Griechenland kann Insidern zufolge einige der Zusatz-Forderungen der internationalen Geldgeber nicht umsetzen. Dies habe Finanzminister Euclid Tsakalotos vergangene Woche in einem Brief an seine europäischen Partner und den Internationalen Währungsfonds (IWF) erklärt, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters am Montag von drei mit den Verhandlungen vertrauten Personen.
Laut griechischer Zeitung Ta Nea ging der Brief an EU-Kommissar Pierre Moscovici, EZB-Direktor Benoit Coeure und IWF-Europa-Chef Poul Thomsen. Vom Finanzministerium war vorerst keine Stellungnahme zu erhalten. Offen blieb zunächst auch, ob das Vorgehen die Auszahlung weiterer Kredittranchen an Griechenland verzögern könnte.
Die Finanzminister der Euro-Zone und der IWF hatten sich erst vorige Woche auf weitere Kredite für Griechenland geeinigt. Die Geldgeber und die Regierung in Athen verständigten sich grundsätzlich auf die Auszahlung von 10,3 Milliarden Euro. Einem der Insider zufolge drehen sich die Forderungen um Reformen bei der Rente. „Wir können keine wesentlichen Veränderungen machen“, sagte ein Regierungsvertreter zu Reuters. „Aber wir werden die technischen Verbesserungen angehen, die diskutiert wurden. Einige von ihnen sind richtig.“
Am Sonntag endete eine Telefonkonferenz zwischen griechischen Staatsvertretern und Repräsentanten der Gläubiger-Organisationen ohne Ergebnis, die sich ebenfalls mit den von Athen geforderten Sparmaßnahmen, Privatisierungen und Reformen befasst hatte, wie die griechische Zeitung Ekathimerini berichtet.
Dabei ging es in erster Linie um den geplanten Verkauf ausfallgefährdeter Kredite, die mit Garantien des griechischen Staates versehen sind, und die von den Gläubigern geforderte Einziehung von bereits geleisteten Zuschusszahlungen an arme Rentner. Die Regierung in Athen befürchtet, dass der Verkauf der Kredite aufgrund der Staatsgarantien zu hohen Schadensersatzforderungen in der Zukunft führen könnte. Die Rücknahme der Zuschuss-Zahlungen hingegen würde die Lage der ohnehin leidenden Bevölkerung weiter verschlechtern.
Insgesamt verlangt der Internationale Währungsfonds und die EU-Institutionen 15 Änderungen bei den Reformen-Vorhaben. Wie Ekathimerini schreibt, soll bis zum kommenden Freitag eine Einigung erzielt werden. Am Montag sei zudem eine weitere Telefonkonferenz geplant gewesen.
Unterdessen steuert das Land auf die nächste Rezession zu. Die Wirtschaft des Krisenstaates schrumpfte zwischen Januar und März um 0,5 Prozent zum Vorquartal und damit stärker als zunächst angenommen, wie das Statistikamt Elstat am Montag mitteilte. Fachleute sprechen von einer Rezession, wenn das Bruttoinlandsprodukt zwei Quartale in Folge sinkt. In sieben der vergangenen acht Jahre war die Wirtschaft des hoch verschuldeten Landes geschrumpft. Auch für 2016 erwartet die EU-Kommission ein Minus von 0,3 Prozent. Im ersten Quartal bremsten sinkende Exporte die Konjunktur in dem Euro-Land. Zudem sank der gesamte Konsum um 0,5 Prozent. Eine Einigung mit den Geldgebern könnte ab dem dritten Quartal für Schwung sorgen, sagte Eurobank-Analyst Platon Monokroussos.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sagte auf einer Konferenz in Berlin, er sehe Griechenlands Entwicklung trotz aller Schwierigkeiten mit mehr Hoffnung. Die dortige Arbeitslosigkeit nähere sich einem Wendepunkt. Schäuble fügte jedoch hinzu: „Kein Land in Europa hat einen so hohen Anteil an Steuern, die eigentlich bezahlt werden müssen, aber nicht erhoben werden.“
Bisher wurden laut einer Studie in Griechenland so gut wie ausschließlich die europäischen Banken gerettet, die sich in Griechenland verspekuliert hatten. In einer nächsten Etappe dürfen die europäischen Steuerzahler die Kredite des IWF übernehmen müssen. Die griechische Bevölkerung hat im Rahmen dieses staatlich organisierten Ponzi-Schemas so gut wie kein Geld gesehen. Der Abstieg der Wirtschaft und die entsprechenden sozialen Folgen sind von kritischen Beobachtern seit langem prognostiziert worden.