Politik

EU erwägt Internierungslager für Flüchtlinge in Libyen

Die EU erwartet in den Sommermonaten einen verstärkten Zustrom von Migranten über das Mittelmeer. Der Auswärtige Dienst denkt deshalb über die Einrichtung von Internierungslagern in Libyen nach. Nicht zuletzt aufgrund des im Land herrschenden Machtvakuums wird die Idee kritisiert.
30.04.2016 00:37
Lesezeit: 1 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Angesichts zahlreicher Flüchtlinge, die in Libyen auf eine Überfahrt nach Europa hoffen, erwägt die Europäische Union den Aufbau von „Inhaftierungseinrichtungen“ in dem nordafrikanischen Krisenstaat. Das geht aus einem 17-seitigen Dokument des Europäischen Auswärtigen Dienstes hervor, das am Freitag der Nachrichtenagentur AFP vorlag. In dem Papier werden Möglichkeiten der EU für eine Zusammenarbeit und Stärkung der Einheitsregierung in Libyen beschrieben.

Dabei geht es auch um die Flüchtlingspolitik. Der Kampf gegen Schlepper und Menschenschmuggel sei für die Behörden des Landes kaum möglich. Als Möglichkeit einer Kooperation wird die „Unterhaltung zeitweiliger Unterkünfte“ für Flüchtlinge genannt. „Nachgedacht werden muss auch über Inhaftierungseinrichtungen“, heißt es in dem Dokument. Die EU-Experten betonen jedoch, dass auch Alternativen zu einer Inhaftierung von Flüchtlingen erwogen werden müssten. Sie unterstreichen zudem, dass die Migranten mit Würde und voller Rücksicht auf die Menschenrechte behandelt werden müssten.

Auch wird eine besondere Aufmerksamkeit für Kinder, unbegleitete Jugendliche und Frauen gefordert. Die Überlegungen der EU-Experten in dem auf den 1. April datierten Papier riefen in Deutschland dennoch Kritik hervor. „In Libyen gibt es noch keine anerkannte Regierung, geschweige denn funktionierende staatliche Strukturen“, sagte die Grünen-Außenpolitikexpertin Franziska Brantner zu AFP. „Wer in Libyen soll denn über die Einhaltung von Menschenrechts- oder Rechtsstaatsstandards in jenen Auffanglagern wachen, über deren Errichtung die Brüsseler Diplomaten jetzt räsonieren?“

Nach der Schließung der Balkanroute für Flüchtlinge wird erwartet, dass Migranten wieder verstärkt versuchen, über das Mittelmeer nach Europa zu gelangen. Die Fahrt in oft überfüllten Schlauchbooten ist gefährlich und hat schon unzähligen Menschen das Leben gekostet. Gerade in den Sommermonaten könnten viele die Überfahrt wagen.

Die EU ist im Mittelmeer mit der Mission „Sophia“ im Einsatz, um gegen Schlepper vorzugehen. Erst am Donnerstag nahm die deutsche Marine 599 Flüchtlinge auf, die vor der libyschen Küste in Seenot geraten waren. In dem EU-Papier wird eine Ausweitung des Einsatzes dahingehend erwogen, dass die EU-Mission beim „Aufbau der libyschen Küstenwache und Marine“ helfen könnte.

Brantner fühlt sich angesichts der Überlegungen aus Brüssel an Zeiten erinnert, in denen die EU mithilfe des damaligen Despoten Muammar al-Gaddafi Flüchtlinge auf dem Weg nach Europa stoppen wollte. „Der Unterschied zu den letzten Deals dieser Art, die die EU mit Libyen schließen wollte ist, dass Gaddafi ein Despot war und heute bis auf weiteres ein Machtvakuum herrscht“, sagte die Grünen-Politikerin. „Solange dieses nicht gefüllt ist und ein Minimum an Schutz für die Migranten gegeben ist, verbieten sich derlei Überlegungen.“

*** Bestellen Sie den täglichen Newsletter der Deutschen Wirtschafts Nachrichten: Die wichtigsten aktuellen News und die exklusiven Stories bereits am frühen Morgen. Verschaffen Sie sich einen Informations-Vorsprung. Anmeldung zum Gratis-Newsletter hier. ***

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Nvidia-Aktie mit Rekordhoch: Geht die Aufwärtsrally weiter?
27.06.2025

Trotz Handelskrieg und wachsender Konkurrenz feiert die Nvidia-Aktie ein Rekordhoch nach dem anderen. Experten sprechen von einer...

DWN
Politik
Politik Bas überzeugt, Klingbeil verliert Ansehen: SPD-Parteitag bestimmt neues Führungsduo
27.06.2025

Auf dem SPD-Parteitag wurde nicht nur gewählt, sondern auch abgerechnet. Während Bärbel Bas glänzt, kämpft Lars Klingbeil mit einem...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Neobroker Trade Republic: Wie ein Berliner Fintech den Kapitalmarkt für alle geöffnet hat
27.06.2025

Büroräume in Berlin-Kreuzberg, drei Gründer mit einer Vision und eine App, die Europas Sparer an die Börse gebracht hat: Trade Republic...

DWN
Politik
Politik Bundestag stellt Weichen neu: Familiennachzug vorerst gestoppt
27.06.2025

Der Bundestag hat den Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte gestoppt – ein umstrittener Schritt in der deutschen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Occidental Petroleum-Aktie: Warren Buffett setzt auf US-Ölgiganten – Risiko oder Chance?
27.06.2025

Warren Buffett stockt seine Beteiligung an der Occidental Petroleum-Aktie weiter auf – während grüne Fonds schließen. DWN zeigt, was...

DWN
Politik
Politik Mindestlohn 2026: Anstieg bis 2027 auf 14,60 Euro geplant
27.06.2025

Der Mindestlohn in Deutschland soll in zwei Schritten weiter steigen – doch der Weg dorthin war steinig. Arbeitgeber, Gewerkschaften und...

DWN
Politik
Politik Bundeskabinett: Bauturbo, Bahnflächen, Mietpreisbremse und was sonst noch kommt
27.06.2025

Im Juni 2025 hat sich das Bundeskabinett getroffen, um Parameter für die kommende Legislaturperiode festzulegen – ganz sportlich einen...

DWN
Politik
Politik Von der Leyens Plan: EU will neuen globalen Handelsblock ohne die USA gründen
27.06.2025

Die EU will ein globales Handelsbündnis ohne die USA aufbauen – mitten im eskalierenden Konflikt mit Donald Trump. Bringt von der Leyens...