Finanzen

Russland: Fremdwährungs-Kredite werden zum Problem für Europas Banken

Lesezeit: 1 min
31.01.2016 00:08
Der Wertverfall des Rubel erschwert die Rückzahlung von Krediten, die in fremder Währung aufgenommen wurden. In Moskau kam es deswegen kürzlich zu Demonstrationen in Bankfilialen. In einigen europäischen Ländern wurden Banken bereits enteignet, um die heimischen Kreditnehmer zu schützen. An ihrem Vorgehen könnte sich langfristig auch Russland orientieren.
Russland: Fremdwährungs-Kredite werden zum Problem für Europas Banken

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

+++WERBUNG+++

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Am Dienstag besetzten mehrere Dutzend Demonstranten die Moskauer Zentrale der österreichischen Raiffeisen-Bank, um auf ihre aussichtslose Lage bei der Rückzahlung von Euro-Krediten aufmerksam zu machen, wie das österreichische Wirtschaftsblatt berichtet. Der Rubelkurs hat gegenüber dem Euro in den vergangenen drei Jahren mehr als 50 Prozent an Wert verloren, wodurch sich die Schuldenlast für die Kreditnehmer stark erhöht hat.

Die Raiffeisen Bank äußerte sich zu den Vorkommnissen: „Es waren nur 30 Personen in der Filiale“, sagte eine Sprecherin am Mittwoch gegenüber der Austria Presse Agentur. „Der Geschäftsbetrieb war immer aufrecht, gelegentlich gab es Sprechchöre und Flugblattverteilungen“. Die Bank betonte, dass das Problem mit Fremdwährungskrediten bei Raiffeisen in Russland sehr klein sei. Von drei Millionen Kunden in Russland seien demnach nur 1500 betroffen.

Die Aktionen zeigten trotzdem Wirkung: die erste russische Bank hat sich bereits flexibel hinsichtlich der Rückzahlungsmodalitäten gezeigt. So kündigte die Sowkombank laut dem Wirtschaftsblatt an, ihren Kunden bis zum Ende des Jahres Rückzahlungen zum Kurs von 60 Rubel pro Dollar einzuräumen. Zum Vergleich: Am Freitag mussten an den Märkten rund 75 Rubel für einen Dollar bezahlt werden. Das Einlenken der Sowkombank dürfte allerdings eine Ausnahme in der Branche bleiben, die gut an den Fremdwährungskrediten verdient. Je länger der Kurs des Rubel von tiefen Erdölpreisen gedrückt wird, desto wahrscheinlicher ist, dass der russische Staat eingreifen muss, um Unruhen zu vermeiden. Theoretisch könnte er sich dabei am Vorgehen europäischer Länder orientieren, die Banken aus demselben Grund in der Vergangenheit enteigneten.

Ungarn nimmt hierbei eine Vorreiterrolle ein: 2014 zwang die Regierung Orban die Banken des Landes, rückwirkend Zinsen und Gebühren für Kredite zu senken, die diese vor der Finanzkrise in Fremdwährungen wie dem Schweizer Franken vergeben hatten. Dies bedeutete, dass die Kreditverträge von Seiten Ungarns gebrochen und die betroffenen Banken faktisch enteignet wurden.

Kürzlich kündigte auch Polen ein entsprechendes Gesetz an. Dieses erlaubt, Franken-Hypothekenkredite in polnische Zloty umzuwandeln, um polnische Kreditnehmer zu entlasten. Der Franken hatte sich in wenigen Jahren um rund 80 Prozent gegenüber der Landeswährung verteuert und brachte dadurch rund 500.000 Polen in Schwierigkeiten. Der Vorstoß führte zu heftiger Kritik von Seiten der polnischen Banken und der EZB – Investoren verkauften daraufhin Aktien der entsprechenden Institute.

Noch hält sich die russische Regierung zurück. Ein ähnliches Vorgehen wie in Ungarn oder Polen könnte sich im Fall der Raiffeisen Bank jedoch indirekt auf die Finanzarchitektur Österreichs auswirken: die Raiffeisen Bank befindet sich als Tochtergesellschaft der österreichischen Landesbanken zu fast 90 Prozent in öffentlichem Besitz.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Europameisterschaft 2024 am Arbeitsplatz streamen: Wie weit geht Arbeitgeber-Toleranz?
05.05.2024

Die Spiele der Europameisterschaft 2024 finden zu Zeiten statt, die nicht ideal für Arbeitnehmer sind. Einige Spiele starten bereits um 15...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Handwerksbetriebe in Not: Geschäftslage trübt sich ein
05.05.2024

Die aktuelle Lage im Handwerk bleibt düster, mit einer spürbaren Verschlechterung der Geschäftslage im ersten Quartal 2024 aufgrund...

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Eine Welt ohne Europa?
04.05.2024

Der Krieg in der Ukraine und die Spannungen im Nahen Osten gefährden die Zukunftsfähigkeit der EU. Nun steht sie an einem Scheideweg:...

DWN
Politik
Politik Angriff auf SPD-Europapolitiker: Matthias Ecke in Dresden schwer verletzt
04.05.2024

Schockierende Gewalt: SPD-Europaspitzenkandidat Matthias Ecke wurde brutal angegriffen. Politiker verurteilen den Angriff als Attacke auf...

DWN
Finanzen
Finanzen Platzt die ETF-Blase – was dafür, was dagegen spricht
04.05.2024

Kaum eine Investmentform konnte in den zurückliegenden Jahren die Gunst der Anleger derart erlangen wie dies bei Exchange Traded Funds,...

DWN
Immobilien
Immobilien Streikwelle auf Baustellen droht: Gewerkschaft kündigt Massenstreiks an
04.05.2024

Die Bauindustrie steht vor Massenstreiks: Gewerkschaft kündigt flächendeckende Arbeitsniederlegungen mit rund 930.000 Beschäftigten an.

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Chinas Einfluss in Südostasien: Herausforderung für deutsche Firmen
04.05.2024

Deutsche Unternehmen suchen verstärkt nach Alternativen zum chinesischen Markt und richten ihr Augenmerk auf die aufstrebenden...

DWN
Technologie
Technologie CO2-Speicherung: Vom Nischenthema zum Wachstumsmarkt
04.05.2024

Anreize durch die Politik, eine neue Infrastruktur und sinkende Kosten: CO2-Speicherung entwickelt sich zusehends vom regionalen...