Finanzen

Wenig Vertrauen in Banken: Schweizer setzen auf Bargeld

Schweizer Bürger heben in großem Stil Bargeld ab. Besonders der 1000-Franken-Schein ist beliebt, seine Umlaufzahlen steigen seit mehr als zwei Jahren unvermindert an. Der Schweizer Trend hin zum Bargeld findet in einer Zeit statt, in der einige bedeutende Stimmen aus der Wirtschaft dessen Abschaffung fordern.
05.02.2016 00:20
Lesezeit: 2 min

In der Schweiz ist immer mehr Bargeld im Umlauf. Insbesondere auf 1000-Franken-Noten scheinen es die Bankkunden abgesehen zu haben. Deren im Umlauf befindliche Anzahl stieg von etwa 22 Millionen im Jahr 2008 auf über 43 Millionen im November vergangenen Jahres, wie aus der Statistik der Schweizerischen Nationalbank (SNB) hervorgeht. Damit stieg die Ausgabe dieser Scheine seit Oktober 2014 fast ununterbrochen an.

„Einer der Gründe dafür ist wohl, dass die Zinsen für das Geld auf dem Bankkonto zurzeit sehr tief sind“, sagt der Sprecher der SNB, Walter Meier gegenüber dem Magazin „20 Minuten“. Der Rückgriff auf große Scheine lässt ein grundlegendes Misstrauen vieler Bürger hinsichtlich der Stabilität des Schweizer Bankensystems erkennen. Denn auch in physischer Form ist das Geld der allgemeinen Entwertung ausgesetzt. Vielen Kunden erscheint es aber zu riskant, ihr gesamtes Vermögen den Banken anzuvertrauen.

Das Horten großer Scheine gilt gemeinhin als Krisenindikator: „Nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers im Herbst 2008 nahm der Bargeldumlauf um rund fünf Milliarden Franken zu“, erklärt Meier. Einen deutlichen Anstieg der im Umlauf befindlichen 1000-Franken-Scheine habe es zudem während der Euro-Krise im Jahr 2010 gegeben.

Anfang 2015 hatten auch einige Schweizer Pensionsfonds angekündigt, eine Lagerung der ihr anvertrauten Kundengelder in physischer Form zu prüfen, nachdem die SNB Negativzinsen von 0,75 Prozent einführte. Von dieser Möglichkeit machten sie bislang aber kaum Gebrauch, weil auch die Anmietung von Schließfächern mit Kosten verbunden ist. Zudem haben sie Mittel und Wege gefunden, die Negativzinsen zu umgehen: So hätten viele Pensionskassen schlichtweg die Anzahl der Bankverbindungen erhöht. Auf diese Weise könnten sie ihre liquide Mittel auf mehrere Orte aufteilen und damit mehrere Freigrenzen nutzen. Die Freigrenze für ihre Gesamteinlagen sei dadurch deutlich nach oben korrigiert worden.

Die große Beliebtheit von Bargeld stört vor allem Banken und Regierungen. SNB-Präsident Jordan hat Großinvestoren in der Vergangenheit bereits davor gewarnt, die Negativzinsen zu umgehen. Dies schade der Geldpolitik des Instituts und letztlich auch der Schweiz als Ganzes. Auch viele Staaten sind tendenziell an einer Abschaffung oder Beschränkung von Bargeld interessiert, weil sich die Bürger bei einem rein digitalen Zahlungsverkehr nicht gegen Sonderabgaben, neue Transaktionssteuern oder Negativzinsen wehren können. Die weltweit angehäuften Schulden und der Zwang zur Erschließung neuer Einnahmequellen hat zu einer merklichen Repression gegen Bargeld geführt.

In letzter Zeit hat die Diskussion um ein mögliches Bargeldverbot neuen Schwung erhalten: So kündigte die staatseigene norwegische DNB Bank an, Bargeld aus ihren Geschäften zu verbannen. In Deutschland plädierte die SPD in dieser Woche für eine Obergrenze von 5.000 Euro bei der Bezahlung mit Bargeld und für eine Abschaffung des 500-Euro-Scheins.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Ölpreis: OPEC-Konflikt eskaliert – Saudi-Arabien warnt vor Marktchaos
11.05.2025

Ein gefährlicher Riss geht durch die mächtige Allianz der OPEC-Plus-Staaten. Statt mit geschlossener Strategie die Preise zu...

DWN
Politik
Politik Kann Deutschland Europa retten? Der neue Koalitionsvertrag offenbart alte Schwächen
11.05.2025

Zum Europatag 2025 richtet sich der Blick erneut nach Berlin. Die Erwartungen an Deutschland sind hoch – nicht nur innerhalb der Union,...

DWN
Finanzen
Finanzen Börsenkrisen: Warum Volatilität kein Risiko ist
11.05.2025

Wenn die Börsen Achterbahn fahren, zittern viele Anleger. Doch Panik ist oft der schlechteste Berater – denn was aussieht wie ein...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Strategien für Krisenzeiten: Wie Sie jetzt Ihre Unternehmensleistung steigern
11.05.2025

Steigende Kosten, Fachkräftemangel, Finanzierungsdruck – viele KMU kämpfen ums Überleben. Doch mit den richtigen Strategien lässt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft USA vor Energieumbruch: Strom wird zum neuen Öl – und zur nächsten geopolitischen Baustelle
11.05.2025

Ein fundamentaler Wandel zeichnet sich in der US-Wirtschaft ab: Elektrizität verdrängt Öl als Rückgrat der nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bill Gates verschenkt Vermögen – Symbol einer neuen Weltordnung oder letzter Akt der alten Eliten?
11.05.2025

Bill Gates verschenkt sein Vermögen – ein historischer Akt der Großzügigkeit oder ein strategischer Schachzug globaler Machtpolitik?...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft „Made in America“ wird zur Hypothek: US-Marken in Europa auf dem Rückzug
11.05.2025

Eine neue Studie der Europäischen Zentralbank legt nahe: Der Handelskrieg zwischen den USA und der EU hat tiefgreifende Spuren im...

DWN
Finanzen
Finanzen Tech-Börsengänge unter Druck: Trumps Handelskrieg lässt Startup-Träume platzen
10.05.2025

Schockwellen aus Washington stürzen IPO-Pläne weltweit ins Chaos – Klarna, StubHub und andere Unternehmen treten den Rückzug an.