Politik

Bundestag stimmt über Verfassungsrichter ab – Politische Debatte um Mehrheiten

Im Bundestag steht eine wichtige Entscheidung an: Drei Kandidatinnen und Kandidaten für das Bundesverfassungsgericht sollen gewählt werden. Die Personalien sorgen für politische Diskussion – insbesondere eine davon stößt auf Widerstand aus der Union. Spannend bleibt die Frage, ob Stimmen aus der Linken oder von der AfD über die Besetzung mitentscheiden werden. Das Ergebnis könnte Signalwirkung für künftige Wahlprozesse haben.
08.07.2025 11:41
Lesezeit: 2 min
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Bundestag stimmt über Verfassungsrichter ab – Politische Debatte um Mehrheiten
Drei Kandidaten für das Bundesverfassungsgericht stehen zur Wahl (Foto: dpa). Foto: Uli Deck

Die erste Hürde bei der Besetzung dreier Richterstellen am Bundesverfassungsgericht ist genommen - nun steuert alles auf die Abstimmungen am Freitag im Bundestag zu. Am späten Montagabend einigte sich der Wahlausschuss des Bundestags darauf, zwei Kandidaten der SPD und einen der Union für die Posten zu empfehlen - inklusive der in Reihen der Union umstrittenen SPD-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Teilnehmerkreisen. Zuvor hatte die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ berichtet.

Entscheidung am Freitag

Die endgültigen Entscheidungen über den Unionskandidaten Günter Spinner, bislang Richter am Bundesarbeitsgericht, und die von der SPD nominierten Jura-Professorinnen Brosius-Gersdorf und Ann-Katrin Kaufhold sollen am Freitag im Plenum des Bundestags fallen.

Union und SPD verfügen dort aber auch zusammen mit den Grünen nicht über die Zweidrittelmehrheit, die für die Wahl von Verfassungsrichtern nötig ist. Das bedeutet, dass Stimmen von AfD oder Linken den Ausschlag geben könnten.

Insbesondere gegen Brosius-Gersdorf hatte es zuvor Widerstand aus Reihen der Union gegeben. Die Jura-Professorin hatte sich unter anderem in der Corona-Pandemie für eine Impfpflicht eingesetzt. Die CDU-Bundestagsabgeordnete Saskia Ludwig bezeichnete sie auf der Plattform X als „unwählbar“.

Zwei geheime Abstimmungen

Am Freitagmorgen soll zunächst über einen Richter - wohl den von der Union nominierten Kandidaten - abgestimmt werden. Die Wahl der beiden weiteren Richterinnen steht gegen Mittag auf der Tagesordnung der letzten Sitzung des Bundestags vor der Sommerpause.

Anders als im Wahlausschuss mit seinen zwölf regulären Mitgliedern könnten die Regierungsparteien CDU/CSU und SPD für die Abstimmung im Plenum neben den Grünen auch Stimmen der Linken brauchen, falls sie nicht auf Stimmen der AfD angewiesen sein möchte. Die Wahl ist geheim.

Es dürfte nicht ohne AfD oder Linke gehen

Die CDU hat per Parteitagsbeschluss „Koalitionen und ähnliche Formen der Zusammenarbeit sowohl mit der Linkspartei als auch mit der Alternative für Deutschland“ ausgeschlossen. Die Linke will hingegen im demokratischen Lager einbezogen werden. Vor der Abstimmung an diesem Freitag müsse sich die Union mit ihrer Fraktion an einen Tisch setzen, forderte die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Clara Bünger, im ZDF-„Morgenmagazin“. „Perspektivisch möchten wir ein eigenes Vorschlagsrecht für die Richterinnen und Richter.“

Für die Wahl im Plenum ist eine Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen nötig - wenn alle Fraktionen gemäß ihrer relativen Stärke vertreten wären und geschlossen abstimmen würden, bräuchte es also AfD oder Linke. Daneben muss mindestens eine Mehrheit aller 630 Bundestagsmitglieder erreicht werden, also mindestens 316 Stimmen.

Spahn gibt sich zuversichtlich

Die Führung der Unionsfraktion setzt darauf, dass alle drei Kandidaten und Kandidatinnen der schwarz-roten Koalition für das Bundesverfassungsgericht am Freitag mit Zweidrittelmehrheit gewählt werden.

Fraktionschef Jens Spahn (CDU) verwies am Montagnachmittag darauf, dass sich die Union mit der Nominierung von Günter Spinner den Vorschlag aller derzeitigen Verfassungsrichter zu eigen gemacht hätten. Die Führung der Unionsfraktion unterstütze ihrerseits die beiden Vorschläge der SPD. „So haben wir es miteinander vereinbart“, sagte Spahn.

AfD: Für Unionskandidaten, gegen SPD-Kandidatinnen

Die AfD-Fraktionsführung empfiehlt ihren Mitgliedern, für den Unionskandidaten zu stimmen. Die beiden Kandidatinnen, die die SPD vorschlägt, werde man dagegen nicht unterstützen, kündigte Fraktionschefin Alice Weidel an.

Die Linke hingegen beharrte vor der Wahl auf Gesprächen mit der Union. „Ohne Gespräch keine Wahl, das ist ganz einfach“, sagte der Linken-Vorsitzende Jan van Aken. Die Linke will nach seinen Worten mit der Union Absprachen treffen sowohl für die Wahl und das Vorschlagsrecht für Richterpositionen als auch über die Besetzung von Positionen im Parlamentarischen Kontrollgremium oder die Reform der Schuldenbremse. Die Union habe aber keinen Kontakt aufgenommen.

Die 16 Rich­te­r und Richterinnen des Bundesverfassungsgerichts werden je zur Hälfte von Bundestag und Bundesrat gewählt. Aktuell sind gleich drei Posten vom Bundestag zu besetzen. Einen Kandidaten kann die CDU/CSU vorschlagen, zwei die SPD.

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