Finanzen

Israel: Oberstes Gericht stoppt umstrittenen Gas-Deal Leviathan

Lesezeit: 2 min
28.03.2016 02:19
Der oberste Gerichtshof Israels hat einen umstrittenen Gas-Deal mit einem US-Konsortium gekippt. Der Deal hätte alle Regierungen auf zehn Jahre gebunden. In Israel hatte es zuletzt Demonstrationen gegen den Ausverkauf der nationalen Ressourcen gegeben. Netanjahu wollte den Deal, der auch der EU zugute kommen sollte, um jeden Preis durchdrücken.
Israel: Oberstes Gericht stoppt umstrittenen Gas-Deal Leviathan

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Israels oberster Gerichtshof hat ein umstrittenes Gasabkommen gekippt und damit der Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu die Grenze aufgezeigt. Das Abkommen zwischen der israelischen Regierung und einem US-israelischen Konsortium habe keinen Bestand wegen einer "inakzeptablen" sogenannten Stabilitätsklausel, teilte das Gericht am Sonntag in Jerusalem mit. Netanjahu kritisierte die Enscheidung als "ernsthafte Bedrohung für die Entwicklung von Israels Gasreserven".

Das Oberste Gericht bemängelte, dass in dem Abkommen eine Änderung der Vereinbarung für ein Jahrzehnt lang ausgeschlossen worden war. In dem Abkommen wäre vereinbart worden, dass keine wie immer geartete israelische Regierung das Abkommen für einen Zeitraum von zehn Jahren hätte ändern können. Für das Gericht war zu erkennen, dass es sich damit um ein Monopol gehandelt hätte, welches sich über einen unverhältnismäßig langen Zeitraum der parlamentarischen Kontrolle entzogen hätte.

Das Gericht setzte das Abkommen daher nun für ein Jahr aus. Damit solle dem Parlament Zeit gegeben werden, es zu ändern.

Der im Dezember unterzeichnete Vertrag sollte einem Konsortium des US-Energieriesen Noble Energy und der israelischen Delek-Gruppe auf Jahrzehnte hinaus die Ausbeutung der riesigen Gasvorkommen Leviathan vor Israels Küste übertragen. Dort werden 535 Milliarden Kubikmeter Erdgas vermutet. Netanjahu hatte mit allen Mitteln für diese Vereinbarung gekämpft. Er setzte sich auch gegen alle internen Bedenken hinweg: So trat der damalige Wirtschaftsminister Aryeh Deri aus Protest zurück - mit der Folge, dass sich Netanjahu selbst zum Wirtschaftsminister ernannte, weil nur dieser das vom Kartellamt eingelegte Veto überstimmen konnte und so er schließlich selbst das Abkommen unterzeichnet hätte.

Mitte Februar erschien er als erster israelischer Regierungschef auf eigenen Wunsch vor dem Gericht. "Zum derzeitigen Plan gibt es keine Alternative", sagte Netanjahu dabei laut israelischen Medien. Die Times of Israel berichtet, Netanjahu habe vor dem Gericht gedroht, dass Israel dann das Gasgeschäft mit Jordanien, der Türkei, Ägypten, den Palästinensern und der EU verlieren würde.

Netanjahu setzte sich mit seiner Unterschrift auch über das ablehnende Votum des Wirtschaftsausschusses des Parlaments hinweg. Dieser hatte ebenfalls kartellrechtliche Bedenken geltend gemacht. Im November waren an mehreren Wochenenden tausende Menschen in verschiedenen Städten Israels auf die Straße gegangen, um "gegen den Ausverkauf der nationalen Reichtümer" zu protestieren.

Nach der Gerichtsentscheidung kritisierte der Ministerpräsident in einer Erklärung: "Israel wird als ein Land mit übertriebener juristischer Einmischung wahrgenommen, in dem es schwer ist, Geschäfte zu machen." Dass das Gas nun womöglich in der Erde bleibe und den israelischen Bürgern dadurch "Milliarden Schekel" verloren gingen, könne niemanden freuen. "Wir werden andere Wege finden, den schweren Schaden an Israels Wirtschaft durch dieses verwirrende Urteil zu überwinden", kündigte Netanjahu an.

Energieminister Yuval Steinitz erklärte, das Urteil sei "erbärmlich" und werde "der Wirtschaft, der Energiesicherheit und der Entwicklung des Gassektors schaden". Justizministerin Ajelet Schaked brandmarkte die Entscheidung gar als "summarisch und unnötige Einmischung in eine Regierungsentscheidung". Es sei "inakzeptabel, dass die Regierung die Verantwortung für den Wohlstand des Staates trägt, aber nicht die Macht hat zu handeln", erklärte die Politikerin der Siedlerpartei Jüdisches Heim.

Die israelische Opposition begrüßte die Gerichtsentscheidung. Der Chef der Arbeitspartei, Jizchak Herzog, lobte sie als "korrekt und mutig".

Das betroffene Konsortium hob in seiner Stellungnahme hervor, dass das Gericht den Deal allgemein gebilligt habe und nur an der Stabilitätsklausel Anstoß nehme. Die Regierung müsse nun schnell die Vorgaben des Gerichts umsetzen, damit in dem Gasfeld ab 2019 die Förderung beginnen könne. Das Konsortium will dazu in den kommenden beiden Jahren umgerechnet gut 1,3 Milliarden Euro investieren.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

DWN
Technologie
Technologie Neurotechnologie und Transhumanismus: Fortschritt, Chancen und Herausforderungen
28.04.2024

Wie sind die aktuellen Trends und potenziellen Auswirkungen von Neurotechnologie? Neben der Künstlichen Intelligenz entwickelt sich dieser...

DWN
Panorama
Panorama Neue Regelungen im Mai: Ticketsteuer, Biosprit und Autokauf
28.04.2024

Der Mai bringt frische Regulierungen und Veränderungen in verschiedenen Bereichen: Flugtickets könnten teurer werden, Autofahrer können...

DWN
Finanzen
Finanzen Welche Anlagestrategie an der Börse passt zu mir?
28.04.2024

Wenn Sie sich im Dschungel der Anlageoptionen verirren, kann die Wahl der richtigen Strategie eine Herausforderung sein. Dieser Artikel...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Ressource Nummer 1 auf unserem blauen Planeten – das Geschäft um Trinkwasser
28.04.2024

Lange war es eine Selbstverständlichkeit, dass es genug Wasser gibt auf der Welt. Und bei uns ist das ja auch ganz einfach: Hahn aufdrehen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Konfliktlösung ohne Gericht: Verbraucherschlichtung als Chance für Ihr Business
27.04.2024

Verabschieden Sie sich von langwierigen Gerichtsverfahren! Mit dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) senken Sie Ihre Kosten,...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Krieg in der Ukraine: So ist die Lage
27.04.2024

Wegen Waffenknappheit setzt der ukrainische Präsident, Wolodymyr Selenskyj, auf Ausbau der heimischen Rüstungsindustrie, um sein Land...

DWN
Finanzen
Finanzen Hohes Shiller-KGV: Sind die Aktienmärkte überbewertet?
27.04.2024

Bestimmte Welt-Aktienmärkte sind derzeit sehr teuer. Diese sind auch in Indizes wie dem MSCI World hoch gewichtet. Manche Experten sehen...

DWN
Finanzen
Finanzen EM 2024 Ticketpreise explodieren: Die Hintergründe
27.04.2024

Fußball-Enthusiasten haben Grund zur Freude: Es besteht immer noch die Chance, Tickets für die EM 2024 zu erwerben. Allerdings handelt es...