart einer weiblichen Angestellten ihren Nikab – einen Schleier mit Sehschlitz – abzunehmen und ihren Personalausweis zu zeigen, ist laut Meiser für das Personal keine Option gewesen. „Kein Mensch hat ein gutes Gefühl, mit einer unkenntlichen Person Flure entlang oder in einen Raum zu gehen.“ Schließlich sei eine Geiselnahme oder ein Bankraub zu befürchten: „Das ist das Schlimmste, was wir uns vorstellen können: Eine kriminelle Person geht mit unserer Mitarbeiterin alleine in einen Raum, lässt den Schleier fallen und zieht eine Waffe hervor.“

Der Bürgermeister der Stadt unterstützt die Sichtweise der Sparkasse:

Reiner Breuer, Neusser Bürgermeister und Vorsitzender des Sparkassen-Verwaltungsrats, habe „volles Verständnis“ für die Reaktion des Mitarbeiters: „Wer sich verschleiert in eine Bank begibt, muss damit rechnen, dass man ihm skeptisch gegenübersteht.“ Ein Hinweisschild, das eindeutig auf das Nikab-Verbot aufmerksam macht, wollen er und Meiser nicht: „Das gibt es bisher ganz bewusst nicht“, sagt der Sprecher. Dennoch gibt er zu, dass es Schleierträgerinnen „unmöglich“ sei, in einer Neusser Sparkasse zu gehen. „Draußen vor der Filiale gibt es genügend Automaten“, sagt Meiser. Falls eine Kundin ein Gespräch wünsche, müsse sie einen Berater nach Hause bestellen.

Der Polizei zufolge solle es zu einer lautstarken Auseinandersetzung gekommen sein. Einer der Angestellten soll die Frau aus der Filiale geschoben haben. Weil sie eine schwere Einkaufstasche über der Schulter trug, habe sie sich dadurch Schürfwunden zugezogen, so die Zeitung. Als die Polizei eintraf, war die Frau bereits gegangen. Später erstattete sie Anzeige. Sie hatte sich eine schwere Einkaufstasche bei sich und soll sich deshalb durch die Aktion des Angestellten Schürfwunden zugezogen haben. Der Ehemann der jungen Frau sagte, sie wurde vor ein paar Wochen schon einmal der Bank verwiesen. „Da haben wir uns das noch gefallen lassen.“ Seit dem Vorfall traue sich die 20-Jährige kaum aus dem Haus. Was das Paar sich nun wünsche, sei eine Aufklärung des Falls – keine „Änderung des Grundgesetzes“.

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Tesla Grünheide - Protesttage: Polizei schützt Autofabrik mit Großaufgebot
10.05.2024

Die Kundgebungen gegen den Autobauer Tesla in Grünheide erreichten am Freitag einen neuen Höhepunkt. Während eines...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Der Chefredakteur kommentiert: Deutsche Bahn, du tust mir leid!
10.05.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Technologie
Technologie Kein Erdgas mehr durch die Ukraine? Westeuropa droht erneute Energiekrise
10.05.2024

Eines der größten Risiken für die europäische Erdgasversorgung im nächsten Winter ist die Frage, ob Gaslieferungen weiterhin durch die...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Rekordhoch: Deutscher Leitindex springt auf Allzeithoch bei über 18.800 Punkten
10.05.2024

Der DAX hat am Freitag mit einem Sprung über die Marke von 18.800 Punkten seinen Rekordlauf fortgesetzt. Was bedeutet das für Anleger und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Streik am Bau: Gewerkschaft kündigt Proteste in Niedersachsen an
10.05.2024

Die IG Bauen Agrar Umwelt hat angekündigt, dass die Streiks am Bau am kommenden Montag (13. Mai) zunächst in Niedersachsen starten...

DWN
Politik
Politik Selenskyj drängt auf EU-Beitrittsgespräche - Entwicklungen im Ukraine-Krieg im Überblick
10.05.2024

Trotz der anhaltenden Spannungen an der Frontlinie im Ukraine-Krieg bleibt Präsident Selenskyj optimistisch und setzt auf die...

DWN
Politik
Politik Corona-Aufarbeitung: Spahn spricht sich für breite Analyse aus mit allen Blickwinkeln
10.05.2024

Im deutschen Parlament wird zunehmend eine umfassende Analyse der offiziellen Corona-Maßnahmen, einschließlich Masken und Impfnachweisen,...

DWN
Politik
Politik Pistorius in den USA: Deutschland bereit für seine Aufgaben
10.05.2024

Verteidigungsminister Boris Pistorius betont in Washington eine stärkere Rolle Deutschlands im transatlantischen Bündnis. Er sieht den...