Politik

Frankreich und Italien wollen Banken-Regeln aufweichen

Frankreich und Italien wehren sich gegen hohe Eigenkapitalbestimmungen für Banken: Brüssel agiere übervorsichtig und bringe europäische Finanzinstitute dadurch weltweit ins Hintertreffen. Der Vorfall zeigt, dass es bezüglich der geplanten Europäische Bankenunion noch große Unstimmigkeiten zwischen den EU-Staaten gibt.
04.06.2016 00:22
Lesezeit: 1 min

Die Finanzminister von Frankreich und Italiens haben in einem Brief an die EU-Kommission davor gewarnt, bei der Bankenregulierung globale Mindeststandards übertreffen zu wollen. Dadurch würden die europäischen Finanzinstitute im Wettbewerb mit anderen Banken ins Hintertreffen geraten, zitiert Financial Times die Finanzminister. Sie sprechen sich hingegen für feste Obergrenzen beim Eigenkapital aus, die nicht überschritten werden dürften.

Der Brief ist eine Reaktion auf Aussagen der deutschen Chefin des EU-Mechanismus für Bankenabwicklungen, Elke König. Diese hatte davon gesprochen, dass unter bestimmten Voraussetzungen Eigenkapitalvorschriften gelten sollten, die beträchtlich über den europäischen Standard von derzeit 8 Prozent hinausgehen. Zum Vergleich: Der von den G20 beschlossene internationale Standard TLAC verpflichtet nur zu einem Eigenkapital-Mindestsatz von 6,75 Prozent.

Frankreich und Italien fordern unter anderem, dass die Eigenkapitalquoten nur in Notfällen über 8 Prozent steigen dürften. Andernfalls drohten den Banken zusätzliche Finanzierungskosten, die sie vor allem gegenüber der Konkurrenz aus den USA verwundbar mache. Denn die amerikanische Notenbank Fed plane für US-Banken nur sehr geringfügige Zuschläge auf den internationalen TLAC-Standard.

Die TLAC-Regel sehen zudem vor, dass Banken einen bestimmten Teil ihrer Verbindlichkeiten so gestalten, dass sie im Krisenfall leicht abgeschrieben oder in Aktien umgewandelt werden können. Der Gouverneur der englischen Zentralbank setzte das TLAC-Regelwerk deshalb mit dem „Ende der too-big-too-fail-Banken“ gleich. Dagegen wehren sich Paris und Rom: „Dies könnte zu Problemen in einem Kontext führen, in welchem der Umfang von nachrangigen Bankschulden bei den Banken schwierig vorherzusagen ist.“

Marktbeobachter sehen in dem französisch-italienischen Vorstoß ein Risiko für die Steuerzahler: „Eine Schwächung der bereits beschlossenen Anforderungen der EU-Bankenabwicklungsrichtlinie zur Höhe des bail-in fähigen Materials (Eigenkapital und Verbindlichkeiten) erhöht das Risiko für den Steuerzahler, bei Bankenschieflagen einspringen zu müssen“, sagte ein Mitarbeiter aus dem Europäischen Parlament den Deutschen Wirtschafts Nachrichten.

Es zeigt sich, dass beim Projekt der Europäischen Bankenunion – bestehend aus einer einheitlichen Aufsicht und einem einheitlichen Abwicklungsmechanismus – noch viele grundsätzliche Fragen ungeklärt sind. Als mögliche dritte Säule der Bankenunion war einst eine gemeinsame europaweite Einlagensicherung vorgesehen. Dieses Vorhaben scheiterte jedoch an einem deutschen Veto. Auch das Engagement von Frankreich und Italien hat nationale Gründe: Frankreich verfügt über vier Banken, die als systemrelevant eingestuft und deshalb strengeren Vorschriften unterliegen werden, Italien verfügt mit der UniCredit über ein Institut.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen BMW-Aktie: Grüner Move beim bayrischen Autobauer – neuer iX3 besteht zu einem Drittel aus Recycling
17.08.2025

Mit dem neuen iX3, dem ersten Elektroauto der neuen Klasse, verfolgt BMW erstmals einen ganzheitlichen Ansatz zur Reduzierung seines...

DWN
Politik
Politik Tarnung 4.0: Bundeswehr rüstet sich für urbane Einsätze
17.08.2025

Die Bundeswehr stellt ihre Kampfbekleidung auf Multitarn um. Ab 2026 soll der Multitarndruck das alte Flecktarnmuster ablösen. Die...

DWN
Finanzen
Finanzen Börsenturbulenzen? So machen Sie Ihr Wertpapierdepot krisenfest
17.08.2025

Börsenkurse schwanken, politische Unsicherheiten nehmen zu – und das Depot gerät ins Wanken. Wie schützen Sie Ihr Vermögen, ohne...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Digitale Erschöpfung: Wie Technologien helfen können, die Überlastung durch Technologien zu lindern
17.08.2025

Müde, obwohl Sie ausgeschlafen sind? Reizbar, obwohl nichts passiert ist? Der Grund könnte digitale Erschöpfung sein – ein stiller...

DWN
Finanzen
Finanzen Gruppeneffekt an der Börse: Wenn Freunde das Portfolio steuern
17.08.2025

Unsere finanziellen Entscheidungen sind oft weniger durchdacht, als wir glauben. Menschen in unserem Umfeld können erheblichen Einfluss...

DWN
Panorama
Panorama Dienstleister für Visa und ETA: Zwischen Hilfe und Abzocke – was Sie wissen müssen
17.08.2025

Reisen wird komplizierter: In vielen Ländern reicht der Reisepass nicht mehr. Visa, ETA oder digitale Einreisekarten sind nötig....

DWN
Finanzen
Finanzen Steuerhinterziehung: Zahl der Betriebsprüfungen geht seit Jahren zurück - das bringt Probleme mit sich
17.08.2025

Der Kampf gegen Steuerhinterziehung ist immer wieder ein erklärtes Ziel der Politik. Doch in der Realität gibt es immer weniger...

DWN
Technologie
Technologie Bionik, KI und Robotik: Der Innovationsschub, der alles verändert
16.08.2025

Von der Bionik bis zur KI-Konvergenz: Neue Technologien versprechen einen Innovationssprung – und könnten Wirtschaft, Gesellschaft und...