Politik

EU-„Sparkurs“: Von 41.000 Posten werden 6 eingespart

Lesezeit: 2 min
01.05.2012 01:04
Der EU-Sparkurs ist in weiten Bereichen eine Farce: Weil Kroatien als neues Mitglied dazukommt, werden alle Einsparungen wieder über den Haufen geworfen. So kommt es zu kuriosen Kalkulationen.
EU-„Sparkurs“: Von 41.000 Posten werden 6 eingespart

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Die EU ist kein Meister im Sparen. Gerade sorgt die Tatsache für Ärger, dass die EU-Granden künftig mit Privatjets fliegen sollen (hier).

Worin die EU-Bürokraten jedoch Meister sind, ist die Darstellung von Statistiken, im besonderen zu ihren eigenen Gunsten.

So auch bei den neuesten Sparvorschlägen. Innerhalb von fünf Jahren soll das Personal der EU-Kommission um 5 Prozent schrumpfen. Zunächst sollte 1 Prozent der Stellen abgebaut werden. Tatsächlich werden jedoch im Saldo nur 6 (!) Stellen von insgesamt 41.000 Posten im Jahr 2013 eingespart. Denn obwohl 286 Posten wegfallen, kommen aufgrund des Kroatien-Beitritts 280 neue hinzu, wie der Think Tank Open Europe nachgerechnet hat.

Anders sieht es in einzelnen Mitgliedstaaten aus. Griechenland streicht in den kommenden drei Jahren 150.000 Stellen im öffentlichen Dienst. In Großbritannien fiel die Beschäftigung im Dienstleistungssektor zwischen März 2010 und März 2011 um 6 Prozent, was den Abbau von 29.051 Posten bedeutet.

Die EU wolle gerade deshalb nicht „business as usual“ betreiben, während die Bevölkerungen vieler Länder die Sparmaßnahmen ihrer Regierungen deutlich zu spüren bekommen. Das administrative Budget der EU-Institutionen sollte deshalb mit einem 1,5 Prozent Anstieg deutlich unter Inflationsniveau gehalten werden. Und trotzdem: Die gesamten Ausgaben in diesem Bereich zeigen einen Anstieg von 3,2 Prozent, denn die Kosten für die EU-Schulen und die Beamtenpensionen tauchen in der Berechnung der Kommission gar nicht auf, gehören aber zur Verwaltung. Hinzu kommt, dass die Kommissionsgehälter um 2,8 Prozent steigen. Die Pensionen und Gehälter aller Institutionen insgesamt steigen sogar um 6,8 Prozent.

Das jährliche Budget der EU-Agenturen sollte ebenfalls gekürzt werden und das sogar in erheblichem Maße. Doch selbst Agenturen, deren Nutzen fraglich ist können sich auf ein größeres Budget freuen. Sowohl die Budgets des Wirtschafts- und Sozialausschusses als auch des Ausschusses der Regionen erhalten im Zuge des kroatischen Beitritts einen Zuwachs von 3 und 2,9 Prozent. Dabei geben sogar EU-Vertreter zu, dass diese Ausschüsse keinerlei politischen Einfluss ausüben. Ähnlich sieht es bei vielen anderen EU-Agenturen aus (mehr hier).

Arbeitsplätze und Wachstum will die EU mit dafür vorgesehenen 62,5 Milliarden Euro schaffen. Die Verteilung dieser Gelder, die mehrheitlich in die Projekte des Strukturfonds fließen sollen seien jedoch iniffizient, so die Analysten von Open Europe. Während gerade neue Mitgliedsstaaten davon profitieren könnten, fließt 40 Prozent in die wohlhabenderen Staaten, aus denen das meiste Geld auch ursprünglich stammt. Auch Landwirte werden mit diesem Geld ganz unabhängig davon, was sie mit ihrem Land anstellen, subventioniert. Mehrere Studien haben jedoch schon bewiesen, dass hiermit eher Arbeitsplätze verlorengehen und keine Förderung des Wachstums stattfindet.

Mehr zum Thema:

Nächstes Sparkurs-Opfer: Rumänische Regierung muss zurücktreten

Troika: Irland hat gespart und kommt trotzdem nicht auf die Beine

Spanien: Regionen verstärken Widerstand gegen Sparpaket


Mehr zum Thema:  
Europa >

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Insolvenzen in Deutschland steigen weiter dramatisch an - Zukunftsaussichten bleiben düster
08.05.2024

Im April verzeichnete Deutschland erneut einen starken Anstieg der Firmeninsolvenzen - ein bedenklicher Trend, der bereits seit 10 Monaten...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Siemens Energy beendet Misere und startet Sanierungsplan für Windkraftsparte Gamesa
08.05.2024

Beim kriselnden Energietechnikkonzern Siemens Energy scheint sich der Wind zu drehen. Nach einem guten zweiten Quartal mit schwarzen Zahlen...

DWN
Technologie
Technologie Abzocke an der Ladesäule? E-Auto laden unterwegs teurer als Benzin E10
08.05.2024

Die Begeisterung für Stromer hat in Deutschland schon arg gelitten. Die Ampel gewährt keine Zuschüsse mehr bei der Anschaffung - und nun...

DWN
Finanzen
Finanzen Anlagevermögen in Deutschland 2023 um 10 Prozent gewachsen
08.05.2024

Deutsche Kapitalanleger sind trotz schwacher Weltkonjunktur reicher geworden. Eine erfreuliche Nachricht für die Vermögensverwalter, die...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft LNG: EU-Sanktionen bedrohen Russlands Energiegeschäfte
08.05.2024

Russland steht vor möglichen schmerzhaften EU-Sanktionen im Zusammenhang mit seinen Geschäften im Bereich Flüssigerdgas (LNG). Die...

DWN
Politik
Politik CDU plant schrittweise Rückkehr zur Wehrpflicht
08.05.2024

Nachdem die Bundeswehr 2011 von einer Regierung unter Führung der Union von der Wehrpflicht befreit wurde, macht die CDU nun nach 13...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Freie Lehrstellen erreichen kritisches Niveau: Was Unternehmen jetzt tun müssen
07.05.2024

Der Lehrstellenmangel verschärft sich: Demografischer Wandel und veränderte Berufspräferenzen der Generation Z führen zu einem...

DWN
Politik
Politik Erbschaftssteuer: Droht durch Klage Bayerns ein Wettbewerb der Länder beim Steuersatz?
07.05.2024

In Karlsruhe wird es diesen Sommer mal wieder um den Dauerbrenner Erbschaftssteuer gehen. Schon zweimal hat das Verfassungsgericht von der...