Politik

Zweifel an dem Deal: Türkische Politiker kritisieren Merkel und die EU

Lesezeit: 2 min
09.03.2016 00:46
Die Stimmung in der türkischen Politik ist nach dem EU-Gipfel nicht besonders ermutigend: Aus unterschiedlichen Gründen werden Angela Merkel und die EU kritisiert. Vertrauensbildene Maßnahmen sehen anders aus.

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Die türkischen Medien betonen, dass die Türkei und die EU in der Flüchtlingsfrage lediglich  eine „grundsätzliche Einigung“ erzielt hätten. Ein endgültiger Beschluss soll am 18. März in Brüssel getroffen werden. Während sich der türkische Premier Ahmet Davutoğlu optimistisch gibt, fallen alle anderen Stimmen in der Türkei – einschließlich des türkischen Staatschefs Recep Tayyip Erdoğan – pessimistisch aus.

Die türkische Zeitung Hürriyet zitiert Ahmet Davutoğlu

„Wir sind an und dabei, eine mutige Entscheidung zu treffen, wonach unabhängig von der Nationalität alle illegalen Migranten, die die Türkei in Richtung Europa überqueren, zurückgenommen werden sollen. Für jeden syrischen ,Migranten‘, die die Türkei von den griechischen Inseln zurücknehmen wird, wird die EU einen syrischen ,Flüchtling‘ aus der Türkei aufnehmen. Das ist zumindest unsere Erwartung. Unser Ziel ist es, die illegale Migration einzudämmen, den Menschenschmuggel zu bekämpfen und eine rechtliche Grundlage für diejenigen zu schaffen, die auf legalem Wege nach Europa immigrieren wollen. Wir haben hier einen entscheidenden menschlichen Ansatz.“

Die Zeitung Yeniçağ zitiert den Vize-Chef der sozialdemokratischen CHP:

„Wir befürchten, dass im Zuge der EU-Beitrittsverhandlungen die Flüchtlingsfrage zu einem neuen, inoffiziellen Beitrittskriterium gemacht wird. Es kann durchaus sein, dass es Probleme beim Rücknahmeabkommen gibt und die Visa-Freiheit für türkische Staatsbürger wird sich ohnehin schwierig gestalten.“

Der Chef der türkisch-kurdischen Partei HDP, Selahattin Demirtaş, traf sich anlässlich des EU-Türkei-Gipfel am Montag mit der EU-Außenvertreterin Federica Mogherini, dem österreichischen Kanzler Werner Faymann, dem portugiesischen Premier António Costa und dem Premier von Malta Joseph Muscat  in Brüssel.

Demirtaş übte scharfe Kritik an der EU bezüglich der Flüchtlings-Krise. Die Zeitung Cumhuriyet zitiert den HDP-Chef: „Statt die Flüchtlinge als unangenehme Plagegeister zu betrachten, sollte Europa seine Politik im Nahen Osten und in Syrien kritisch hinterfragen und sich überlegen, wo Fehler gemacht wurden.“ Zudem sei die Türkei-Politik Merkels kritisch zu hinterfragen. „Während sie mit der Türkei paktiert, versucht sie alles, um die türkische Regierung ja nicht zu verärgern. Merkel hat die deutsche Gesellschaft vergessen. Ihre Politik spiegelt nicht die Belange der deutschen Gesellschaft wieder.“

Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan hielt am Tag des EU-Türkei-Gipfels eine Rede in Ankara. Haber 7 zitiert  Erdoğan:

„Es befinden sich derzeit drei Millionen Menschen in unserem Land. Wir haben bisher zehn Milliarden Dollar für sie ausgegeben. Die Europäer sagen, dass sie keine Flüchtlinge wollen. Doch es sind nicht wir, die die Flüchtlinge zu euch schicken. Sie reisen über das Meer und ein Teil von ihnen stirbt. Wir haben bisher fast 100.000 Flüchtlinge vor dem Ertrinken gerettet. Das ist der Unterschied zwischen uns und denen. Wenn die westlichen Staaten wirklich einen so großen Wert auf Frauen- und Menschenrechte legen, stelle ich die Frage, warum ihnen der Tod von Hunderttausenden von Frauen und Kindern in Syrien so egal ist? Ich habe auf meiner Afrikareise gesehen, unter welchen Bedingungen die Menschen leben müssen. Dieses Modell wollen sie nun auf Syrien und Nordafrika anwenden. Doch das werden wir nicht zulassen.“


Mehr zum Thema:  
Europa >

DWN
Politik
Politik Streit ums liebe Geld: UN-Klimagipfel geht in die Verlängerung
22.11.2024

Milliarden für den Klimaschutz – doch wie weit sind die Staaten wirklich bereit zu gehen? Auf der UN-Klimakonferenz in Baku entbrannte...

DWN
Politik
Politik Netanjahu Haftbefehl: Deutschland und die rechtliche Zwickmühle
22.11.2024

Der Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu erschüttert die internationale Bühne. Deutschland sieht sich in einem schwierigen Spagat:...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bosch kürzt 5.550 Stellen - 3.800 davon in Deutschland
22.11.2024

Bosch steht vor massiven Einschnitten: Bis zu 5.550 Stellen sollen wegfallen, davon allein 3.800 in Deutschland. Die Krise in der...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis-Prognose 2025: Nach Kurskorrektur steigt der Goldpreis aktuell - wohin geht die Reise?
22.11.2024

Der Goldpreis steht derzeit im Fokus von Anlegern und Edelmetallexperten. Gerade in unsicheren Zeiten wollen viele Investoren Gold kaufen,...

DWN
Politik
Politik Iranisches Atomprogramm: Teheran will mehr Uran anreichern
22.11.2024

Droht der Iran dem Westen mit neuen Atomwaffen? Die IAEA warnt, Teheran wehrt sich – und eskaliert die Urananreicherung. Jetzt könnten...

DWN
Politik
Politik Dauerbaustelle Autobahn: Sie stehen hier im Stau, weil sich Verkehrsminister Volker Wissing verrechnet hat
22.11.2024

Wenn man im Sommer entspannt durch Frankreich oder Italien über die Autobahnen gleitet, fragt man sich jedesmal aufs Neue: Warum müssen...

DWN
Politik
Politik Krankenhausreform kommt: Lauterbachs Reform passiert den Bundesrat
22.11.2024

Karl Lauterbach freut sich: Der Bundesrat hat das sogenannte "Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz" gebilligt, das Herzensprojekt des...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Rezession droht im Winter, Euro ist im Sinkflug: Was sind die Gründe?
22.11.2024

Stagnation der deutschen Wirtschaft, ein schwächelnder Euro, miese Stimmung in den Unternehmen: Ökonomen befürchten eine...