Durch einen Whistleblower sind sogenannte Briefkastenfirmen von Politikern und Prominenten aus aller Welt enthüllt worden. In den Unterlagen tauchen nach Angaben des International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ) die Namen von Milliardären, Politikern, Sportlern, Waffenhändlern, Spionen und Kriminellen auf. Das ICIJ nennt viele prominente Namen: Russlands Präsident Wladimir Putin, das chinesische Politbüro, die Familie des Präsidenten von Aserbaidschan, die Familie des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad, der Vater des britischen Premiers David Cameron, der König von Saudi-Arabien, die Premiers von Island und Pakistan, der argentinische Präsident und der ukrainische Präsident Petro Poroschenko sollen Briefkasten-Firmen über die in Panama ansässige Kanzlei Mossack Fonseca betrieben haben. Das ist eigentlich nicht illegal, wie auch Mossack Fonseca beteuert.
Doch die vom ICIJ dargestellten Fälle zeigen, dass es im Zusammenhang mit Mossack Fonseca durchaus zweifelhafte Geschäfte gegeben hat. In der Regel werden Briefkastenfirmen nämlich nicht für die ordentliche Geschäftstätigkeit benötigt, sondern dienen der Steuerflucht, der Geldwäsche und der Verschleierung von Korruption. Neue Vorwürfe gibt es auch gegen den argentinischen Fußballstar Lionel Messi. Auch ein Mitglied der FIFA-Ethik-Kommission ist betroffen und fürchtet nun die Enthüllungen: Die Ethikkommission des Fußball-Weltverbandes FIFA bestätigte der Deutschen Presse-Agentur interne Vorermittlungen gegen ihr eigenes Mitglied Juan Pedro Damiani aus Uruguay. „Ja, der Bericht ist richtig. Ich kann bestätigen, dass wir eine sogenannte Voruntersuchung in die Wege geleitet haben“, sagte der Sprecher der ermittelnden Kammer der Ethikkommission, Roman Geiser, laut dpa.
Die FIFA steht seit Monaten unter Beschuss der US-Ermittler. Der als unantastbar geltenden FIFA-Präsident Sepp Blatter wurde gestürzt, nachdem die US-Ermittler eine Razzia in der Schweiz durchführten und Kronzeugen aus der FIFA rekrutiert hatten.
Interessant: Bei der ersten Veröffentlichung finden sich keine US-Politiker in den Aufstellungen. US-Kunden bedienen sich in der Regel anderer Offshore-Plätze als Panama.
Biggest leak in the history of data journalism just went live, and it's about corruption. t.co/dYNjD6eIeZ pic.twitter.com/638aIu8oSU
— Edward Snowden (@Snowden) April 3, 2016
Die Süddeutsche Zeitung, die im Rahmen einer Kooperation mit über 100 Medien aus aller Welt offenbar führend bei der Auswertung der Daten tätig gewesen ist, widmet sich schwerpunktmäßig dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Enge Vertraute von Putin leiteten laut SZ den Angaben zufolge in den vergangenen Jahren unter konspirativen Umständen offenbar mehr als zwei Milliarden Dollar durch Briefkastenfirmen und schafften dabei viel Geld aus Russland heraus. Zu den Schlüsselfiguren in diesem Fall gehöre unter anderem Sergej Roldugin. Er ist ein bekannter Cellist und leitet eine Musikschule in St. Petersburg. Er gilt als einer der besten Freunde des russischen Präsidenten und steht im Mittelpunkt eines Netzwerks aus Briefkastenfirmen. Der Name von Putin selbst taucht den Angaben zufolge bei den Briefkastenfirmen nicht auf – der Name von Roldugin werde dagegen etliche Male genannt. Mehrere Dokumente wurden von ihm unterschrieben, auch eine Kopie seines Reisepasses findet sich in dem Datensatz.
Roldugin äußerte sich in einer Stellungnahme, die der Guardian zitiert, ziemlich irritiert: Die Firmen seien schon vor der Perestroika gegründet worden, das sei schon lange her. Es handle sich um eine „delikate“ Materie, weshalb er um Verständnis bitte, dass er sich nicht äußern könne.
Poroschenkos Briefkastenfirma wurde laut SZ im Jahr 2014 gegründet, nur zwei Monate nach seiner Wahl zum neuen Präsidenten der Ukraine. Auch der isländische Premierminister Sigmundur Gunnlaugsson soll bis Ende 2009 zusammen mit seiner heutigen Ehefrau eine Briefkastenfirma besessen haben, in der unter anderem Anleihen wichtiger isländischer Banken deponiert waren. Auch international sanktionierte Geschäftsleute wie ein Cousin des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad oder Monarchen wie der König von Saudi-Arabien haben den Unterlagen zufolge Offshore-Firmen genutzt.
Die Informationen über die Offshore-Geschäfte wurden der Süddeutschen Zeitung von einer anonymen Quelle zugespielt. Der Zeitung zufolge handelt es sich um 2,6 Terabyte an Daten, das sind 11,5 Millionen Dokumente zu insgesamt 214.000 Briefkastenfirmen. Es sei das größte Datenleck, das es bislang gab. Die Auswertung der Dokumente wurde zusammen mit dem Internationalen Konsortium für Investigative Journalisten (ICIJ) in Washington organisiert. An ihr wirkten etwa 400 Journalisten aus fast 80 Ländern mit. Ab sofort werden etwa hundert Medien unter dem Titel „Panama Papers“ ihre Ergebnisse veröffentlichen.
Die Kanzlei Mossack Fonseca aus Panama bietet die Gründung und Verwaltung von Offshorefirmen an. Nach eigenen Angaben beschäftigt das Unternehmen über 500 Mitarbeiter auf der ganzen Welt. Die Kanzlei ist in Belize, den Niederlanden, Costa Rica, Großbritannien, Malta, Hong Kong, Zypern, den Britischen Jungfern-Inseln, Bahamas, Panama, Anguilla, Seychellen, Samoa und den US-Bundesstaaten Nevada und Wyoming tätig.
Mossack Fonseca bietet zudem Rechtsberatung unter anderem in den Bereichen Finanzen, geistiges Eigentum und öffentliche Ausschreibungen an. Außerdem setzt die Kanzlei Treuhandfonds und private Stiftungen auf und verwaltet sie.
Gegründet wurde die Kanzlei 1977 von dem deutschstämmigen Rechtsanwalt Jürgen Mossack. Er wurde in Fürth geboren und wanderte nach Informationen der Süddeutschen Zeitung bereits als Kind mit seiner Familie nach Panama aus. 1986 tat er sich dann mit dem Panamaer Ramón Fonseca Mora zusammen. Der Anwalt, Schriftsteller und Politiker war bis vor kurzem Berater von Staatschef Juan Carlos Varela. Wegen Ermittlungen gegen Mossack Fonseca in Brasilien lässt er seine Beratertätigkeit derzeit ruhen.
Das Leck umfasst E-Mails, Urkunden, Kontoauszüge, Passkopien und weitere Dokumente zu den 214.000 Gesellschaften vor allem in Panama und auf den Britischen Jungferninseln. Die Briefkastenfirmen wurden von der Kanzlei Mossack Fonseca aus Panama gegründet. Diese gründet und verwaltet seit fast 40 Jahren Briefkastenfirmen. In Deutschland wird nach SZ-Informationen seit einiger Zeit wegen Verdachts der Beihilfe zur Steuerhinterziehung gegen Verantwortliche der Kanzlei ermittelt. Auf Anfrage erklärte die Kanzlei, sie arbeite seit 40 Jahren ohne jede Beanstandung. „Nie sind wir einer Straftat beschuldigt oder angeklagt worden.“ Eine kürzlich bei der Commerzbank durchgeführte Razzia soll, so die SZ, ebenfalls auf den Datensatz des Whistleblowers zurückzuführen sein. Die Commerzbank hatte sich gegen eine Zahlung von 17 Millionen Euro mit den Behörden auf eine Einstellung des Verfahrens geeinigt.
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