Wirtschaft

Vattenfall verkauft Braunkohle-Geschäft an tschechischen Versorger EPH

Der tschechische Versorger EPH übernimmt die Vattenfall-Braunkohle-Kraftwerke in der Lausitz. Der neue Eigentümer muss für die Sanierungskosten geradestehen, wozu EPH bisher vage geblieben war. Die Bundesregierung will alte Braunkohlekraftwerke aus Klimaschutzgründen Zug um Zug vom Markt nehmen.
08.04.2016 17:14
Lesezeit: 2 min

Die Braunkohle-Kraftwerke von Vattenfall in Ostdeutschland und der zugehörige Tagebau in der Lausitz gehen aller Voraussicht nach an den tschechischen Versorger EPH. Er habe sich gegen das deutsch-australische Konsortium von Steag und Macquarie durchgesetzt, das eine Stiftungslösung für das verlustreiche Geschäft geplant hatte, sagten drei mit den Verhandlungen vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters am Freitag. EPH hat sich für den Kauf einem Insider zufolge mit dem tschechischen Finanzinvestor PPF Investments zusammengetan. Der dritte Bieter Vrsanska Uhelna sei schon zuvor aus dem Rennen gewesen. Der Braunkohleförderer gehört der tschechischen Czech Coal.

Für den schwedischen Versorger dürfte am Ende ein niedriger positiver Kaufpreis übrig bleiben. Alle Bieter hatten finanzielle Zugeständnisse für die Übernahme gefordert, die von Stadtwerken in Nordrhein-Westfalen dominierte Steag und der Infrastruktur-Investor Macquarie wollten laut Insidern von Vattenfall einen Beitrag von zwei Milliarden Euro für die Stiftung. EPH-Verwaltungsratschef Daniel Kretinsky hatte im März erklärt, man sei sich bewusst, dass das Geschäft in den nächsten Jahren Geld verbrennen werde und man keine Dividende zahlen können werde.

Für Vattenfall arbeiten in der Lausitz rund 8000 Menschen. Die Verträge sollen in der kommenden Woche unterzeichnet werden, sagten die Insider. Der Aufsichtsrat der schwedischen Vattenfall soll den Verkauf in etwa zehn Tagen abnicken. Der bisherige Eigentümer und die genannten Bieter wollten sich zu den Informationen nicht äußern.

Schwedens Innovationsminister Mikael Damberg sagte Reuters, Vattenfall habe der Regierung noch keinen Käufer genannt. Die Opposition im Bundestag mahnte, dass der neue Eigentümer für die Sanierungskosten geradestehen müsse. Bisher sei EPH dazu vage geblieben. „Bund und Länder müssen sicherstellen, dass EPH diese Rücklagen aufbringen kann und wird, und dürfen vorab keine neue Betriebsgenehmigung ausstellen“, sagte die klimapolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Bundestag, Annalena Baerbock. „Allen Beteiligten muss klar sein, dass es hier nicht um schnelles Geld, sondern um die Übernahme von Verantwortung gehen muss.“ Die Bundesregierung hatte vergangenes Jahr beschlossen, alte Braunkohlekraftwerke Zug um Zug vom Markt zu nehmen, um die CO2-Ziele bis 2020 zu erreichen. Die Meiler dienen bis dahin als Reserve, die Betreiber erhalten dafür Ausgleichszahlungen.

Vattenfall hatte den Verkauf Ende 2014 angestoßen, um seine CO2-Bilanz zu verbessern. Der Wert des Braunkohlegeschäfts ist seither aber deutlich gesunken, die Strom-Großhandelspreise sind durch den Ausbau von Solar- und Windkraft im freien Fall. Die Schweden hatten bereits im vergangenen Jahr 1,6 Milliarden Euro auf ihre Braunkohle-Aktivitäten abgeschrieben. In seiner Heimat Skandinavien setzt der Stromkonzern vor allem auf Wasserkraft und Atomstrom, in Deutschland und den Niederlanden betreibt er auch Gas- und Steinkohle-Kraftwerke. DieBraunkohle-Kraftwerke machen fast ein Viertel seiner fossilen Erzeugungskapazität aus. Im vergangenen Jahr hatte Vattenfall noch 84 Millionen Tonnen Kohlendioxid ausgestoßen, bis 2020 soll die CO2-Bilanz auf 21 Millionen Tonnen sinken.

 

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Panorama
Panorama Sommerferien 2025: Wer früher startet, erlebt mehr Sonne – wer später reist, profitiert anders
02.08.2025

Sommerferien sind heiß ersehnt – doch wann ist der beste Zeitpunkt für den Urlaub? Früh oder spät starten, Sonne oder Schnäppchen,...

DWN
Finanzen
Finanzen Lebensversicherung verkaufen: Wie Sie die Lebensversicherung zu Geld machen können
02.08.2025

Bei einem Verkauf der Lebensversicherung erhält man in aller Regel mehr Geld als bei einer Kündigung des Vertrags. Während der...

DWN
Technologie
Technologie LinkedIn ist das professionelle soziale Netzwerk: Doch etwas ist im Wandel
02.08.2025

LinkedIn galt lange als letzte seriöse Bastion im Netz – ein Ort für Karrieren, Netzwerkpflege und Fachlichkeit. Doch jetzt häufen...

DWN
Finanzen
Finanzen Warum nur 1 von 25 Aktien echten Wohlstand schafft
02.08.2025

Nur vier Prozent der Aktien schaffen es, den Markt nachhaltig zu schlagen – der Rest vernichtet langfristig Vermögen. Was Anleger jetzt...

DWN
Finanzen
Finanzen Immobilien-Crowdfunding-Falle: Anleger warnt vor Reinvest24
02.08.2025

Ein Investor schlägt Alarm: Zinsen bleiben aus, Geld verschwindet, Auskünfte gibt es keine. Der Fall der Plattform Reinvest24 zeigt, wie...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Fahrermangel in Europa: Fast die Hälfte der europäischen Lkw-Fahrer steht kurz vor der Pensionierung
02.08.2025

Europa droht eine stille Krise, die alle trifft: Hunderttausende Lkw-Fahrer gehen bald in Rente – doch kaum jemand will nachrücken....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chef des Superfonds Eifo zur chinesischen Windkraft-Offensive: „Ich bin besorgt“
02.08.2025

Chinas Windkraftkonzerne drängen mit Macht auf globale Märkte – und bedrohen nun auch Europas Energiewende. In Lateinamerika, Afrika...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Gefahr für Trumps Zollpolitik: Klagen eingereicht – entscheidender Prozess hat begonnen
01.08.2025

Trumps Zollpolitik steht vor dem juristischen Kollaps: Fünf US-Firmen und zwölf Bundesstaaten klagen gegen die Sondervollmacht, auf deren...